Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 09.03.2005; Aktenzeichen 318 T 247/04) |
Tenor
Die Beschlüsse des LG vom 9.3.2005 und des AG vom 26.11.2004 werden abgeändert. Der in der Wohnungseigentümerversammlung vom 11.6.2004 zu Tagesordnungspunkt 4 gefasste Beschluss über die Verlängerung des Verwaltervertrages wird für ungültig erklärt.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.
Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt.
Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 25.272 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Hinsichtlich des Sachverhaltes wird zunächst auf die Darstellungen in der Entscheidung des AG (S. 2 und 3) sowie des LG (S. 2 und 3) zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen.
Die Entscheidung des LG vom 9.3.2005 ist dem Antragsteller am 15.3.2005 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 29.3.2005, eingegangen bei Gericht am 29.3.2005, hat der Antragsteller gegen den Beschluss des LG sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
Diese begründet er damit, die Entscheidung des LG sei unter Verstoß gegen das Verfahrensrecht ergangen, da das LG wesentliches Vorbringen unberücksichtigt gelassen habe und so zu einer fehlerhaften Beurteilung gekommen sei. Insbesondere sei das LG auf die im Schriftsatz vom 8.3.2005 aufgeführten Gründe und Argumente, mit welchen er, der Antragsteller, weitere Miteigentümer veranlasst hätte, gegen eine dreijährige Verlängerung des Verwaltervertrages zu stimmen, nicht eingegangen. Unter Berücksichtigung der angeführten Argumente könne nicht ernsthaft davon ausgegangen werden, dass feststehe, dass der angefochtene Beschluss auch bei einer ordnungsgemäßen Einladung und Teilnahme des Antragstellers in der Versammlung so wie beschlossen zustandegekommen wäre. Mit seiner Entscheidung verkehre das LG das Regel-Ausnahme-Verhältnis. Einem Missbrauch der Versäumung von Ladungsfristen sei vorzubeugen. Insbesondere bei größeren Wohnungseigentümergemeinschaften bestünde im Rahmen einer Eigentümerversammlung in erheblichem Maße die Möglichkeit, auf das Abstimmungsverhalten der Anwesenden Einfluss zu nehmen, da der Pluralismus von Interessen, Einstellungen und Ansichten weitaus größer sei.
Die Antragsgegnerin beantragt, die weitere sofortige Beschwerde zurückzuweisen. Sie trägt vor, der Antragsteller hätte in der Versammlung vom 11.6.2004 nichts vortragen können, was nicht allen Anwesenden ohnehin bekannt gewesen sei und des längerem diskutiert worden war. Der angefochtene Beschluss wäre daher auch in Gegenwart des Antragstellers gefasst worden. Im Übrigen sei die sofortige weitere Beschwerde auch aus Rechtsgründen zurückzuweisen, da die Teilungserklärung auch eine Zugangsfiktion in zeitlicher Hinsicht normiere.
Hinsichtlich des Weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die von ihnen gewechselten Schriftsätze ergänzend Bezug genommen.
II. Die gem. §§ 45 Abs. 1, 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, 22, 27, 29 FGG zulässige sofortige weitere Beschwerde ist begründet, denn die Entscheidung des LG beruht auf einer Verletzung des Rechts (§ 27 FGG, 546 ZPO).
Der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 4 der Wohnungseigentümerversammlung vom 11.6.2004 ist aufzuheben, da die Frist zur Einberufung der Versammlung nicht eingehalten worden ist und nicht festgestellt werden kann, der Einberufungsmangel sei für den ergangenen Beschluss nicht kausal gewesen.
Nachdem das Einladungsschreiben zur Wohnungseigentümerversammlung vom 11.6.2004 den Antragsteller erst am 9.6.2004 erreicht hat, ist die einwöchige Einladungsfrist des § 24 Abs. 4 WEG nicht eingehalten. Zwar handelt es sich bei § 24 Abs. 4 WEG lediglich um eine Sollvorschrift, Gründe für eine Dringlichkeit der Eigentümerversammlung sind jedoch nicht ersichtlich. Es ist ein Zugang des Ladungsschreibens bei den Wohnungseigentümern analog § 130 Abs. 1 BGB erforderlich. Soweit die Antragsgegnerin den verspäteten Zugang der Einladung mit Nichtwissen bestreitet, ist dieses Bestreiten unbeachtlich, da die Verwaltung selbst mit Schreiben vom 30.6.2004 den verspäteten Zugang bestätigt hat, Zustellungsprobleme bei anderen Wohnungseigentümern in das Protokoll der Wohnungseigentümerversammlung aufgenommen worden sind und unstreitig zum damaligen Zeitraum in Hamburg von der Post gestreikt wurde. Die Auslegung von Willenserklärungen obliegt zwar grundsätzlich dem Tatrichter, so dass das Rechtsbeschwerdegericht die Auslegung der Vorinstanz insoweit nicht auf ihre sachliche Richtigkeit, sondern nur auf Rechtsfehler überprüfen kann. Damit beschränkt sich die Prüfung auf die Fragen, ob die Willenserklärung überhaupt auslegungsfähig ist, ob sie denk- und erfahrungsgesetzlich möglich ist, den gesetzlichen Auslegungsregeln nicht widerspricht und alle wesentlichen Tatsachen berücksichtigt sind (vgl. Bärmann-Merle, a.a.O., § 45 Rz. 85). Der selbständigen Auslegung durch das Rechtsbeschwerdegericht unabhängig von der Würdigung des Tatsachenrichters unterliegen jedoch Willenserklärungen, die zur Kenntnis für jedermann bestimmt sind. Hierzu gehört die E...