Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 30.04.2004; Aktenzeichen 605 StVK 889/03) |
Tenor
Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft München I gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 5 als Strafvollstreckungskammer, vom 30.04.2004 wird mit der Maßgabe verworfen, dass Erledigungszeitpunkt der durch Urteil des Landgerichts München I vom 25.01.1989 angeordneten Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus der 03.01.2005 ist.
Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Untergebrachten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.
Gründe
I.
Die Staatsanwaltschaft München I wendet sich mit der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg vom 30.04.2004, mit dem die durch Urteil des Landgerichts München I vom 25.01.1989 - 1 Kls 237 Js 390042/88 - angeordnete Unterbringung des Beschwerdegegners in einem psychiatrischen Krankenhaus mit Wirkung ab 01.07.2004 für erledigt erklärt worden ist.
1.
Das Landgericht München I verurteilte den Untergebrachten am 25.10.1989 wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Der Untergebrachte hatte am 21.04.1988 in der Alten Pinakothek in München drei Hauptwerke von Albrecht Dürer - den "Paumgartner Altar", die "Beweinung Christi" und "Maria als Schmerzensmutter", die zu unwiederbringlichem Kulturgut von nahezu unschätzbarem Wert gehören, mit hochprozentiger Schwefelsäure gezielt schwer beschädigt. Das Gericht ordnete die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus an, da der Untergebrachte die Tat im Zustand verminderter Schuldfähigkeit (§ 21 StGB) beging. Von der Anordnung der Sicherungsverwahrung sah das Gericht dagegen ab.
Der am 20.09.1937 geborene Untergebrachte litt bereits in seiner Jugend unter Angstzuständen und Kontrollzwängen. Nach einer ersten dreimonatigen psychiatrischen Behandlung in der Universitätsklinik Kiel im Jahr 1955 wurde er erneut 1960 in einer Stuttgarter Nervenklinik wegen einer neurotischen Entwicklung mit nachweisbaren Zwangsmechanismen behandelt.
1974 kam der Untergebrachte erneut in nervenärztliche Behandlung. Um eine Linderung der von ihm beklagten Zwangsvorstellungen und -handlungen herbeizuführen, wurde er im Universitätskrankenhaus Eppendorf operiert. Die durchgeführte stereotaktische Leukotomie, bei der Teile des Fasergewebes zwischen den Gehirnlappen mit Sonden verschmort wurden, um eine Übererregbarkeit des Betroffenen zu mindern, war ein Fehlschlag. 1975 wurde er als Frührentner anerkannt und erhielt daraufhin eine Erwerbsunfähigkeitsrente.
Im August 1975 begab sich der Untergebrachte auf Drängen seiner damaligen Ehefrau zu einer verhaltenstherapeutischen Behandlung in das Universitätskrankenhaus Eppendorf. Aufgrund seiner Angstzustände hatte er in der Heide Brände gelegt, die er jedoch selbst wieder gelöscht hatte, und auf dem Friedhof Ohlsdorf Wasserhähne aufgedreht. Bis Mitte Dezember 1975 nahm der Untergebrachte stationär an einer verhaltenstherapeutischen Gruppe teil. Diagnostiziert wurde eine Zwangsneurose.
Am 11.03.1977 erlitt seine Ehefrau einen Unfall, an dessen Folgen sie kurze Zeit später starb. In der Folgezeit beging der Untergebrachte von März 1977 bis Oktober 1977 eine Serie von Straftaten. Er beschädigte u.a. wertvolle Kunstwerke sowie Bilder von Rubens, Lucas Cranach und Rembrandt. Das Landgericht Hamburg verurteilte ihn am 31.01.1979 wegen gemeinschädlicher Sachbeschädigung in 17 Fällen und wegen Sachbeschädigung in 3 Fällen, in einem Fall in Tateinheit mit Tierquälerei zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren. Diese verbüßte er bis zum 06.10.1982 vollständig.
Im März 1983 beging er eine zweite Tatserie, indem er u.a. Bauwagen und Baumaschinen in Brand setzte und dadurch einen Schaden von über 130.000,00 DM verursachte. Hierfür verurteilte ihn das Landgericht Hamburg am 02.05.1984 wegen Sachbeschädigung in 4 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren. Diese verbüßte er bis zum 05.05.1986 vollständig.
Wegen erneut auftretender Angst- und Hassgefühle - Auslöser war eine wegen der Sachbeschädigungen ausgebrachte lebenslange Pfändung eines Teils seiner Rente - begab er sich im Herbst 1987 zur Behandlung in die offene psychiatrische Abteilung des Klinikums Hamburg Eilbek. Den inzwischen aufgekommenen Gedanken, erneut wertvolle Gemälde zu zerstören, dem behandelnden Arzt mitzuteilen, wagte er nicht, da er die Verlegung in die geschlossene Abteilung des Krankenhauses fürchtete.
Mitte März 1988 kaufte er sich in einer Hamburger Apotheke einen Liter Schwefelsäure, zwei Wochen später einen weiteren. Beide Behälter versteckte er zunächst in einem Park. Am 20.04.1988 ließ sich der Untergebrachte sodann von der Klinik Hamburg-Eilbek beurlauben und begab sich dann nach München, wo er die Tat vom 21.04.1988 beging.
2.
Der Untergebrachte befand sich vom 21.04.1988 bis 25.01.1989 in Untersuchungshaft und anschließend bis zum 01.02.1989 in Organisationshaft. Er wurde dann in das Bezirkskrankenhaus Haar/München verlegt...