Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsauslegung
Leitsatz (redaktionell)
1. Mit der für den Fall des Vorversterbens seiner Ehefrau bestimmten Erbeinsetzung der Enkeltochter einerseits und der Bedenkung der Enkeltochter mit 50 Prozen; also einem wesentlich größeren Erbteil als den übrigen Enkelkindern zugewandt, ergeben sich Anhaltspunkte, die eine durch außerhalb des Testaments festzustellende Umstände gerechtfertigte Auslegung im Testament stützen können; daraus folgt zugleich, dass das Testament keinen die Auslegung ausschließenden eindeutigen Inhalt hat.
2. Mit der Berufung eines Abkömmlings wird eine dem Erblasser im allgmeinen besonders nahestehende Person als Erbe eingesetzt, deren Wegfall zu der Frage führt, ob der Erblasser an ihrer Stelle etwa eine dem Bedachten nahestehende andere Person gesetzt hätte. Durch gegenüber anderen Abkömmlingen und Stämmen hervorgehobene Zuwendungen an diesen Abkömmling gewinnt diese Überlegung noch an Gewicht. Sie ist auch nicht auf den in § 2069 BGB besonders geregelten Fall der Ersatzberufung von Abkömmlingen eines eingesetzten Abkömmlings beschränkt und kann darüber hinaus Geltung nicht allein bei Vorhandensein von Abkömmlingen einer nahestehenden Person beanspruchen.
Normenkette
BGB §§ 2069, 2084, 2094
Verfahrensgang
LG Hamburg (Beschluss vom 06.07.1987; Aktenzeichen 507 IV-VI 689/85) |
Tenor
Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2) wird der Beschluß des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 2, vom 6. Juli 1987 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Geschäftswert wird auf DM 1.000.000,– festgesetzt.
Tatbestand
I. Der 1917 geborene Erblasser war Staatsangehöriger von Kolumbien. Er hatte seinen Wohnsitz seit langer Zeit in der Bundesrepublik Deutschland. Aus seiner ersten Ehe sind zwei 1941 geborene Söhne, die aus dem Rubrum dieses Beschlusses ersichtlichen Väter der Beteiligten zu 1), hervorgegangen. Einziges Kind aus der zweiten Ehe des Erblassers – mit der … geborenen … geborene … ist die … geborene Beteiligte zu 2).
Die zweite Ehefrau des Erblassers errichtete 1967 ein Testament, in dem sie die Beteiligte zu 2) als Erbin einsetzte, für den Fall, daß ihr Ehemann – der Erblasser – sie überleben sollte, jedoch diesen, und zwar mit dem Zusatz, daß es ihr Wunsch sei, daß ihr Ehemann in diesem Fall ein Testament zu Gunsten der Beteiligten zu 2) mache. Der Erblasser errichtete am 5. August 1981 ein Testament in spanischer Sprache, in dem es der Übersetzung zufolge heißt:
„Es ist mein Wille, daß im Falle meines Todes meine Frau … meine Universalerbin wird.
Sollte meine Frau vor mir sterben, verfüge ich, daß meine Kinder lediglich den Teil erhalten, den das Gesetz vorschreibt. Der Rest ist wie folgt aufzuteilen: 50 % an meine Enkelin … und der Rest zu gleichen Teilen an meine 3 Enkel … und … Dies ist ist ihnen bei Vollendung ihres 21. Lebensjahres auszuhändigen.”
Der Erblasser, seine Ehefrau und die Tochter der Beteiligten zu 2) sind am 24. Juli 1985 bei einem Flugzeugabsturz in Kolumbien gemeinsam ums Leben gekommen, wobei als Todeszeit für alle drei in den Urkunden entweder 5.15 Uhr oder 5.45 Uhr angegeben worden ist. Der – einstweilen mit über DM 3 Millionen bewertete – Nachlaß des Erblassers befand sich teils in der Bundesrepublik Deutschland, teils in Kolumbien. Auch die Ehefrau soll Werte von über DM 1 Billion hinterlassen haben. Der Beteiligten zu 2) ist ein Erbschein als Erbin ihrer Mutter erteilt worden.
Die Beteiligten zu 1) haben am 3. Januar 1986 einen Erbschein beantragt, der sie – kraft Anwachsung – als alleinige Erben des Erblassers zu gleichen Teilen sowie das Bestehen von Testamentsvollstreckung ausweisen soll. Dem Beteiligten zu 3) ist ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt worden. Die Beteiligte zu 2) ist der Auffassung, daß der Erblasser von ihr zu 1/2 und von den Beteiligten zu 1) zu je 1/6 beerbt worden sei, wozu die ergänzende Auslegung des Testaments fuhren müsse. Das Nachlaßgericht hat durch Beschluß vom 14. April 1986 im Wege des Torbescheids angekündigt, daß es in Anwendung deutschen Rechts einen Erbschein entsprechend dem Antrag der Beteiligten zu 1) erteilen werde. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 2) hat das Landgericht nach Einholung einer Auskunft über das Recht von Kolumbien vom Generalkonsulat von Kolumbien in Hamburg durch Beschluß vom 6. Juli 1987 zurückgewiesen.
Gegen ihn wendet sich die Beteiligte zu 2) mit der weiteren Beschwerde. Den Beteiligten zu 1) ist am 12. August 1987 vom Nachlaßgericht der beantragte Erbschein erteilt worden, und zwar mit dem Zusatz, daß er nur für die in der Bundesrepublik Deutschland befindlichen Nachlaßwerte gültig sei.
Entscheidungsgründe
II. Die weitere Beschwerde ist gem. §§ 27, 29 FGG zulässig und auch begründet. Die Entscheidung des Landgerichts beruht auf einer Verletzung des Gesetzes, §§ 27 Satz 2 FGG, 550 ZPO.
A) Das Nachlaßgericht, auf dessen Begründung in dem angefochtenen Beschluß verwiesen worden ist, hat in sei...