Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 04.01.2008; Aktenzeichen 312 O 929/07)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsstellerin wird der Beschluss des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 4.1.2008 abgeändert.

Im Wege der einstweiligen Verfügung - der Dringlichkeit wegen ohne vorherige mündliche Verhandlung - wird der Antragsgegnerin bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes, und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens 250.000 EUR; Ordnungshaft insgesamt höchstens zwei Jahre) verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Zusammenhang mit dem Verkauf von Waren auf der Internethandelsplattform www...de den Verbraucher in Bezug auf das gesetzliche Widerrufsrecht darauf hinzuweisen, dass unfrei zurückgesandte Ware nicht angenommen werde, wenn dies geschieht wie in der diesem Beschluss als Anlage beigefügten Auszug aus dem Internetauftritt der Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens und die Kosten der Beschwerde.

Der Streitwert der Beschwerde beträgt 2.500 EUR.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

I. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch steht der Antragsstellerin aus §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i.V.m. §§ 312b, 312c Abs. 1, 312d Abs. 1, 355, 356, 357 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB InformationsV zu.

1. Kern der Beanstandung ist, dass die Antragsgegnerin im Rahmen ihrer Verkaufsaktivitäten auf der Internethandelsplattform www...de Widerrufsbelehrungen erteilt, die den Hinweis enthalten, dass unfrei zurückgesandte Ware nicht angenommen werde, wie geschehen in ihrem Internetauftritt vom 27.10.2007. Zwar hat die Antragsstellerin die konkrete Verletzungsform weder in ihren Antrag aufgenommen noch im Rahmen ihres Antrags auf sie verwiesen. Wie sich aus der Antragsbegründung ergibt, die zur Auslegung des Antrags heranzuziehen ist (vgl. etwa BGH GRUR 1998, 1045 - Brennwertkessel; GRUR 2002, 177 [178] - Jubiläumsschnäppchen m.w.N.), bezieht sich dieser - trotz seiner weitergehenden Formulierung - aber lediglich auf die konkrete Anzeige.

2. Nach § 3 UWG sind unlautere Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer nicht nur unerheblich zu beeinflussen, unzulässig. Entgegen der Ansicht des LG ist die beanstandete Anzeige sowohl unlauter (dazu unter a.) als auch nicht nur unerheblich (dazu unter b.)

a) Unlauter i.S.v. § 3 UWG handelt nach § 4 Nr. 11 UWG insb., wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Zu den gesetzlichen Vorschriften i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG zählen nicht nur formelle Bundes- und Landesgesetze, sondern auch Rechtsverordnungen, mithin die gesetzlichen Regelungen über Informationspflichten bei Fernabsatzverträgen nach §§ 312c Abs. 1 und Abs. 2, 355 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InformationsV (vgl. etwa BGH GRUR 2002, 720 - Postfachanschrift; OLG Karlsruhe GRUR 2002, 730 [731]; OLG Frankfurt MMR 2001, 529 [530]). Demgemäß handelt unlauter, wer eine falsche oder unzureichende Belehrung i.S.v. § 312c Abs. 1 BGB i.V.m. § 1 Abs. 1 Nr. 10 BGB-InformationsV gibt. Bei Fernabsatzverträgen ist der Unternehmer verpflichtet, den Verbraucher klar und verständlich u.a. über die Rechtsfolgen des Widerrufs- und Rückgaberechts zu informieren. Dazu gehört eine zutreffende Aufklärung über die Kosten der Rücksendung der Ware. Nach § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB hat die Kosten der Rücksendung einer durch Paket versandten Ware grundsätzlich der Unternehmer zu tragen. Nur unter bestimmten Voraussetzungen und nur durch vertragliche Vereinbarung können die Kosten der Rücksendung dem Verbraucher auferlegt werden, § 357 Abs. 2 Satz 3 BGB. Die Belehrung der Antragsgegnerin genügt diesen gesetzlichen Anforderungen nicht. Die entsprechenden Textpassagen verstoßen zum Teil gegen den klaren Wortlaut von § 357 Abs. 2 Satz 2 BGB. Im Übrigen ist die Belehrung jedenfalls widersprüchlich und bleibt damit hinter dem in § 312c Abs. 1 Satz 1 BGB verankerten Transparenzgebot zurück.

Der angegriffene, unter der Überschrift "Widerrufsrecht nach § 361a BGB" stehende Belehrungstext enthält an zwei Passagen Äußerungen zur Frage der Rücksendekosten. Nach Informationen über Ausnahmen vom Widerrufsrecht" heißt es zunächst:

"Bei Reklamationen möchten wir Sie bitten, uns keine unfreien Pakete zu senden, da dies mit erheblichen Mehrkosten (12 EUR Strafporto) für uns verbunden ist. Diese werden grundsätzlich nicht angenommen.

Sollte tatsächlich ein Reklamationsgrund vorliegen, werden wir im Zuge der Rückabwicklung, bei Vorlage des Postbelegs, Ihnen die Portokosten zurück erstatten."

Nach Mitteilung, an welche Adresse der Widerruf zu richten ist - es werden Name und Adresse der Antragsgegnerin genannt - he...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge