Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrenswert im Beschwerdeverfahren bei nicht fristgerecht eingegangener Beschwerdebegründung
Verfahrensgang
AG Hamburg-Altona (Beschluss vom 07.06.2010; Aktenzeichen 352 F 165/11) |
Tenor
Auf die Gegenvorstellung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin wird die Wertfestsetzung im Beschluss des Senats vom 7.6.2012 dahingehend geändert, dass der Verfahrenswert der II. Instanz 17.864,23 EUR beträgt.
Gründe
1. Der Antragsgegner hat in der vorliegenden Streitsache erst nach Fristablauf einen Beschwerdeantrag und eine Beschwerdebegründung eingereicht. Durch Beschluss vom 7.6.2012 hat der Senat die Beschwerde verworfen und den Verfahrenswert anhand des nachgereichten Antrags auf 4621,85 EUR festgesetzt. Gegen diese Wertfestsetzung richtet sich die Gegenvorstellung.
2. Die Gegenvorstellung hat Erfolg.
Ebenso wie in Zivilsachen bemisst sich der Wert eines Rechtsmittelverfahrens auch in Familiensachen primär nach den Anträgen des Rechtsmittelführers (§ 40 Abs. 1 Satz 1 FamGKG). Hingegen ist nach § 40 Abs. 1 Satz 2 FamGKG die Beschwer maßgeblich, wenn das Verfahren endet, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder wenn bei einer Rechtsbeschwerde innerhalb der Begründungsfrist kein Antrag eingereicht wird. Der hier vorliegende Fall, dass innerhalb der Begründungsfrist gem. § 117 Abs. 1 FamFG keine Anträge eingereicht werden, ist nicht ausdrücklich geregelt, muss jedoch genauso behandelt werden.
Wie bereits von Schneider (NJW-Spezial 2012, 91 unter II) überzeugend dargelegt wurde, erklärt sich die Lücke durch die Entstehungsgeschichte des FGG-Reformgesetzes, welches zunächst keine Pflicht zur Beschwerdebegründung und damit auch keine Begründungsfrist vorgesehen hatte. Später ist dann zwar in § 117 Abs. 1 FamFG auch für Beschwerden in Familienstreitsachen die Begründungspflicht und die Begründungsfrist eingefügt worden, jedoch ohne entsprechende Ergänzung von § 40 Abs. 1 Satz 2 FamGKG. Ein sachlicher Grund hierfür ist nicht ersichtlich, es dürfte sich um ein bloßes gesetzgeberisches Versehen handeln. Ebenso wie bei der Rechtsbeschwerde und ebenso wie bei § 47 Abs. 1 Satz 2 GKG ist deshalb der Verfahrenswert einer Streitsache nach der Beschwer zu bemessen, wenn innerhalb der Begründungsfrist des § 117 Abs. 1 FamFG kein Antrag eingeht (ebenso Schneider, a.a.O.; Hartmann, Kostengesetze, 41. Aufl. 2011, § 40 FamGKG, geht von "weitgehender inhaltlicher Übereinstimmung" zwischen § 40 FamGKG und § 47 GKG aus). Ein späterer Antrag mit einem geringeren Wert, der wie hier erst nach Fristablauf eingereicht wird, muss ebenso wie im Anwendungsbereich von § 47 GKG außer Betracht bleiben (zu § 47 GKG Hartmann, a.a.O., § 47 GKG Rz. 5). Auf ein missbräuchliches Verhalten des Antragsgegners kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.
Da der Antragsgegner durch den angefochtenen Beschluss i.H.v. 17.864,23 EUR beschwert war, ist der Verfahrenswert des Rechtsmittelverfahrens in dieser Höhe festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 3403104 |
NJW 2012, 3523 |
MDR 2012, 1379 |
AGS 2012, 490 |
FamFR 2012, 422 |
RVG prof. 2012, 200 |