Verfahrensgang

LG Hamburg (Entscheidung vom 28.06.2010; Aktenzeichen 3 Ws 96/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Hamburg, Große Strafkammer 9 als Strafvollstreckungskammer, vom 28.06.2010, mit dem die ihm durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 07.02.2006 bewilligte Reststrafenaussetzung widerrufen wurde, wird auf seine Kosten verworfen.

 

Gründe

I. Das Landgericht Hamburg verurteilte den Beschwerdeführer am 26.01.2004 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 6 Monaten wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 2 Fällen und wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge unter Einbeziehung der durch Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 29.05.2001 verhängten Freiheitsstrafe sowie zu einer weiteren Strafe von 2 Jahren wegen Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge.

Mit Beschluss vom 07.02.2006 setzte die Strafvollstreckungskammer die Vollstreckung der Reststrafen zum Zweidrittelzeitpunkt aus und bestimmte die Bewährungszeit auf drei Jahre. Sie wurde mit Beschluss vom 11.09.2007 um ein Jahr bis zum 23.02.2010 verlängert, weil das Amtsgericht Hamburg-Barmbek gegen den Beschwerdeführer mit Strafbefehl vom 10.07.2007 eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen wegen Beleidigung verhängte.

Am 29.12.2008 erließ das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek einen Strafbefehl mit Geldstrafe von 30 Tagessätzen wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis gegen ihn. Deswegen, wegen des Vorwurfes des Weisungsverstoßes und weil weitere Anklagen gegen den Beschwerdeführer vorlagen, leitete die Strafvollstreckungskammer das Widerrufsverfahren ein. Nachdem er wegen Straftaten zum Nachteil von Banken in Luxemburg festgenommen und nach Deutschland ausgeliefert worden war, führte die Strafvollstreckungskammer am 04.02.2010 eine mündliche Anhörung durch, stellte die Entscheidung aber zunächst zurück, um das Ergebnis des laufenden Strafverfahrens abzuwarten.

Das Amtsgericht Hamburg-Altona verurteilte ihn am 15.04.2010 - rechtskräftig am selben Tag - wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßiger Urkundenfälschung in 7 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren und 8 Monaten.

Die Strafvollstreckungskammer widerrief daraufhin mit dem angefochtenen Beschluss vom 28.06.2010 die Reststrafaussetzung wegen der erneuten Straffälligkeit des Beschwerdeführers.

Hiergegen richtet sich die fristgerecht sowohl von ihm als auch von seinem Verteidiger eingelegte sofortige Beschwerde. Zur Begründung wird geltend gemacht, dass die Auslieferung des Verurteilten aus Luxemburg nur wegen des dem Urteil des Amtsgericht Hamburg-Altona vom 15.04.2010 zugrunde liegenden Strafverfahrens erfolgt sei. Ein Bewährungswiderruf bezüglich eines anderen Verfahrens dürfe wegen des Spezialitätsgrundsatzes deshalb nicht erfolgen. Der Widerrufsbeschluss sei zudem unverhältnismäßig und nicht hinreichend bestimmt. Auch hätte der Verurteilte nach Vorliegen des Urteils des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 15.04.2010 nochmals angehört werden müssen.

Die Generalstaatsanwaltschaft hat die Verwerfung der Beschwerde beantragt.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Das Landgericht hat die durch Beschluss vom 07.02.2006 bewilligte Reststrafaussetzung zur Bewährung zu Recht gemäß § 56f Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB widerrufen.

1. Das Widerrufsverfahren weist keine durchgreifenden Fehler auf.

a) Soweit dem Beschwerdeführer nach der Verkündung des Urteils des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 15.04.2010 nicht erneut rechtliches Gehör angeboten worden ist, ist das rechtliche Gehör jedenfalls im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nachgeholt worden. Einer mündlichen Anhörung bedurfte es ohnehin nicht.

b) Die Widerrufsentscheidung konnte auch noch nach Ablauf der Bewährungsfrist erfolgen, da der Beschwerdeführer auf diese Möglichkeit im Rahmen seiner Anhörung vom 04.02.2010 hingewiesen wurde und der zwischen Ablauf der Bewährungsfrist am 23.02.2010 und der Widerrufsentscheidung vom 28.06.2010 liegende Zeitraum relativ kurz war (vgl. näher dazu Fischer, aaO., § 56f Rz. 19 und zuletzt BVerfG, Beschluss vom 08.06.2009, Az. 2 BvR 847/09, zitiert nach juris).

c) Der angegriffene Beschluss ist auch hinreichend bestimmt. Dem Beschwerdeführer ist die gegen ihn mit Urteil des Landgerichts Hamburg vom 26.01.2004 verhängte Strafe bekannt, und er weiß auch, dass er sie erst zu 2/3 verbüßt hat.

2. Der Widerruf der Bewährung war nach § 56f Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB zwingend geboten. Der Verurteilte hat während der Bewährungsfrist, die bereits verlängert werden musste, nicht nur eine, sondern ausweislich des amtsgerichtlichen Urteils vom 15.04.2010 über einen längeren Zeitraum eine ganze Serie von Straftaten von nicht unerheblichem Gewicht und unter Aufwendung beachtlicher krimineller Energie begangen. Mildere Mittel als ein Widerruf der Bewährung kamen bei dieser Sachlage nicht...

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