Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 22.05.2012; Aktenzeichen 408 HKO 53/12)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 6.6.2012 wird der Beschluss des LG Hamburg vom 22.5.2012 (Az. 408 HKO 53/12) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens EUR 250.000, Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, im Wettbewerb handelnd in der Zeitschrift -T. H u.. S - redaktionell gestaltete Werbeanzeigen zu veröffentlichen und/oder veröffentlichen zu lassen, wenn dies geschieht wie

1. auf der Vorderseite eines zusätzlichen Umschlags (-Rekord-Jackpot mit bis zu 32* Millionen EUR -) der Zeitschrift -T. H u.. S -, Ausgabe 12/2012 (Anl. AST 3); und/oder

2. auf der Innenseite eines zusätzlichen Umschlages (-Das Glück hat in Hamburg eine lange Tradition-) der Zeitschrift -T. H u.. S Ausgabe 12/2012 (Anl. AST 4).

Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen.

II. Die weiter gehende Beschwerde des Antragstellers wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz haben der Antragsteller 1/3 und die Antragsgegnerin 2/3 nach dem festgesetzten Streitwert von 30.000 EUR zu tragen. Von den Kosten der Beschwerde haben der Antragsteller und die Antragsgegnerin jeweils die Hälfte nach einem Streitwert von EUR 20.000, zu tragen.

 

Gründe

I. Die gem. § 567 I Ziff. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist teilweise begründet. Entgegen der Ansicht des LG in der angegriffenen Entscheidung steht dem Antragsteller ein Unterlassungsanspruch auch hinsichtlich des Antrages gem. Ziff. I 1. zu; auch besteht ein Verfügungsgrund. Dagegen besteht auch nach Auffassung des Senats kein Unterlassungsanspruch hinsichtlich des Antrages gem. Ziff. I. 3.

1. Dem Antragsteller steht gegen die Antragsgegnerin hinsichtlich der streitgegenständlichen Anzeige gem. Ziff. I.1. ihres Antrages ein Unterlassungsanspruch jedenfalls gem. §§ 8 I, III Nr. 3, 3 III UWG in Verbindung mit Ziff. 11 des Anhangs zu dieser Norm zu.

a. Eine Berechtigung des Antragstellers zur Geltendmachung wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsansprüche nach § 8 III Nr. 3 UWG ist unstreitig gegeben.

b. Bei der angegriffenen Anzeige handelt es sich um eine unlautere geschäftliche Handlung in Form einer als Zeitschriftencover getarnten Werbung.

Unstreitig ist der gesamte zusätzliche Umschlag (und damit auch die hier streitgegenständliche

Vorderseite) der Zeitschrift -T. H u.. S - der Ausgabe 12/2012 eine von der Fa. N..

N K bezahlte Anzeige. Nach § 3 III UWG in Verbindung mit Anh. Ziff. 11 ist eine geschäftliche Handlung gegenüber Verbrauchern stets unzulässig, wenn redaktionelle Inhalte in Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung eingesetzt werden, der Unternehmer diese Verkaufsförderung finanziert hat und dies weder aus dem Inhalt noch aus klar erkennbaren Bildern oder Tönen eindeutig hervorgeht. Ein Beitrag hat einen redaktionellen Inhalt, wenn er seiner Gestaltung nach als objektive neutrale Berichterstattung durch das Medienunternehmen selbst erscheint (vgl. Köhler/Bornkamm, UWG, 30. Aufl., Anh. zu § 3 III Rz. 11.2). Bewertungsmaßstab hierfür ist die Auffassung eines durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Verbrauchers (vgl. Urt. v. 4.8.2010 - 5 U 151/09). Die erforderlichen Feststellungen kann der Senat insoweit selbst treffen, da seine Mitglieder zu den von der Zeitschrift -T. H u.. S - angesprochenen Verkehrskreisen gehören.

Bei der Subsumtion und Einschätzung der Anzeigen ist der Normzweck zu berücksichtigen. Dieser liegt in erster Linie in dem Schutz des Verbrauchers (vgl. Wortlaut des § 3 III UWG: - Die im Anhang dieses Gesetzes aufgeführten geschäftlichen Handlungen gegenüber Verbrauchern sind stets unzulässig. -). Es ist aber anerkannte Tatsache, dass der Leser (Verbraucher) in einem redaktionellen Beitrag im Allgemeinen eine objektiv-kritische, nicht von gewerblichen Interessen geleitete Information einer unabhängigen und neutralen Redaktion als Beitrag zur Unterrichtung und Meinungsbildung, nicht aber eine in erster Linie von den Eigeninteressen des Werbenden geprägte Reklame erwartet. Dementsprechend misst er einem redaktionellen Beitrag, der Äußerungen über Unternehmen und deren Produkte enthält und Werbewirkung entfaltet, regelmäßig größere Beachtung und Bedeutung bei und steht ihm weniger kritisch gegenüber, als wenn es sich um werbende Äußerungen des Unternehmens selbst handelt. Soweit eine bezahlte Werbeanzeige durch die (irreführende) Verwendung von Gestaltungsmitteln, wie sie bei redaktionellen Beiträge üblich sind, nicht klar und eindeutig ihren Werbecharakter erkennbar macht, mu...

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