Leitsatz (amtlich)

Eine per Telefax erfolgte Übermittlung von Mehrfertigungen im Sinne von Nr. 9000 Ziff. 1 Halbs. 2 KV GKG liegt nicht schon dann vor, wenn ein Schriftsatz (nebst Anlagen) einmal per Fax an das Gericht und sodann auch noch im Original übermittelt wird, sondern erst dann, wenn mehrere Telefaxe an das Gericht übermittelt und dort ausgedruckt werden. Eine Dokumentenpauschale für die einmalige Übersendung der Anlagen zur Berufungsbegründung per Telefax fällt daher unabhängig davon, ob die Übersendung der Anlagen erforderlich ist, nicht an.

 

Tenor

Auf die Erinnerung des Klägers wird der Kostenansatz durch die Kostenrechnung des OLG vom 1.4.2010 (Kassenzeichen:...) aufgehoben.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat die Berufungsbegründung des Klägers gegen das Urteil des LG vom 20.12.2009 am letzten Tag der Begründungsfrist an den Senat vorab per Telefax übermittelt. Gegenstand des Telefaxes waren neben der Berufungsbegründung von 54 Seiten auch Anlagen zur Berufungsbegründung im Umfang von 70 Seiten. Am Tag nach Fristablauf ging die Berufungsbegründung nebst Anlagen im Original mit der erforderlichen Anzahl von Abschriften zur Zustellung an die Berufungsbeklagte bei Gericht ein.

Die Kostenbeamtin des OLG hat mit der angefochtenen Kostenrechnung eine Dokumentenpauschale i.H.v. EUR 28 für den Ausdruck der per Telefax an das Gericht übersandten und dort ausgedruckten Anlagen zur Berufungsbegründung erhoben. Hiergegen richtet sich die Erinnerung des Klägers.

II. Die Erinnerung ist gem. § 66 Abs. 1 GKG zulässig. Sie ist auch in der Sache erfolgreich, denn die Staatskasse fordert zu Unrecht von dem Kläger eine Dokumentenpauschale für die Übersendung der Anlagen zur Berufungsbegründung per Telefax.

Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Dokumentenpauschale nach Nr. 9000 KV Ziff. 1 GKG liegen nicht vor. Danach kann die Pauschale für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten erhoben werden für Ausfertigungen, Ablichtungen und Ausdrucke, die auf Antrag angefertigt, per Telefax übermittelt oder angefertigt worden sind, weil die Partei oder ein Beteiligter es unterlassen hat, die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen, oder wenn per Telefax übermittelte Mehrfertigungen von der Empfangseinrichtung des Gerichts ausgedruckt werden.

Die erste Alternative der Bestimmung, die Anfertigung oder Übermittlung auf Antrag einer Partei, ist hier schon deshalb nicht einschlägig, weil der Kläger die Anfertigung von Abschriften der Anlagen zur Zustellung an die Beklagte weder beantragt hat noch diese vom Gericht hergestellt worden sind. Aber auch die zweite Alternative der Bestimmung, die eingreift, wenn eine Partei es unterlassen hat, einem von Amts wegen zuzustellenden Dokument die erforderliche Zahl von Mehrfertigungen beizufügen oder wenn die Partei die Mehrfertigungen durch Übermittlung per Telefax "beigefügt" hat, greift nicht ein. Denn der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat per Telefax keine Mehrfertigungen der Anlagen zur Berufungsbegründung übermittelt, die sodann von der Empfangseinrichtung des Gerichts für die Zustellung an die Beklagte ausgedruckt worden wären (vgl. zu diesem Fall VGH BW NJW 2008, 536). Vielmehr hat er die Berufungsbegründung nebst Anlagen nur ein einziges Mal per Telefax übermittelt und sodann die erforderlichen Mehrfertigungen für die Beklagte im Original bei Gericht eingereicht. Dabei verkennt der Senat nicht, dass die Vorabübersendung der 70 Seiten Anlagen per Telefax seitens des Prozessbevollmächtigten des Klägers schlechthin unsinnig war und zu überflüssigen Kosten geführt hat, weil es zur fristwahrenden Einreichung der Berufungsbegründung der Vorabübermittlung der Anlagen nicht bedurfte. Aber auch wenn die Regelung über die Dokumentenpauschale im Nr. 9000 KV Ziff. 1 GKG genau wie § 28 Abs. 1 GKG der Kostendämpfung dienen soll (VGH BW, a.a.O.; Hartmann, Kostengesetze, 39. Aufl., § 28 GKG Rz. 2), ändert dies nichts an dem Umstand, dass die Übersendung eines einfachen Telefaxes an das Gericht dem Übersendenden nicht in Rechnung gestellt werden kann. Auslagen schuldet eine Partei nur nach Nr. 9000 ff. KV GKG. Soweit diese Vorschriften keinen Auslagenersatz vorsehen, entsteht auch keine Ersatzpflicht; dies gilt insbesondere auch wegen der Verwendung von Papier. Die Gerichtsgebühren gelten die Auslagen grundsätzlich mit ab (Hartmann, a.a.O., Übers, Vorbem. 9 KV GKG Rz. 1; Meyer, GKG, 10. Aufl., vor KV 9000 Rz. 2). Nach der jetzigen Gesetzeslage ist es nicht vorgesehen, danach zu unterscheiden, ob die Übersendung eines Schriftsatzes oder seiner Anlagen per Telefax sinnvoll erscheint oder nicht (wie z.B. die immer häufiger anzutreffende Übung, auch nicht fristgebundene Schriftsätze vorab per Fax zu übersenden). Eine per Telefax erfolgte Übermittlung von Mehrfertigungen im Sinne von Nr. 9000 KV Ziff. 1 Halbs. 2 GKG liegt nämlich nicht schon dann vor, wenn ein Schriftsatz (nebs...

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