Leitsatz (amtlich)

Die Frage der Eilbedürftigkeit eines EV-Antrages stellt sich immer bezogen auf einen konkreten Streitgegenstand. Wesentliche Abwandlungen einer bisherigen Werbung sind keine "kerngleichen" Verstöße; die Dringlichkeitsvermutung für den jetzt gestellten Verfügungsantrag kann durch frühere andere Verletzungshandlungen nicht widerlegt werden.

 

Normenkette

UWG § 12 Abs. 2

 

Tenor

I. Das Aktivrubrum wird wie folgt berichtigt:

"r AG, vertreten durch ..."

II. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Antragsgegnerin durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

 

Gründe

1. Die Berufungsbegründung zeigt Rechtsfehler bei Feststellung der Tatsachengrundlage oder Anhaltspunkte für Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des LG nicht auf. Sie sind auch sonst nicht ersichtlich.

Zu Recht hat das LG die einstweilige Verfügung vom 5.10.2006 bestätigt, mit der der Antragsgegnerin bei Meidung von Ordnungsmitteln verboten wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs einen DSL-Anschluss im Internet

1. als "Highspeed-Netzanschluss" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn die angegebenen Übertragungsrate von bis zu 16.000 KBit/s technisch nicht bundesweit erreicht werden kann,

2. mit einer "Maximal-Speed-Garantie" mit bis zu 16.000 KBit/s zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, wenn an dem beworbenen DSL-Anschluss die Übertragungsrate von bis zu 16.000 kBit/s technisch nicht bundesweit erreicht werden kann,

3. als "Highspeed-Netzanschluss" zu bewerben und/oder bewerben zu lassen, ohne darauf hinzuweisen, dass für die Nutzung des beworbenen DSL-Anschlusses ein Telefonanschluss der Deutschen Telekom AG erforderlich ist, und wenn dies jeweils geschieht wie folgt (im Original in Farbe):

(Kopie entbehrlich)

a) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin hat das LG im Ergebnis zutreffend die Eilbedürftigkeit im Hinblick auf den Antrag zu 3 bejaht.

Die Frage der Dringlichkeit oder Eilbedürftigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellt sich immer bezogen auf einen konkreten Streitgegenstand (vgl. § 935 ZPO). Der Streitgegenstand eines Unterlassungsverfahrens wird durch das im Antrag umschriebene Klageziel und dem zu seiner Begründung vorgetragenen Lebenssachverhalt bestimmt, wobei von einem einheitlichen Lebenssachverhalt ungeachtet weiterer Erläuterungen, Berichtigungen und neuen Tatsachenvortrags auszugehen ist, wenn der Kern des in der Klage aufgeführten Lebenssachverhalts unverändert bleibt (BGH GRUR 2007, 605 [606] - Umsatzzuwachs; in der Entscheidung Markenparfümverkäufe stellt der BGH darauf ab, dass der Streitgegenstand eines Unterlassungsverfahrens nicht nur durch das im Antrag umschriebene Klageziel, sondern auch durch die konkrete(n) Verletzungshandlung(en) begrenzt wird, auf die der Antrag gestützt ist, vgl. GRUR 2006, 421, 422 Rz. 24). Bei Unterlassungsbegehren, die auf den Gesichtspunkt der Irreführung gestützt sind, wird der Klagegrund und damit der Streitgegenstand zudem wesentlich durch die konkret vom Antragsteller vorzutragende Fehlvorstellung des Verkehrs begrenzt (vgl. BGH GRUR 2007, 161 [162] - dentalästhetika II; BGH GRUR 2001, 181 [182] - dentalästhetika). Der Senat verweist ergänzend auf seine der Antragsgegnerin bereits bekannten Ausführungen im Beschluss vom 11.12.2006 (3 W 212/06, hier als Anlage AS 6 eingereicht).

Wird die konkrete Verletzungshandlung, etwa eine konkrete Anzeigenwerbung, nicht wiederholt, sondern wandelt der Verletzer die Werbung ab, dann kann für diese abgewandelte Form eine Dringlichkeit dann zu verneinen sein, wenn sich die abgewandelte Form als kerngleicher Verstoß darstellt. Ändern sich die Umstände dagegen so wesentlich, dass ein kerngleicher Verstoß nicht gegeben ist, ist Dringlichkeit anzunehmen (missverständlich wird dies z.T. als "Wiederaufleben der Dringlichkeit" bezeichnet, vgl. Hefermehl/Köhler/Bornkamm-Köhler, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl. 2007, § 12 Rz. 3.19; Harte/Henning-Retzer, UWG, § 12 Rz. 332; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl. 2007, Kap. 54 Rz. 37).

Wenn die Antragsgegnerin in der Berufungsbegründung geltend macht, dass sie - wie auch die Antragstellerin selbst - seit Jahren nicht auf einen Telefonanschluss der Deutschen Telekom AG hinweist und meint, der "Streitgegenstand, ob ein solcher Hinweis erforderlich ist", hänge nicht von konkreten werblichen Gestaltungen ab, sondern sei seit Jahren unverändert geblieben, geht sie nach alledem von einem unzutreffenden Streitgegenstandsbegriff aus. Die Antragsgegnerin hat keine Umstände substantiiert vorgetragen, aus denen sich ergibt, dass die Antragsgegnerin so wie in der Anlage AS 1 oder jedenfalls "kerngleich" bereits in dringlichkeitsschädlicher Zeit geworben, die Antragstellerin dies zur Kenntnis genommen und dennoch nicht angegriffen hat.

b) Das Vorgehen der Antragstellerin ist auch nicht rechtsmissbräuchlich.

Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin kommt es insoweit nicht darauf an, ob ein billigenswerter Grund gegeben ...

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