Leitsatz (amtlich)

1. Eine auf die Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung gerichtete Abmahnung ist im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes regelmäßig darauf gerichtet, den jeweils gerügten Rechtsverstoß endgültig abzustellen. Gibt der Gläubiger den Wert seines Unterlassungsinteresses schon in der Abmahnung an, dann spricht die dortige Wertangabe indiziell dafür anzunehmen, dass der angegebene Wert dem Wert der Hauptsache eines gerichtlichen Verfahrens entspricht.

2. Der Wert des Verfügungsverfahrens ist gegenüber dem Wert der Hauptsache im Regelfall um 20% zu ermäßigen (§ 51 Abs. 4 GKG).

 

Normenkette

GKG § 51 Abs. 2, 4, § 63 Abs. 3 S. 2, § 66 Abs. 3 S. 2, § 68 Abs. 1; RVG § 32 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 30.08.2017; Aktenzeichen 403 HKO 116/17)

 

Tenor

I. Auf die Streitwertbeschwerde des Antragstellers vom 4.9.2017 wird die Streitwertfestsetzung in Ziffer 3. des Beschlusses des Landgerichts Hamburg vom 30.08.2017 (Az. 403 HKO 116/17) abgeändert und der Streitwert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.

II. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

Die gemäß §§ 68 Abs. 1, 66 Abs. 3 S. 2, 63 Abs. 3 Satz 2 GKG, 32 Abs. 2 RVG zulässige Streitwertbeschwerde des Antragstellers hat in der Sache teilweise Erfolg.

Gemäß § 51 Abs. 2 GKG ist in Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Antragstellers für ihn ergebenden Bedeutung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Im Hinblick auf den geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch ist das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers für die Bemessung des Streitwerts maßgeblich (BGH GRUR 1990, 1052, 1053 - Streitwertbemessung). Der Umfang dieses Interesses hängt insbesondere von der Gefährlichkeit der zu verbietenden Handlung ("Angriffsfaktor") ab, welche anhand des drohenden Schadens (Umsatzeinbußen, Marktverwirrungs- und Rufschaden) zu bestimmen ist und von den weiteren Umständen abhängt.Zu berücksichtigen sind insbesondere die Unternehmensverhältnisse beim Verletzer und beim Verletzten, d. h. Umsätze, Größe, Wirtschaftskraft und Marktstellung der Unternehmen unter Berücksichtigung ihrer künftigen Entwicklung. Weiter ist abzustellen auf die Intensität des Wettbewerbs zum Verletzten in räumlicher, sachlicher und zeitlicher Hinsicht sowie Ausmaß, Intensität, Häufigkeit und Auswirkungen möglicher zukünftiger Verletzungshandlungen. An Parteiangaben ist das Gericht nicht gebunden. Ihnen kommt aber indizielle Bedeutung zu. Das Gericht darf aber die Angaben nicht unbesehen übernehmen, sondern hat sie anhand der objektiven Gegebenheiten und unter Heranziehung seiner Erfahrung und üblicher Wertfestsetzungen in gleichartigen oder ähnlichen Fällen in vollem Umfang selbständig nachzuprüfen (vgl. Köhler/Feddersen in Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Auflage 2017, § 12 Rn. 5.3a).

Daran gemessen hat das Landgericht den Streitwert zu niedrig bemessen. Der Streitwert ist auf 3.000 EUR heraufzusetzen. Der Antragsteller hat in der ersten Abmahnung vom 19.7.2017 den Briefkopf des Antragstellers beanstandet und einen Streitwert von 6.000 EUR angesetzt (Anlage K 1). Diese Angabe ist auch vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller durch den Verstoß nicht nennenswert selbst wirtschaftlich betroffen ist, nicht zu beanstanden. Der Streitwert ist jedoch für das einstweilige Verfügungsverfahren zunächst gemäß § 51 Abs. 4 GKG herabzusetzen, denn die Abmahnung zielte auf ein endgültiges Abstellen des Wettbewerbsverstoßes. Der Senat macht für das einstweilige Verfügungsverfahren gegenüber dem Wert des Hauptsacheverfahrens regelmäßig einen Abschlag von 1/5, wenn nicht - wie vorliegend - erkennbar ist, dass insoweit wegen besonderer Umstände eine andere Bewertung erforderlich wäre. Darüber hinaus bleibt das Angriffsinteresse des vorliegenden erneuten Verstoßes - worauf das Landgericht zu Recht hinweist - hinter dem Verstoß, der Grund für die erste Abmahnung war, zurück. Der Antragsgegner hat nicht erneut in seinem Briefkopf die Bezeichnung "Rechtsanwälte" verwandt, sondern die Bezeichnung erfolgte lediglich auf dem Umschlag des Briefes und damit nicht in gleicher prominenter Weise. Darüber hinaus befindet sich im Adressfeld des Briefes die Angabe "Rechtsanwalt W. S." (vgl. Anlage K 3). Dabei hat das Landgericht zu Recht berücksichtigt, dass es sich wohl nicht um eine bewusste Missachtung der abgegebenen Unterlassungsverpflichtungserklärung gehandelt hat. Dies rechtfertigt eine Festsetzung des Streitwerts auf 3.000 EUR.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 11448513

WRP 2018, 495

Mitt. 2018, 243

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