Normenkette
ZPO §§ 104, 138 Abs. 3; BGB § 362
Verfahrensgang
LG Hamburg (Aktenzeichen 326 O 276/89) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 26, vom 15.1.2002 abgeändert.
Der Antrag der Beklagten auf Kostenerstattung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde des Klägers hat auch in der Sache Erfolg.
Der Rechtspfleger des LG ist in seinen Äußerungen zwar zutreffend davon ausgegangen, dass das Kostenfestsetzungsverfahren grundsätzlich nur den Zweck hat, die Kostengrundentscheidung der Höhe nach zu beziffern, außerhalb dieser Zielsetzung liegende sonstige Streitigkeiten zwischen den Parteien nicht mitentschieden werden und somit materiell-rechtliche Einwendungen gegen den Erstattungsanspruch nicht zu berücksichtigen sind (vgl. Zöller/Herget, 23. Aufl., § 104 ZPO Rz. 21 – materiell-rechtliche Einwendungen). Grundsätzlich steht für materiell-rechtliche Einwendungen nur der Weg über § 775 Nr. 4, 5 ZPO oder die Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO offen.
Aus prozessökonomischen Gründen macht die Rechtsprechung davon jedoch eine Ausnahme, wenn die tatsächlichen Voraussetzungen einer Einwendung feststehen, etwa durch rechtskräftige Entscheidung oder wenn sie zugestanden sind. Dies kann heute als h.M. bezeichnet werden (vgl. Zöller/Herget, 23. Aufl., § 104 ZPO Rz. 21 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 20.8.2002 im Einzelnen dargelegt, dass die Beklagte im Zusammenhang mit der Rückführung von in der Bilanz ausgewiesenen kapitalersetzenden Darlehen in einer Größe von etwa 150.000 DM praktisch darauf verzichtet habe, ihre Kosten im vorliegenden Verfahren festsetzen zu lassen. Der Kläger hat dies weiter begründet damit, dass hierdurch eine Gleichbehandlung der damaligen Gesellschafter gewahrt werden sollte. Die Beklagte habe durch ihr jahrelanges Untätigsein nach Vorliegen der Kostengrundentscheidung im vorliegenden Verfahren zum Ausdruck gebracht, dass auf diese Ansprüche verzichtet werde bzw. dass sie verrechnet würden mit abgetretenen Darlehen des Gesellschafters B.
Die Beklagte, die ihren Kostenfestsetzungsantrag vom 28.12.2001 gestützt hat auf die Kostengrundentscheidung in dem Urteil des LG vom 30.1.1991, ist ausdrücklich aufgefordert worden, zu diesem Vortrag in einer bestimmten Frist Stellung zu nehmen. Die Beklagte hat sich jedoch nicht geäußert. Das Gericht sieht deshalb den Vortrag des Klägers als zugestanden an, wonach die Beklagte auf eine Kostenerstattung i.E. verzichtet hat. Für die Richtigkeit des klägerischen Vortrags spricht zudem der Umstand, dass die Beklagte mit ihrem Kostenfestsetzungsantrag länger als 10 Jahre nach Erlass der Kostengrundentscheidung gewartet hat. Auch wenn die Vorschrift des § 138 Abs. 3 ZPO, wonach nicht ausdrücklich bestrittene Tatsachen im Zweifel als zugestanden anzusehen sind, im Kostenfestsetzungsverfahren nicht unmittelbar anwendbar ist, kann in der hier vorliegenden Situation das Schweigen auf offensichtlich rechtserheblichem gegnerischen Vortrag i.V.m. der Nichtbeachtung einer gerichtlichen Auflage als stillschweigende Erklärung ausgelegt werden (vgl. KG RPfleger 1976, 23 f. m.w.N.).
Der gelegentlich geäußerten Meinung, nur schriftsätzlich ausdrücklich zugestandene Tatsachen dürften in diesem Rahmen als unstreitig behandelt werden, ist nicht zu folgen. Dies würde darauf hinauslaufen, einem Kostengläubiger, der die Erfüllung oder sonstige Erledigung seiner Forderung nicht bestreiten kann, die rechtliche Möglichkeit einzuräumen, sich durch Ignorieren des gegnerischen Vortrags und gerichtlicher Auflagen einen i.E. ungerechtfertigten Vollstreckungstitel zu verschaffen. Dieses nicht gerechtfertigte Ergebnis ist zu vermeiden, indem das Schweigen auf den gegnerischen Tatsachenvortrag und auf gerichtliche Auflagen entsprechend rechtlich gewürdigt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Kniep
Fundstellen
Haufe-Index 1105802 |
MDR 2003, 294 |
OLGR-BHS 2003, 151 |