Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH für Zwischenstreit über Duldung einer Abstammungsuntersuchung
Normenkette
ZPO §§ 114, 372a Abs. 2, §§ 386-387
Verfahrensgang
AG Hamburg (Beschluss vom 20.01.2009; Aktenzeichen 512 F 170/06) |
Gründe
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie nicht die Tochter des Beklagten ist. Sie behauptet, ihr leiblicher Vater sei der verstorbene Herr X. Die Beschwerdeführer sind die Kinder und die geschiedene Ehefrau des Herrn X. Das Familiengericht hat durch Beschluss vom 23.9.2008 angeordnet, die Beschwerdeführer in die bereits zuvor angeordnete Begutachtung zur Feststellung der Abstammung der Klägerin einzubeziehen. Daraufhin haben tue Beschwerdeführer mitgeteilt, sie würden sich erst dann einer Speichelentnahme unterziehen, wenn die Erforderlichkeit dieser Maßnahme festgestellt sei. Das zugleich eingereichte Prozesskostenhilfegesuch der Beschwerdeführer hat das Familiengericht durch Beschluss vom 20.1.2009 zurückgewiesen mit der Begründung, es fehle insoweit an einer Rechtsgrundlage. Gegen diesen Beschluss haben die Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 27.1.2009 am 29.1.2009 sofortige Beschwerde eingelegt, der das Familiengericht nicht abgeholfen hat.
Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 127 Abs. 2 ZPO) und begründet.
Den Beschwerdeführern ist gem. § 114 ZPO Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weil ihre Rechtsverfolgung hinreichende Erfolgsaussicht hat, nicht mutwillig ist und auch die erforderlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen gegeben sind.
Die Bestimmungen über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sind anwendbar. Die §§ 114 ff. ZPO gelten für die in der ZPO geregelten Streitigkeiten. Im vorliegenden Fall handelt es sich um den Zwischenstreit gem. §§ 372a Abs. 2 S. 1, 386 ff. ZPO Die Beschwerdeführer sind durch den Beschluss des Familiengerichts vom 23.9.2008 als außerhalb des Rechtsstreits stehende Personen in das Verfahren einbezogen worden. Ob sie die Entnahme von Blutproben oder Speichelproben dulden müssen, ist im Wege des Zwischenstreits gem. §§ 386, 387 ZPO zu klären (vgl. dazu BGH v. 4.7.2007 - XII ZB 199/05, FamRZ 2007, 1728 = MDR 2008, 30 = BGHReport 2008, 22) und durch Zwischenurteil zu entscheiden, welches der sofortigen Beschwerde unterliegt. In diesem Zwischenstreit sind die Beschwerdeführer Partei (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., § 387 Rz. 3), ihr Verfahrensbevollmächtigter erhält Gebühren wie ein Prozessbevollmächtigter (Vorbem. 3 I RVG-VV, vgl. Zöller/Greger, Rz. 8). Insofern bestehen gegen die Anwendbarkeit der §§ 114 ff. ZPO keine Bedenken.
Mit Schriftsatz vom 6.1.2009 haben die Beschwerdeführer sich gem. §§ 372a Abs. 2 S. 1, 386 Abs. 3 ZPO auf ein solches Weigerungsrecht berufen, indem geltend gemacht wurde, es müsse zunächst klargestellt werden, dass und warum es erforderlich sei, dass sie sich einer Probenentnahme unterziehen. Diese Rechtsverfolgung der Beschwerdeführer hat die gem. § 114 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht. Die angeordnete Probenentnahme berührt das Grundrecht der Beschwerdeführer auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und ist unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nur dann zu dulden, wenn dies erforderlich ist. Nicht nur gesundheitlich unzumutbare Eingriffe sind zu unterlassen, sondern auch solche, die aus rechtlichen Gründen nicht erforderlich sind, weil anderweitige Beweismöglichkeiten noch nicht erschöpft sind (vgl. OLG Saarbrücken v. 2.10.2003 - 6 UF 22/03, OLGReport Saarbrücken 2004, 13; OLG Jena v. 22.1.2007 - 1 UF 454/06, OLGReport Jena 2007, 783 = FamRZ 2007, 1676; Wanitzek, FPR 2002, 390, 398, und die Nachweise in Fn. 121).
Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Auf die Eingabe der Beschwerdeführer hin hat das Familiengericht angeordnet, die noch vorhandene Plasmaprobe des verstorbenen Herrn X. in die Begutachtung einzubeziehen. Das Gutachten ist zwischenzeitlich erstattet worden, eine Heranziehung der Beschwerdeführer dürfte sich erübrigen, wovon auch das Familiengericht bereits in seiner Zuschrift vom 20.1.2009 ausgegangen ist. Eine Entscheidung über den Zwischenstreit steht aber noch aus.
Antragsgemäß ist den Beschwerdeführern ihr Verfahrensbevollmächtigter beizuordnen (§ 121 Abs. 2 ZPO). Sowohl im Hinblick auf die rechtliche Schwierigkeit als auch auf die Bedeutung des Weigerungsrechts im vorliegenden Fall ist anwaltliche Vertretung geboten.
Fundstellen
Haufe-Index 2191079 |
FamRZ 2009, 1232 |
NJW-RR 2010, 155 |
AGS 2010, 88 |
OLGR-Nord 2009, 835 |