Verfahrensgang
LG Hamburg (Entscheidung vom 11.12.2017) |
Tenor
1. Auf die Revisionen der Angeklagten und der Nebenbeteiligten zu 1. und zu 2. wird das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 11. Dezember 2017 im Strafausspruch sowie im Ausspruch über die Einziehung und den Verfall nach § 349 Abs. 4 StPO mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Kleine Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
3. Die weitergehende Revision der Angeklagten wird als unbegründet (§ 3a9 Abs. 2 StPO), die weitergehende Revision der Nebenbeteiligten zu 1 . als unzulässig (§ 349 Abs. 1 StPO) verworfen.
Gründe
Das Amtsgericht Hamburg hatte die Angeklagte, Geschäftsführerin der Nebenbeteiligten zu 1., wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 300 Tagessätzen zu je 10 € verurteilt, die Einziehung der "sichergestellten Asservate", unter denen sich auch Gegenstände der Nebenbeteiligten zu 2. befanden, sowie den Verfall eines Geldbetrages in Höhe von 632,10 € gegen die Nebenbeteiligte zu 1. angeordnet. Auf die hiergegen von der Angeklagten und den beiden Nebenbeteiligten unbeschränkt und von der Staatsanwaltschaft auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt geführten Berufungen hat das Landgericht mit Urteil vom 11. Dezember 2017 die Berufungen mit der Maßgabe verworfen, dass die Höhe eines Tagessatzes auf 35 € festgesetzt wurde. Hiergegen wendet sich die Angeklagte mit ihrer unbeschränkt geführten, auf mehrere Verfahrensrügen und auf die näher ausgeführte Sachrüge gestützten Revision. Die beiden Nebenbeteiligten rügen die Verletzung materiellen Rechts, wobei die Nebenbeteiligte zu 1. der Ansicht ist, dass die Aufnahme der Cannabisprodukte in die Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG verfassungswidrig und die Angeklagte freizusprechen sei. Die Nebenbeteiligte zu 2. hat die von ihr erhobene Sachrüge auf die Einziehungsentscheidung beschränkt.
A.
Das Landgericht hat im Wesentlichen folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
Die Angeklagte verkaufte in der Zeit vom 5. Juli bis zum 9. Juli 2013 als Geschäftsführerin der Nebenbeteiligten zu 1. in deren 20 qm großen Geschäftsräumen in Hamburg auf der Cannabissamen, "um sich eine dauerhafte Einnahmequelle von Gewicht zu ermöglichen" (UA S.4). Dabei nahm sie billigend in Kauf, dass die Käufer die Cannabissamen zum unerlaubten Anbau nutzen würden. Das Sortiment umfasste über 200 verschiedene Sorten von Cannabissamen und war jedenfalls teilweise bei der Nebenbeteiligten zu 2., deren Geschäftsführer der mittlerweile verstorbene Ehemann der Angeklagten war, unter Eigentumsvorbehalt erworben worden. Die Cannabissamen waren in Tüten zu je ein bis elf Stück verpackt, kosteten zwischen 20 € bis 70 € und lagen in vier herkömmlichen Warenautomaten zum Verkauf aus. Daran angebracht waren jeweils Schilder, die unter anderem den Hinweis enthielten, dass die angebotenen Produkte nicht gesetzeswidrig verwendet werden dürften. Zwei verdeckt ermittelnde Polizeibeamte erwarben am 5. Juli 2013 im Rahmen eines Scheinkaufs drei verschiedene Sorten Cannabissamen zum Gesamtpreis von 135 €. Als die Polizei am 9. Juli 2013 die Geschäftsräume der Nebenbeteiligten zu 1. durchsuchte, befanden sich in der Kasse 632,10 €.
Trotz Feststellung eines gewerbsmäßigen Handelns der Angeklagten sah die Strafkammer von der Anwendung des Strafrahmens des § 29 Abs. 3 Satz 1 BtMG ab. Die Anordnung des (erweiterten) Verfalls von Wertersatz in Höhe von 632,10 € stützt sie auf § 73 Abs. 1 und 3, §§ 73a, 73d a.F. StGB. Das Tatgericht bezieht sich im Rahmen einer Schätzung unter anderem auf die 135 €, die die Angeklagte durch den Scheinverkauf am 5. Juli 2013 erzielt hat und ist "überzeugt", dass "sogar mehr als die in der Kasse befindlichen 632,10 € aus rechtswidrigen Taten der Angeklagten erlangt" worden sind (UA S. 15). Die Einziehung der Warenautomaten stützt es auf § 74 Abs. 1, § 74a Abs. 1 StGB, die der Cannabissamen auf § 74 Abs. 1 und 2 Nr. 2 StGB sowie auf § 74a Nr. 1 StGB i.V.m. § 33 Abs. 2 Satz 1 BtMG, da "die Nebenbeteiligte zu 2. ... jedenfalls leichtfertig dazu beigetragen" hat, "dass die Cannabissamen Gegenstand einer Straftat geworden sind". Der Tenor des angefochtenen Urteils trifft keine näheren Bestimmungen zur Verfalls- und Einziehungsanordnung.
B.
Die zulässige (§§ 333, 337, 341, 344, 345 StPO) Revision der Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen war sie zu verwerfen (§ 349 Abs. 2 StPO).
I.
Den Verfahrensrügen der Angeklagten bleibt im Ergebnis der Erfolg versagt.
1. Beiden Verfahrensbeanstandungen liegt folgendes Verfahrensgeschehen zugrunde:
In Vorbereitung der Hauptverhandlung hatte der Vorsitzende der Berufungsstrafkammer den Leiter der Opiumstelle beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), ....., als Sachverständigen auf den 28. November 2017 unter anderem zu der Frage geladen, wie viele...