Leitsatz (amtlich)
1. Ist die Internet-Domain aus einer fremden Marke bzw. Firmenkurzbezeichnung und einer kritisch-beschreibenden Angabe gebildet (hier: awd-aussteiger.us), so liegt in deren Verwendung eine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts. Auch wenn für ein unternehmenskritisches Forum eine so gebildete Domain hinzunehmen ist, besteht jedenfalls für mehrere Domains dieser Art kein schutzwürdiges Interesse (Fortführung von OLG Hamburg, Urt. v. 18.12.2003 - 3 U 117/03, OLGReport Hamburg 2004, 283 = CR 2004, 861).
2. Bei einem gegen die Verwendung einer Internet-Domain gerichteten Unterlassungsanspruch kommt ein "Schlechthin-Verbot" grundsätzlich nicht in Betracht, es ist maßgeblich auch auf den Inhalt der so adressierten Website abzustellen.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 28.02.2003; Aktenzeichen 416 O 23/03) |
Tenor
Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen hat die Antragstellerin ¼ und der Antragsgegner ¾ zu tragen.
Hinsichtlich des Teils des Verfügungsverfahrens, betreffend den die Antragstellerin mit den Kosten belastet worden ist, wird dem Antragsgegner Prozesskostenhilfe gewährt und antragsgemäß Rechtsanwältin S. beigeordnet; im Übrigen wird der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren zunächst auf 50.000 Euro festgesetzt, von der Erledigungserklärung bemisst er sich nach den bis dahin entstandenen Kosten.
Gründe
Nachdem die Antragstellerin in der Berufungsinstanz den Rechtsstreit betreffend den Antragsgegner zu 1) (im Folgenden: den Antragsgegner) in der Hauptsache für erledigt erklärt hat und der Antragsgegner sich dem angeschlossen hat, ist nur noch gem. § 91a ZPO über die Kosten zu entscheiden.
Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten des Verfahrens wie aus dem Beschlussausspruch ersichtlich zu verteilen. Die Berufung des Antragsgegners gegen das Urteil des LG Hamburg vom 2.10.2003 hätte voraussichtlich nur teilweise Erfolg gehabt, im Übrigen war der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ursprünglich begründet.
Entsprechend den damit sich ergebenden Erfolgsaussichten für den Antragsgegner war seinem Prozesskostenhilfeantrag nur teilweise zu entsprechen, im Übrigen war er zurückzuweisen. Die übereinstimmende Erledigungserklärung steht der Bewilligung einer Prozesskostenhilfe nicht entgegen, denn der darauf gerichtete Antrag nebst Begründung war vor der Erledigungserklärung bei Gericht eingegangen.
I. Die Antragstellerin ist nach ihren Angaben einer der führenden deutschen Finanzdienstleister mit Sitz in Hannover, sie führt die Firmen-Kurzbezeichnung "AWD", unter der sie nach ihren Angaben im Geschäftsverkehr bekannt ist, und unterhält unter "www.awd.de" eine Website (Anlage ASt 1). Sie ist Sponsorin und Namensgeberin der "AWD-Arena" (des früheren Niedersachsenstadions) und Inhaberin der Marke "AWD" (Klagemarke; Anlagen ASt 2-3). Ihre Dienstleistungen bietet die Antragstellerin im Wesentlichen über Außendienstmitarbeiter auf Provisionsbasis an.
Der Antragsgegner ist ein früherer, inzwischen ausgeschiedener Mitarbeiter der Antragstellerin, der sich im Internet mit kritischen Beiträgen über die Antragstellerin äußert; hierfür ist seine Ehefrau I.W. Inhaberin der Domain "www.awd-aussteiger.de" gewesen, auf deren Website sich neben dem Antragsgegner auch andere Autoren kritisch über das Unternehmen der Antragstellerin zu Wort meldeten.
In dem vorangegangenen, deswegen von der Antragstellerin gegen I. eingeleiteten Verfügungsverfahren (LG Hamburg - 416 O 213/02) hatte das LG mit seinem Urteil vom 28.2.2003 seine einstweilige Beschlussverfügung bestätigt, mit der der dortigen Verfügungsbeklagten verboten worden ist,
die Bezeichnung "AWD" bzw. "awd" und/oder die Bezeichnung "awd-aussteiger. de" im geschäftlichen Verkehr zu benutzen oder benutzen zu lassen, insb. als Internet-Adresse reserviert zu halten.
Auf die Berufung der dortigen Verfügungsbeklagten hat der Senat mit Urteil vom 18.12.2003 unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils die einstweilige Verfügung des LG aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag (in der in der Berufungsverhandlung klargestellten Fassung) zurückgewiesen (OLG Hamburg v. 18.12.2003 - 3 U 117/03, OLGReport Hamburg 2004, 283 = CR 2004, 861; vgl. im vorliegenden Rechtsstreit: Anlage AG 1).
Im vorliegenden Verfügungsverfahren - es richtete sich im Erlassverfahren erster Instanz gegen den Antragsgegner und gegen einen seiner Söhne, den in jenem Verfahrensabschnitt mitbeteiligten Antragsgegner zu 2) - hat die Antragstellerin beanstandet, auf der Website der US-amerikanischen Domain "www.awd-aussteiger.us" sei nunmehr derselbe Inhalt wie zuvor auf der Domain der I. (d.h. u.a. mit den AWD-meta-tags und den Einführungsworten des Antragsgegners; vgl. Bl. 2-12, Anlagen ASt 4-24) abzurufen. Der eigentliche Betreiber der Website sei - so der Vorwurf der Antragstellerin - der Antragsgegner, er bestimme deren Inhalt und Aufmachung, während der Antragsgegner zu 2) a...