Verfahrensgang
AG Hamburg (Entscheidung vom 26.09.2003; Aktenzeichen FamG - - Urteil - 270 F 218/02) |
Gründe
Dem Beklagten ist Prozesskostenhilfe bewilligt worden, denn die im Streitfall bedeutsamen Rechtsfragen sind bislang höchstrichterlich nicht entschieden und es wäre nicht angemessen, den Zugang zur Revisionsinstanz im Vorfeld abzuschneiden.
Der Beklagte wird jedoch darauf hingewiesen, dass seine Berufung nach Auffassung des Senats keine hinreichende Aussicht auf Erfolg verspricht, wofür vornehmlich folgende Gründe maßgebend sind:
1. Der Bedarf der Klägerin mit 1.612 Euro monatlich, entsprechend ihrem vor der Geburt des nichtehelichen Kindes der Parteien erzielten Erwerbseinkommen, ist maßgeblich, denn der Beklagte kann gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht mit seiner erstmals im Berufungsrechtszug aufgestellten Behauptung durchdringen, dass die Klägerin entgegen ihrem erstinstanzlich unwidersprochen gebliebenen Vortrag Werbungskosten gehabt habe, die zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs vor der Geburt des Kindes nicht zur Verfügung gestanden hätten.
Die Berücksichtigung eines Erwerbstätigenbonus von 1/7 bei der Bemessung des Unterhaltsbedarfs der Klägerin nach § 1615 l BGB kommt nicht in Betracht, denn eine Berücksichtigung widerspräche dem Zweck dieser Rechtsfigur. Der Bonus wird zugunsten des Erwerbstätigen gewährt, indem ein Teil der - tatsächlich erzielten - Erwerbseinkünfte zwecks Abgeltung eines mit der Berufsausübung verbundenen höheren Aufwandes und zur Schaffung eines Anreizes zur Erwerbstätigkeit unberücksichtigt bleibt. Vorliegend erhält die Klägerin ihr vor der Geburt des gemeinsamen Kindes erzieltes Einkommen aber gerade nicht mehr, so dass ihr der Erwerbstätigenbonus im Rahmen einer Unterhaltsberechnung auch nicht verbliebe.
2. Die Einkünfte der Klägerin schmälern ihren Bedarf grundsätzlich nicht.
a) Die auf zwanzig Wochenstunden beschränkte Erwerbstätigkeit der Klägerin als Sozialversicherungsfachangestellte ist entgegen der Auffassung des Beklagten überobligatorisch.
Der Zumutbarkeitsmaßstab gemäß § 1615 l Abs. 2 Satz 2 BGB für die Obliegenheit zur Erwerbstätigkeit trotz Betreuung eines kleinen Kindes ist wegen des insoweit mit § 1570 BGB übereinstimmenden Wortlauts der gleiche, wie beim Kinderbetreuenden Ehegatten nach Scheidung (vgl. Wendel/Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl., § 6 Rdn. 763; Heiß/Heiß, Unterhaltsrecht, Loseblattsammlung Stand 2003, 14.37; Wever/Schilling, FamRZ 2002, 581, 586), denn es entsprach dem Willen des Gesetzgebers, mit der Angleichung des § 1615 l BGB an § 1570 BGB die Betreuungssituation nichtehelicher Kinder in den ersten drei Lebensjahren zu verbessern und derjenigen von ehelichen Kindern gleichzustellen. Wie beim nachehelichen Unterhalt wegen Kindesbetreuung ist daher im jeweiligen Einzelfall zur Erwerbsobliegenheit eine umfassende Abwägung nach objektiven Kriterien vorzunehmen, wobei insbesondere die persönlichen Verhältnisse des Berechtigten, die Betreuungsbedürftigkeit des Kindes und die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern eine besondere Rolle spielen (BGH, FamRZ 1985, 50; 1989, 487; 1990, 283, 286). Beengte wirtschaftliche Verhältnisse des Pflichtigen sprechen zwar eher für eine frühzeitige Verpflichtung zur Arbeitsaufnahme (OLG Hamm, FamRZ 1997, 1073). Bei sehr kleinen Kindern ist der Mutter eine Erwerbstätigkeit im Zweifel jedoch nicht zuzumuten (Wendel/Pauling, aaO., § 6 Rdn. 763 m.w.N.), vielmehr wird der Mutter eines ehelichen Kindes eine Teilerwerbstätigkeit erst ab dem 8. Lebensjahr des Kindes angesonnen (BGH, FamRZ 1985, 1245, 1246; 1992, 1045; 1995, 291; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 8. Aufl., Rdn. 403 m.w.N.). Der Umstand, dass ein Dritter das Kind zeitweise freiwillig betreut, begründet keine Erwerbsobliegenheit, weil nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht angenommen werden kann, dass dies geschieht, um dem betreuenden Elternteil eine den Verpflichteten entlastende Erwerbstätigkeit zu ermöglichen (BGH, FamRZ 1987, 252; Wendel/Pauling, aaO., § 4 Rdn. 70; Büttner, FamRZ 2000, 781, 783; Heiß/Heiß, aaO., 14.38).
Der Einwand des Beklagten, die Teilzeittätigkeit der Klägerin sei zumutbar, weil es dem gemeinsamen Lebensplan der Parteien entsprochen habe, dass die Klägerin ein Jahr nach der Geburt des Kindes wieder arbeiten solle, ist unbegründet. Die Parteien lebten lediglich für die Dauer von etwa drei Monaten vor der Geburt des Kindes in eheähnlicher Lebensgemeinschaft zusammen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Bezugnahme auf einen gemeinsamen Lebensplan nicht gerechtfertigt, weil vor der Geburt des Kindes die Belastung der Klägerin mit Betreuungsaufgaben, die trotz Fremdbetreuung durch die Eltern der Klägerin während der berufsbedingten Abwesenheit der Klägerin verbleibt, nicht abschätzbar ist und der Beklagte sich auf die Umsetzung des Plans daher nicht verlassen konnte, zumal der Plan keine rechtlich verlässliche Grundlage hatte, da die Parteien nicht miteina...