Leitsatz (amtlich)

Zuständig für die Bewährungsaufsicht bei Einbeziehung einer (teilweise) vollstreckten Freiheitsstrafe in eine nachträglich gemäß § 55 StGB gebildete Gesamtfreiheitsstrafe ist unabhängig davon, ob die Vollstreckung der Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, grundsätzlich gemäß § 462a Abs. 2 S. 1 StPO das Gericht des ersten Rechtszuges. Die aus der voraufgegangenen (Teil-)Vollstreckung der einbezogenen Freiheitsstrafe gemäß § 462a Abs. 1 S. 2 StPO folgende (Fortwirkungs-)Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer endet mit Rechtskraft der Gesamtstrafenentscheidung.

 

Tenor

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Düsseldorf wird das Amtsgericht Hamburg-St.Georg als das für die Bewährungsaufsicht aus dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 13. September 2007 - Gesch.-Nr.: 1 KLs 50 Js 205/05 (12/06) - zuständige Gericht bestimmt.

 

Gründe

I. 1. Das Landgericht Düsseldorf hat am 13. September 2007 gegen den Verurteilten wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zum Betrug in achtzehn Fällen sowie wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit Beihilfe zum versuchten Betrug in zwei Fällen unter Einbeziehung der Einzelstrafen aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg vom 6. September 2004, mit dem gegen den Verurteilten u.a. wegen gewerbsmäßiger Hehlerei eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren drei Monaten festgesetzt worden war, auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren erkannt. In dem die Gesamtfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Hamburg betreffenden Verfahren hatte das Hanseatische Oberlandesgericht in Hamburg am 22. Februar 2007 auf die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen eine die Strafrestaussetzung gemäß § 57 StGB ablehnende Entscheidung des Landgerichts Hamburg, Strafvollstreckungskammer, die Vollstreckung des Strafrestes zur Bewährung ausgesetzt; der Verurteilte war aus der Strafhaft entlassen worden.

Nach Eintritt der Rechtskraft seines Urteils am 13. September 2007 hat das Landgericht Düsseldorf am selben Tag die Vollstreckung des Restes der erkannten Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren zur Bewährung (gemeint: gemäß § 57 StGB) ausgesetzt, die Bewährungszeit auf drei Jahre bestimmt, dem Verurteilten eine Weisung erteilt und ihn "der Aufsicht eines ... Bewährungshelfers unterstellt".

2. Mit Beschluss vom 4. Dezember 2007 hat das Landgericht Düsseldorf die Bewährungsaufsicht einschließlich der nachträglich zu treffenden Entscheidungen (§ 453 StPO) gemäß § 462 a Abs. 2 S. 2 StPO an das Amtsgericht Hamburg-St.Georg abgegeben, da der Verurteilte in dessen Bezirk seinen Wohnsitz hatte. Das Amtsgericht Hamburg-St.Georg übte die Bewährungsaufsicht zunächst aus. Nach vorausgegangener Auseinandersetzung mit dem Landgericht Düsseldorf erklärte es sich mit Beschluss vom 14. August 2009 für unzuständig, weil mit Strafantritt in der einbezogenen Sache die Zuständigkeit der Strafvollstreckungskammer begründet worden sei, die gemäß § 462 a Abs. 1 S. 2 StPO bestehen bleibe; dem stehe die Einbeziehung durch das Urteil vom 13. September 2007 nicht entgegen, da auch ein Teil der neuen Gesamtstrafe verbüßt sei.

Das Landgericht Düsseldorf hat mit Beschluss vom 25. August 2009 den Bundesgerichtshof um Bestimmung des für die nach § 453 StPO zu treffenden Entscheidungen zuständigen Gerichts ersucht; das Amtsgericht Hamburg-St.Georg sei auf Grund der vollständigen und bindenden Abgabe der Bewährungsaufsicht durch das gemäß § 462 a Abs. 2 S. 1 StPO zuständige erkennende Gericht sachlich und örtlich zuständig (§ 462 a Abs. 2 S. 2 StPO). Mit Beschluss vom 16. Dezember 2009 hat der Bundesgerichtshof diesen Antrag abgelehnt, da für die Führung der Bewährungsaufsicht entweder das Amtsgericht Hamburg-St.Georg oder das Landgericht Hamburg, Strafvollstreckungskammer, zuständig sei, aber bisher kein Übernahmeersuchen an das Landgericht Hamburg gestellt worden sei, und darauf hingewiesen, dass bei einer Ablehnung der Übernahme der Bewährungsaufsicht durch das Landgericht Hamburg eine Entscheidung durch das Hanseatische Oberlandesgericht als gemeinschaftliches oberes Gericht gemäß § 14 StPO herbeizuführen sein werde.

Das Landgericht Hamburg, Strafvollstreckungskammer, hat am 19. Februar 2010 die Übernahme der Bewährungsaufsicht abgelehnt. Daraufhin hat am 15. März 2010 die Staatsanwaltschaft Düsseldorf um eine Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts über die Zuständigkeit nach § 14 StPO ersucht. Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg sieht eine Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg-St.Georg als gegeben; der nach wie vor in dessen Bezirk wohnhafte Verurteilte hat beantragt, die Bewährungsaufsicht bei diesem Amtsgericht zu belassen.

II. Die Vorlage der Sache an das Hanseatische Oberlandesgericht zum Zwecke der Bestimmung des zuständigen Gerichts ist zulässig (§§ 14, 19 StPO).

Es besteht ein negativer sachlicher Zuständigkeitsstreit zwischen zwei verschiedenen Gerichten, die sich beide durch Beschlüsse als für die zu treffenden Entscheidungen unzuständig erklärt haben. Ein anderer Auswe...

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