Leitsatz (amtlich)
Hat ein Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses mit Kenntnis und Duldung des Arbeitgebers eine mit dessen Firmenschlagwort gebildete Domain registrieren lassen und wird die Domain nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für ein Dritt-Unternehmen verwendet, das mit dem (früheren) Arbeitgeber nichts zu tun hat, so ist für die gegen die Benutzung der Domain gerichtete Unterlassungsklage der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten (§ 13 GVG) und nicht zu den ArbG eröffnet.
1. Eine Zuständigkeit der ArbG nach § 2 Abs. 1 ArbGG kommt nicht in Betracht; die Benutzung der Domain für ein fremdes Unternehmen steht mit dem früheren Arbeitsverhältnis in keinem inneren Zusammenhang, auch wenn die Gestattung der Domain-Anmeldung während des Arbeitsverhältnisses erfolgte.
2. Die Zuständigkeit gem. § 2 Abs. 3 ArbGG ist wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der LG (§ 140 MarkenG) nicht gegeben; § 140 MarkenG gilt für die funktionale und sachliche Gerichtszuständigkeit.
Normenkette
GVG § 13; ArbGG § 2 Abs. 1, 3; MarkenG §§ 15, 140
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 04.10.2007; Aktenzeichen 406 187/07) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerinnen wird der Beschluss des LG Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 4.10.2007 abgeändert.
Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet.
Die Beklagten tragen die Kosten der Beschwerde als Gesamtschuldner.
Der Beschwerdewert beträgt 260 EUR.
Gründe
Die nach § 17a Abs. 4 GKG statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.
Nach Auffassung des Senats ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet (§ 13 GVG).
1. Die Klägerinnen verlangen Erstattung von Kosten, die ihnen für eine anwaltliche Abmahnung wegen einer behaupteten Verletzung ihrer Firma durch Verwendung eines verwechslungsfähigen Zeichens durch die Beklagte zu 2. entstanden sein sollen. Zum Verletzungstatbestand war in der Abmahnung vorgetragen, dass der Beklagte zu 1. es der Beklagten zu 2. gestattet habe, die namensverletzende Domain hoyer-berlin. de als Kontakt-E-Mail anzugeben (energie@hoyer-berlin.de). Entsprechend haben die Klägerinnen den Beklagten mit der auf die Abmahnung folgenden, antragsgemäß erlassenen einstweiligen Verfügung untersagen lassen, die Internetdomain hoyer-berlin. de zu benutzen und/oder Dritten die Benutzung zu gestatten.
Streitgegenständlich ist mithin ein auf die Verletzung des Firmenrechts aus §§ 15 Abs. 2, 5 Abs. 1 MarkenG gestützter Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 5 MarkenG, wobei die Verletzungshandlungen, die die zukünftige Wiederholungsgefahr begründen, in der Zeit nach dem Ausscheiden des Beklagten zu 2. aus den Diensten der Klägerin zu 2. begangen worden sind.
2. Für einen solchen auf Basis von Anspruchsgrundlagen des Markengesetzes geführten bürgerlichen Rechtstreit kann die Zuständigkeit der ArbG im Streitverhältnis zu der Beklagten zu 1. nie gegeben sein. Zwar können nach § 2 Abs. 3 ArbGG vor die Gerichte für Arbeitssachen auch solche Streitigkeiten gebracht werden, die nicht unter § 2 Abs. 1 des Gesetzes fallen, wenn der Anspruch mit einer bei einem ArbG anhängigen oder gleichzeitig anhängig werdenden bürgerlichrechtlichen Streitigkeit nach Abs. 1 in rechtlichem oder wirtschaftlichem Zusammenhang steht und für seine Geltendmachung nicht die ausschließliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist. Die letztgenannte Voraussetzung liegt hier aber nicht vor, denn für die Geltendmachung des Anspruchs ist nach § 140 Abs. 1 MarkenG die ausschließliche Zuständigkeit des LG gegeben.
Dies ist für die im Wortlaut gleiche Norm des § 143 PatG sowie für § 29a ZPO allgemein anerkannt (s. nur: ErfK./Koch, 8. Aufl./2008, Rz. 36 zu § 2 ArbGG). Die Norm regelt, anders als die Klägerinnen es meinen, auch nicht nur die funktionale, sondern die sachliche Zuständigkeit des LG (vgl. nur: Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl./2003, Rz. 15 zu § 140 MarkenG; für § 143 PatG: Benkard/Rogge/Grabinski, PatG, 10. Aufl./2006, Rz. 7 zu § 143 PatG und für § 13 UWG: Harte/Henning/Retzer, UWG, Rz. 4 zu § 13 UWG).
Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Verweis des LG auf die Entscheidung des 11. ZS des Hanseatischen OLG vom 30.12.2002 - 11 W 43/02 - (NZA 2003, 935). Für den dort streitgegenständlich gewesenen deliktischen Anspruch aus Wettbewerbsrecht gab es die ausschließliche Zuständigkeit des LG für Wettbewerbssachen noch nicht. Diese ist erst mit der Gesetzesnovellierung im Jahr 2004 eingeführt worden.
3. Der Rechtsweg zu den ArbG ist auch im Streitverhältnis zu dem Beklagten zu 2. nicht nach § 2 Abs. 1 ArbGG eröffnet. Danach sind zwar die Gerichte für Arbeitsachen ausschließlich zuständig für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern aus einem Arbeitverhältnis (lit. a der Norm), aus den Nachwirkungen eines solchen (lit. c der Norm) und weiter auch aus einer unerlaubten Handlung, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang steht (lit. d der Norm).
Diese Normen sind sämtlich auch noch nach Beendigung des Arbeits...