Verfahrensgang
AG Hamburg-Altona (Aktenzeichen 353 F 325/12) |
Tenor
1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
2. Von einer Erhebung von Kosten wird abgesehen. Die außergerichtlichen Kosten werden nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
4. Der Verfahrenswert wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der beteiligte Vater und die beteiligte Mutter sind Eltern des Kindes L., geb. ... 2004. Sie üben die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind aus und leben getrennt voneinander. L. wohnt bei ihrer Mutter. Mit Schreiben vom 4.10.2012 stellte der Vater zusammen mit seiner Mutter Strafanzeige gegen die Kindesmutter und deren Lebensgefährten wegen des Anfangsverdachts einer Straftat zu Lasten des Kindes gem. § 223 StGB und § 171 StGB. Die Kindesmutter und ihr Lebensgefährte würden L. vernachlässigen und jedenfalls vom Lebensgefährten der Mutter würde L. auch misshandelt werden. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin mit Verfügung vom 17.1.2012 beim AG Hamburg-Altona - Familiengericht - im Wege der einstweiligen Anordnung eine Ergänzungspflegschaft für das Kind zur Wahrnehmung seiner Interessen im Ermittlungsverfahren einzurichten. Der Aufgabenkreis der Ergänzungspflegschaft solle insbesondere die Entscheidung über die Inanspruchnahme des Zeugnisverweigerungsrechts (§ 52 Abs. 2 StPO), die Erteilung einer ärztlichen Schweigepflichtentbindung, die Erklärung des Anschlusses als Nebenkläger und die Stellung eines Strafantrages gem. § 77 Abs. 3 StGB umfassen. Mit Beschluss vom 25.10.2012 hat das Familiengericht wie beantragt eine Ergänzungspflegschaft angeordnet und als Ergänzungspfleger das Jugendamt des Bezirksamtes Eimsbüttel ausgewählt. Eine Kostenentscheidung enthält der Beschluss nicht. Ebenso wenig enthält der Beschluss konkrete Angaben dazu, ob das Familiengericht wie beantragt im Wege der einstweiligen Anordnung oder in der Hauptsache entschieden hat. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Beschlusses wird allerdings über die einmonatige und nicht zweiwöchige Beschwerdefrist belehrt.
Das Familiengericht hat vor Erlass des Beschlusses weder die Eltern noch das Kind noch das Jugendamt angehört. Der Beschluss ist der Mutter am 30.10.2012 zugestellt worden.
Mit ihrer beim Familiengericht am 9.11.2012 eingegangener Beschwerde wendet sich die Mutter gegen die angeordnete Einsetzung der Ergänzungspflegschaft. Sie rügt, dass der Beschluss verfahrensfehlerhaft ohne ihre Anhörung ergangen sei und auch ansonsten die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft nach materiellem Recht nicht vorgelegen hätten. Es habe in Bezug auf das Zeugnisverweigerungsrecht des Kindes vorab geprüft werden müssen, ob das Kind überhaupt aussagebereit sei. Fehle es hieran, komme die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft nicht in Betracht. Hinsichtlich der Ergänzungspflegerbestellung für die ärztliche Schweigepflichtsentbindung fehle es an konkreten Feststellungen dazu, dass das Kind nicht reif genug sei, um über die Schweigepflichtsentbindung selbst zu entscheiden. Eine Ergänzungspflegschaft für den Anschluss als Nebenkläger habe es deswegen nicht bedurft, weil noch gar keine Anklage erhoben worden sei. Die Einrichtung der Pflegschaft stelle insoweit eine unzulässige "Vorratspflegschaft" dar. Da die angezeigten Delikte Offizialdelikte seien, bestehe auch kein Bedarf für die angeordnete Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft zur Stellung eines Strafantrags.
Die Kindesmutter beantragt, den Beschluss aufzuheben, hilfsweise die Sache zur weiteren Tatsachenfeststellung zurückzuverweisen.
Die Staatsanwaltschaft und der Kindesvater beantragen, die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Staatsanwaltschaft meint, aus dem Wortlaut des § 52 StPO folge nicht, dass vor Einsetzung einer Ergänzungspflegschaft die Aussagebereitschaft des Kindes festzustellen sei. Zwar setze trotz Zustimmung des Ergänzungspflegers die Vernehmung des Kindes dessen Aussagebereitschaft voraus, die Vorabprüfung der Aussagebereitschaft des Kindes würde aber zu belastenden Mehrfachvernehmungen des Kindes führen und könne Beweismittelverluste zur Folge haben.
Auch der Pfleger ist der Auffassung, dass die Einrichtung der Ergänzungspflegschaft zu Recht erfolgt sei. Da sich die Eltern in einem Interessenkonflikt befänden, sei die Ergänzungspflegschaft notwendig. Es handele sich nicht um einen Eingriff in die elterliche Sorge im klassischen Sinne, weshalb die für die Einrichtung einer Ergänzungspflegschaft notwendigen Anforderungen niedriger seien.
II. Die Beschwerde der Mutter ist zulässig (1.) aber sowohl im Haupt- als auch Hilfsantrag unbegründet (2.).
1.) Die Beschwerde ist zulässig. Die Zulässigkeit der Beschwerde scheitert nicht an § 57 S. 2 FamFG. Nach dieser Norm sind im Wege der einstweiligen Anordnung ergangene Entscheidungen nur dann anfechtbar, wenn sie aufgrund mündlicher Verhandlung ergangen sind, was vorliegend nicht der Fall ist. Bei dem angefochtenen Beschluss handelt es sich aber nicht um eine einstweilige Anordnung sondern eine Entscheidung in der Haupt...