Leitsatz (amtlich)

Wird ein Arzneimittel mit einer der Zulassung nicht entsprechenden Dosierung beworben, liegt eine über den Zulassungsstatus hinaus gehende Werbung vor, die gegen § 3a HWG verstößt. Durch die Bruchrille auf der Tablette wird zumindest mittelbar ausgelobt, die Tablette sei entspr. der Zulassung teilbar und es gäbe (auch) die Dosierung von einer halben Tablette. Das entspricht nicht den Zulassungsunterlagen, die zugelassene Dosierung von 1–2 Tabletten enthält nicht auch die dazwischen liegende Dosierung von 1 1/2, und demgemäß auch nicht von einer halben Tablette.

 

Normenkette

HWG § 3a; UWG § 1

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Aktenzeichen 315 O 32/02)

 

Tenor

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren zunächst auf 500.000 Euro festgesetzt, von der Erledigungserklärung an bemisst er sich nach den bis dahin entstandenen Kosten.

 

Gründe

Nachdem die Parteien (die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 20.11.2002 und die Antragsgegnerin in Vorwegnahme mit Schriftsatz vom 18.11.2002) den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist nur noch gem. § 91a ZPO über die Kosten zu entscheiden, und zwar ohne mündliche Verhandlung (§ 91a Abs. 1 S. 2 ZPO).

Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten des Verfahrens insgesamt der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Die Berufung der Antragstellerin hätte voraussichtlich Erfolg gehabt und zum Neuerlass der einstweiligen Verfügung geführt.

Der zulässige Verfügungsantrag gem. der Beschlussverfügung des LG war nach Auffassung des Senats ursprünglich begründet, er ist erst durch die dem Verbotsausspruch der Beschlussverfügung entsprechende, ggü. der Antragstellerin während der zweiten Instanz abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung der Antragsgegnerin unbegründet geworden.

I. Die Parteien vertreiben Arzneimittel, und zwar u.a. verschreibungspflichtige sog. Rezeptoren-Blocker (Beta- Blocker) und stehen miteinander im Wettbewerb.

Die Antragsgegnerin vertreibt das Generika-Arzneimittel „Mz- … 100 mg -” und – „200 mg retard”. Sie bringt das Mittel in Tabletten, die mit einer Bruchrille versehen sind, auf den Markt (Anlage ASt 5).

Das LG hatte mit dem Urteil vom 13.2.2002 seine einstweilige Beschlussverfügung vom 24.1.2002, mit der der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden ist, das Arzneimittel Mz-… 100 mg und 200 mg retard in der Darreichungsform einer Tablette, die mit einer Bruchrille versehen ist, in den Verkehr zu bringen, aufgehoben und den auf ihren Erlass gerichteten Antrag zurückgewiesen, und zwar einschl. des in der Widerspruchsverhandlung gestellten Hilfsantrages (Bl. 32).

Hiergegen hatte sich die Berufung der Antragstellerin gerichtet, mit der sie ihren Verfügungsantrag gem. der Beschlussverfügung weiterverfolgt hatte, und zwar einschl. des Hilfsantrages (Bl. 91).

Mit Schriftsatz vom 18.11.2002 hat die Antragsgegnerin die strafbewehrte Verpflichtungserklärung entspr. der Beschlussverfügung abgegeben (Bl. 113). Daraufhin haben die Parteien übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

II. Der Unterlassungsantrag gem. der Beschlussverfügung war nach Auffassung des Senats ursprünglich – unbeschadet der Anwendbarkeit weiterer Vorschriften – aus § 1 UWG, § 3a HWG begründet.

1. Nach § 3a HWG ist die Werbung für ein Arzneimittel, das der Pflicht zur Zulassung unterliegt und nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen ist, unzulässig; hierzu gehört auch die Werbung für ein zugelassenes Arzneimittel bezüglich weitergehender, vom arzneimittelrechtlichen Zulassungsstatus nicht abgedeckter Indikationen. Denn in diesem Bereich fehlt es – wie bei einem insgesamt nicht zugelassenen Arzneimittel – an der medizinisch-pharmakologischen Überprüfung durch die Zulassungsbehörde.

Der Wortlaut der in der Zulassung wiedergegebenen Anwendungsgebiete bestimmt insoweit den rechtlichen Rahmen der Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels, für nicht zugelassene Indikationen darf nicht geworben werden. Mit § 3a HWG soll potentiellen Irreführungsgefahren auch hinsichtlich des Umfangs der medizinisch-pharmakologischen Überprüfung der Verkehrsfähigkeit und daraus resultierender Gesundheitsgefahren vorgebeugt werden (Doepner, Heilmittelwerbegesetz, 2. Aufl., § 3a HWG, Rz. 11 m.w.N.). Die gleichen Grundsätze müssen gelten, wenn ein Arzneimittel mit einer nicht der Zulassung entsprechenden Dosierung beworben wird. Für die Zulassung eines Arzneimittels sind dem Zulassungsantrag die in § 22 Abs. 1 AMG aufgeführten Angaben beizufügen, hierzu gehört nach § 22 Abs. 1 Nr. 10 AMG die Dosierung, auch über diese Angabe wird im Wege der Zulassung entschieden. Nach § 29 AMG ist eine Änderung der Dosierung anzeige- und zustimmungspflichtig.

2. Mit dem Vorhandensein der beanstandeten Bruchrille auf der Tablette „Mz-… 100 mg retard” und - „200 mg retard” wird jedenfalls mittelbar ausgelobt, die Tablette sei entspr. der arzn...

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