Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 17.05.1999; Aktenzeichen 613 Vollz 174/98)

 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluß des Landgerichtes Hamburg, Große Strafkammer 13 als Strafvollstreckungskammer, vom 17.5.99 aufgehoben.

Der Antrag des Untergebrachten, das Klinikum Nord zu verpflichten, ihn auf die Station II, III oder IV zu verlegen und ihn am vollständigen Betrieb der auszuwählenden Station teilnehmen zu lassen, wird abgelehnt.

Der Beschwerdegegner trägt die Kosten des Verfahrens, seine notwendigen Auslagen sowie die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers. Der Gegenstandswert wird auf 8.000,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Der Beschwerdeführer, der Landesbetrieb Krankenhäuser, zu dessen Organisationsverbund auch das Klinikum Nord (KNO) gehört, wendet sich gegen den im Tenor genannten Beschluß, mit welchem das Landgericht einem Antrag des im KNO untergebrachten jetzigen Beschwerdegegners, der wegen Mordes in drei Fällen, jeweils in Tateinheit mit Vergewaltigung, zu einer lebenslangen und einer vierzehnjährigen Freiheitsstrafe verurteilt und dessen Unterbringung gemäß § 63 StGB angeordnet wurde, auf Verpflichtung des KNO, ihn von der Station I auf die Station II, III oder IV zu verlegen und ihn ohne engmaschige Einzelüberwachung am allgemeinen Stationsbetrieb teilnehmen zu lassen, entsprochen hat.

Nach den Feststellungen des Landgerichtes wird der Beschwerdegegner überwiegend in seinem Einzelzimmer auf der Akutstation (Station I) eingeschlossen, außerhalb seines Zimmers wird er lückenlos durch gesondert für ihn eingesetzte Beobachtungskräfte überwacht, was insbesondere für die Teilnahme an den gemeinsamen Mahlzeiten auf der Station, den Hofgang und die Teilnahme an Sportveranstaltungen gilt und dazu führt, daß sich die Mitpatienten nur eingeschränkt mit dem Beschwerdegegner unterhalten. Beim abendlichen Fernsehen wird er getrennt von den übrigen Stationspatienten in der Küche eingeschlossen.

Das Landgericht stützt seine Entscheidung darauf, daß es sich bei der engmaschigen Einzelüberwachung um eine „Trennung von anderen Patienten” im Sinne von § 29 Abs. 2 Nr. 2 Hamburgisches Maßregelvollzugsgesetz (HmbMVollzG) handele, dieser Begriff der „Trennung” inhaltlich nicht identisch sei mit dem Begriff der „Absonderung” im Sinne von § 88 Abs. 2 Nr. 3 Strafvollzugsgesetz (StVollzG), die „Trennung” nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 HmbMVollzG angeordnet werden könne und das KNO den unbestimmten Rechtsbegriff der „erhöhten Fluchtgefahr” – und nur diese Voraussetzung komme in Betracht – nicht richtig ausgelegt habe und „erhöhte Fluchtgefahr” nicht vorliege.

Auch wenn man die engmaschige Einzelüberwachung nicht als „Trennung” im Sinne von § 29 Abs. 2 Nr. 2 HmbMVollzG qualifiziere, sei dieser Eingriff unzulässig, weil es sich dann um eine „Beschränkung” im Sinne von § 3 Abs. 3 HmbMVollzG handele, die (zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Maßregelvollzugseinrichtung) unerläßlich sein müsse, das KNO die engen Grenzen dieses unbestimmten Rechtsbegriffes verkannt habe und die engmaschige Einzelüberwachung nicht unerläßlich sei.

Auch die dauerhafte Unterbringung auf der Station I sei gesetzlich nicht gedeckt. Die Auswahl der Station bleibe zwar dem pflichtgemäßen Ermessen des Anstaltsleiters überlassen, das KNO habe hier jedoch die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens fehlerhaft überschritten, denn wegen der Schwergewichtigkeit dieses Eingriffes sei dieser nur gerechtfertigt, wenn er entsprechend der Generalklausel des § 3 Abs. 3 HmbMVollzG unerläßlich sei, angesichts der fehlenden konkreten Anhaltspunkte für eine vom Antragsteller ausgehende substantielle Fluchtgefahr sei eine Unterbringung auf der Station aber ausreichend, um der bestehenden Fluchtgefahr entgegenzuwirken.

Mit seiner Rechtsbeschwerde wirft der Beschwerdeführer dem Landgericht u.a. einen Verstoß gegen die Denkgesetze vor und rügt damit die Verletzung materiellen Rechtes. Er beantragt die Aufhebung des Beschlusses und die Zurückweisung des Verpflichtungsantrages des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdegegner hält die angefochtene Entscheidung nicht für rechtsfehlerhaft und damit die Rechtsbeschwerde schon für unzulässig.

Die Rechtsbeschwerde genügt den Erfordernissen des § 118 StVollzG und ist auch nach Maßgabe des § 116 StVollzG zulässig, da es teils zur Fortbildung des Rechts, teils zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist, die Nachprüfung der angefochtenen Entscheidung zu ermöglichen.

Die Auffassung des Landgerichtes, die bei dem Beschwerdegegner praktizierte Einzelüberwachung stehe rechtlich unter den Vorbehalten des § 29 HmbMVollzG, ist rechtsfehlerhaft.

Die Annahme, hier läge eine „Trennung” im Sinne des § 29 Abs. 2 Nr. 2 HmbMVollzG vor, ist nämlich nicht haltbar:

Die Auffassung des Landgerichtes, der Begriff der „Trennung” im § 29 Abs. 2 Nr. 2 HmbMVollzG sei nicht identisch mit dem Begriff der „Absonderung” im § 88 Abs. 2 Nr. 3 StVollzG, ist – soweit ersichtlich – in Rechtsprechung und Literatur unerörte...

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