Leitsatz (amtlich)

Die für das Dienstleistungsangebot der Kreditvermittlung genutzten Zeichen "creditolo" und "kredito" sind verwechslungsfähig i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG. Hierbei handelt es sich um Zeichen, die denselben beschreibenden Begriff ("Kredit") in ähnlicher Weise abwandeln und ihn verfremden. Im Verhältnis solcher Zeichen findet der Rechtssatz, dass der Schutzbereich von Marken, die sich an einen beschreibenden Begriff anlehnen, nach Maßgabe ihrer Eigenprägung eng zu bemessen ist und die Prüfung der Verwechslungsgefahr nicht auf Übereinstimmungen mit der beschreibenden Angabe selbst gestützt werden darf (BGH, Urt. v. 9.2.2012 - I ZR 100/10 Rz. 39 - pjure/pure; GRUR 2003, 963 Rz. 26 - AntiVir/AntiVirus), keine Anwendung, denn die Gefahr der Erstreckung des Ausschließlichkeitsrechts auf den beschreibenden Begriff droht in dieser Konstellation nicht (BGH, GRUR 2011, 826 Rz. 29 - Enzymax/Enzymix; GRUR 2008, 803 Rz. 22 - HEITEC).

 

Normenkette

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 23.05.2012; Aktenzeichen 406 HKO 68/12)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Hamburg, Kammer 6 für Handelssachen, vom 23.5.2012 abgeändert.

Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, im geschäftlichen Verkehr unter Verwendung des Zeichens "kredito", insbesondere durch Nutzung der Domain www.kredito.de, Dienstleistungen für die Vermittlung von Krediten anzubieten und/oder zu bewerben.

Die Verfahrenskosten hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Der Wert der Beschwerde wird auf EUR 150.000 festgesetzt.

 

Gründe

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Der Antragsteller hat Anspruch auf Unterlassung der beanstandeten Zeichennutzung gem. § 14 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG. Denn es besteht wegen der Ähnlichkeit der Verfügungsmarke und der angegriffenen Bezeichnung Verwechslungsgefahr.

a) Die von dem Antragsteller geltend gemachte deutsche Wortmarke "Creditolo" Nr. 30721053 steht in Kraft (Anlage ASt 1).

b) Die Nutzung des Zeichens "kredito" innerhalb der Domain www.kredito.de der Antragsgegnerin erfolgt markenmäßig.

Eine Benutzung erfolgt markenmäßig, wenn sie die Herkunftshinweisfunktion der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (EuGH GRUR 2009, 756 Rz. 59 - L-Oréal/Bellure [zu Art. 5 Abs. 1 lit. b MRRL]; BGH Urt. v. 9.2.2012 - I ZR 100/10 Rz. 16 - pjure/pure; BGH GRUR 2010, 835 Rz. 23 - POWER BALL). Bei der Feststellung der markenmäßigen Benutzung ist auf die Sicht des normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers abzustellen (BGH, Urt. v. 9.2.2012 - I ZR 100/10 Rz. 16 - pjure/pure; GRUR 2012, 618 Rz. 21 - Medusa). Domainnamen, die eine im geschäftlichen Verkehr aktive Homepage bezeichnen, werden in der Regel markenmäßig verwendet, weil der Verkehr in ihnen den Hinweis auf die betriebliche Herkunft der unter dieser Bezeichnung im Internet angebotenen Waren oder Dienstleistungen sieht (st. Rspr., s. zuletzt BGH, Urt. v. 9.2.2012 - I ZR 100/10 Rz. 22 - pjure/pure). Anders ist dies nur zu beurteilen, wenn der Domainname ausschließlich Adressfunktion hat oder der Verkehr angesichts einer rein beschreibenden Angabe davon ausgeht, unter dieser Domain Informationen zu dem beschreibenden Begriff zu erhalten (BGH, Urt. v. 9.2.2012 - I ZR 100/10 Rz. 22 - pjure/pure; GRUR 2008, 912 Rz. 19 - Metrosex). Im vorliegenden Falle bietet die Antragsgegnerin unter der Domain www.kredito.de ihre Dienstleistungen an, so dass mit der Zeichenverwendung ein Herkunftshinweis verbunden ist; es handelt sich nur bei dem Vorspann "www" und der Top-Level-Domain ". de", nicht aber bei dem Bestandteil "kredito" um eine Adressbezeichnung und auch nicht um einen auschließlich auf Informationsvermittlung hindeutenden, rein beschreibenden Begriff.

c) Zwischen der Verfügungsmarke "creditolo" und der angegriffenen Bezeichnung "kredito" besteht Verwechslungsgefahr i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG hat unter Berücksichtigung aller relevanten Einzelfallumstände die Wechselwirkung zwischen den Faktoren der Zeichen- und Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit und der Kennzeichnungskraft der älteren Marke zu beachten, die dazu führen kann, dass ein geringerer Grad an Waren- bzw. Dienstleistungsähnlichkeit durch einen höheren Grad an Zeichenähnlichkeit oder eine erhöhte Kennzeichnungskraft (oder auch umgekehrt) ausgeglichen werden kann (st. Rspr.; s. nur BGH, Urt. v. 9.2.2012 - I ZR 100/10 Rz. 25 - pjure/pure; GRUR 2008, 905 Rz. 12 - Pantohexal). Hierbei ist auf den durch die Zeichen verursachten Gesamt...

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