Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert bei Beendigung eines Verlagsvertrages
Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert einer Klage, die darauf gerichtet ist, die Beendigung eines Verlagsvertrages zwischen einem Komponisten und einem Musikverlag durch Ausübung des Wahlrechts nach § 103 InsO feststellen zu lassen, muss nach den §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO geschätzt werden. Wenn der Verlagsvertrag für die gesamte Dauer der urheberrechtlichen Schutzfrist abgeschlossen ist, ist jedenfalls ein mehrjähriger Betrag der in der Vergangenheit erzielten Erträge aus der Verwertung der Kompositionen zugrunde zu legen. In Anlehnung an die gesetzlichen Bestimmungen über die Wertfestsetzung bei langjährigen Rechtsbeziehungen ist auch zu berücksichtigen, dass die Wertfestsetzung in einem sozial verträglichen Rahmen bleibt. Bei Verlagsverträgen über die Verwertung von Liedern, die mehr als zwanzig Jahre nach ihrer Entstehung noch regelmäßig hohe Erträge abwerfen, kann als Streitwert das Fünffache der in den letzten Jahren vor Klageinreichung erzielten durchschnittlichen Jahreserträge festgesetzt werden.
Normenkette
GKG § 48 Abs. 1; ZPO § 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen die Wertfestsetzung des LG Hamburg in dem Beschluss vom 27.10.2006 wird zurückgewiesen, soweit sie auf die Festsetzung eines höheren Streitwerts als insgesamt 2.350.000 EUR gem. der Abhilfeentscheidung des LG Hamburg vom 5.12.2006 gerichtet ist.
Auf die Beschwerde des Klägers werden die Beschlüsse des LG Hamburg - Zivilkammer 8 - vom 27.10. und 5.12.2006 und des Senats vom 20.12.2006 abgeändert:
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf insgesamt 1.634.000 EUR festgesetzt, und zwar auf 817.000 EUR im Verhältnis zu der Beklagten zu 1, auf 383.990 EUR im Verhältnis zu der Beklagten zu 2 und auf 433.010 EUR im Verhältnis zu der Beklagten zu 3. Die weitergehende Beschwerde des Klägers wird zurückgewiesen.
Gründe
Die Beschwerden des Klägers und der Prozessbevollmächtigten der Beklagten gegen die Wertfestsetzung durch das LG sind gem. den §§ 68, 63 Abs. 3 GKG bzw. §§ 32 Abs. 2 RVG i.V.m. §§ 68, 63 Abs. 3 GKG zulässig. Die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist unbegründet, soweit sie eine höhere Festsetzung des Streitwerts erreichen wollen, als er vom LG in der Abhilfeentscheidung vom 5.12.2006 festgesetzt worden ist. Die Beschwerde des Klägers gegen die Erhöhung des Streitwerts in der Abhilfeentscheidung des LG hat im erkannten Umfang Erfolg. Im Einzelnen:
1. Wie das LG in seinem Beschluss vom 5.12.2006 zutreffend ausgeführt hat, ist der Streitwert nach den §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO zu schätzen. Die Sondervorschriften der §§ 41, 42 GKG für Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse bzw. bestimmte wiederkehrende Leistungen sind vorliegend nicht einschlägig. Auch § 9 ZPO findet keine Anwendung, da der Gemeinschuldner die Nutzungsrechte an seinen in der Auflistung gem. Anlage K 1 aufgeführten Werken nach dem als Anlage K 10 eingereichten Vertrag dauerhaft für die gesamte gesetzliche Schutzfrist übertragen hat. Für eine solche dauerhafte Rechtsübertragung gilt § 9 ZPO nicht (Zöller-Herget, ZPO, 24. Aufl., § 9 Rz. 3).
Bei der Bewertung einer Klage, die auf die Unwirksamkeit der fristlosen Kündigung eines Verlagsvertrages und dessen Fortbestand gerichtet ist, sind nach einer Entscheidung des Kammergerichts die in der Vergangenheit erzielten Erträge und der Umstand zu berücksichtigen, dass Verlagsverträge in der Regel auf unbestimmte Zeit, praktisch auf die Lebensdauer des Urhebers und sogar noch für deren Erben geschlossen worden sind. Dementsprechend ist jedenfalls ein mehrjähriger Betrag der Erträgnisse der Wertschätzung zugrunde zu legen (KG Ufita Bd. 76,352; Schneider-Herget, Streitwertkommentar, 12. Aufl., Rz. 5553).
Vorliegend will der Kläger zwar nicht die Unwirksamkeit einer Kündigung der Verlagsverträge des Gemeinschuldners feststellen lassen, sondern im Gegenteil deren Beendigung durch Ausübung des Wahlrechts nach § 103 InsO. Auch in diesem Falle muss aber der Wert des Fortbestandes der Verträge, von denen sich der Insolvenzverwalter lösen will, aus den bisher erzielten Erträgen und der Dauer der aufgrund der Verträge noch möglichen Auswertung der urheberrechtlichen Werke gebildet werden. Hiervon ist auch das LG zu Recht ausgegangen.
2. Der Wert der in der Vergangenheit erzielten Erträge wird bestimmt durch die bisherigen Auskehrungen der Verlagsanteile, wie das LG gleichfalls zutreffend ausgeführt hat. Denn mit der Klage wollte der Insolvenzverwalter wirtschaftlich erreichen, dass diese in Zukunft der Insolvenzmasse zuflössen. Allerdings kann es insoweit nur um diejenigen Verlagsanteile gehen, die auf dem Urheberrecht des Gemeinschuldners beruhen, nicht auf dem Urheberrecht von anderen Autoren, insb. der Textdichter zu den Kompositionen des Gemeinschuldners....