Leitsatz (amtlich)
I. Eine im Umgangsverfahren unzulässige Teilentscheidung liegt vor, wenn in einem Hauptsacheverfahren der Umgang nur für einen begrenzten Zeitraum von einem halben Jahr gegen den Willen der Eltern konkret geregelt wird, ohne dass für eine Fortführung des Umgangs eine konkrete Perspektive besteht.
II. Für die Anordnung einer isolierten Umgangsbegleitung gemäß § 1684 Abs. 4 S. 3 BGB fehlt es an einer gesetzlichen Regelung zur Tragung der Kosten durch die Staatskasse.
III. Zur weiteren Abschätzung der Gefährdung des Wohls der Kinder kann im Rahmen der Amtsermittlung gemäß § 474 Abs. 1 StPO Einsicht in staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten genommen werden.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Mutter wird der Beschluss des Amtsgerichts Hamburg vom 11. Juni 2021 aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht Hamburg zurückverwiesen.
II. Gerichtskosten im Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.
Gründe
I. Der Vater begehrt Umgang mit seinen beiden Söhnen.
Der 40-jährige Vater und die 34-jährige Mutter sind die geschiedenen Eltern des 7-jährigen Noah. und des 5-jährigen Elijah. Sie üben das gemeinsame Sorgerecht aus. Noah besucht die erste Klasse einer Grundschule, Elijah einen Kindergarten.
Die Kinder leben bei der Mutter. Sie ist im öffentlichen Dienst beschäftigt. Der Vater ist derzeit arbeitslos. Er lebt mit seiner Mutter und einem seiner vier Geschwister zusammen. Er hat einen weiteren inzwischen volljährigen Sohn, der bei seiner Mutter in Berlin lebt.
Die Mutter erklärt, dass die Ehe durch den Drogenkonsum des Vaters geprägt gewesen sei, der letztlich auch zur Trennung geführt habe. Der Vater habe eine Haftstrafe absolviert. Nach der ersten Schwangerschaft sei es für zwei Jahre ruhig gewesen. Der Vater leide unter Psychosen. Er habe im Jahr 2016 eine Entgiftung absolviert. Im Jahr 2018 sei er zwangsweise zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus eingewiesen worden. Ihr sei mitgeteilt worden, dass er unter einer drogeninduzierten Psychose gelitten habe. Sie wolle, dass der Vater Umgang mit seinen Kindern habe. Er müsse aber vorher einen negativen Drogentest vorlegen. Je länger der Vater drogenfrei sei, umso besser könne mit ihm kommuniziert werden. Die Kinder bräuchten Stabilität.
Der Vater meint, dass die Mutter versuche ihm die Kinder zu entfremden. Sie wolle ihm schaden. Einen Drogentest lehnt er nachdrücklich ab. Im Jahr 2018 sei er aufgrund eines zu hohen Alkoholkonsums im Krankenhaus gewesen. Er sei in einer psychischen Krise gewesen. Inzwischen habe er sich stabilisiert, lebe in einer Partnerschaft und habe sein Leben im Griff. Sein Therapeut habe ihm gesagt, dass er nicht mehr kommen müsse.
Der letzte Umgang des Vaters mit den Kindern fand im Juli 2019 statt. Im März 2020 trafen sich die Eltern zufällig auf dem Marktplatz. Es kam zu einer lautstarken und handgreiflichen Auseinandersetzung der Eltern vor den Kindern. Nach einer weiteren Auseinandersetzung im April 2020 leitete die Mutter ein Gewaltschutzverfahren ein (Az. 280 F 43/20).
Mit Schriftsatz vom 10. November 2020 bat der Vater um die Regelung des Umgangs mit seinen beiden Söhnen. Für die Kinder wurde mit Beschluss vom 16. November 2020 eine Verfahrensbeiständin bestellt. Diese regte nach einem Gespräch mit den Eltern und dem Jugendamt einen begleiteten Umgang an. Auch der vom Jugendamt eingesetzte freie Träger sprach sich für einen begleiteten Umgang aus.
In der mündlichen Erörterung am 11. Februar 2021 lehnte der Vater die Entnahme einer Haarprobe ab. Er sei ausschließlich mit Urinproben einverstanden. Die Sitzung wurde zwischenzeitlich zur Beruhigung für mehrere Minuten unterbrochen, da der Vater der Vorsitzenden ins Wort fiel und auch auf ihre lautstarken Aufforderungen nicht reagierte. Am 20. Mai 2021 hörte das Amtsgericht erneut die Eltern und am 3. Juni 2021 die Kinder in Anwesenheit der Verfahrensbeiständin an. Die Kinder äußerten, dass ihnen egal sei, ob sie ihren Vater sehen. Sie wären mit einem begleiteten Umgang einverstanden.
Mit Beschluss vom 11. Juni 2021 ordnete das Amtsgericht in der Zeit vom 27. Juni 2021 bis zum 19. Dezember 2021 einen begleiteten Umgang der Kinder mit dem Vater an. Als Begleiter wählte es den Diplom-Psychologen R. aus.
Gegen die Entscheidung wendet sich die Mutter mit ihrer Beschwerde vom 14. Juli 2021. Der Beschluss verletze ihr rechtliches Gehör, da der Vermerk über die Anhörung der Kinder der Mutter nicht vor der Entscheidung zur Stellungnahme übersandt worden sei. Beide Kinder wollten den Vater nicht sehen. Der Wille der Kinder sei zu berücksichtigen. Eine Gefährdung des Wohls der Kinder liege vor. Der Vater verschleiere bewusst das Ausmaß seiner Drogenerkrankung. Er habe es geschafft, den älteren Halbbruder der Kinder an Drogen zu bringen. Dieser sei ebenfalls drogenabhängig. Er verharmlose sein eigenes Suchtverhalten. Sie sei in der Vergangenheit von Bekannten angerufen worden, dass de...