Verfahrensgang

LG Hamburg (Beschluss vom 30.10.2008; Aktenzeichen 605 Vollz 187/08)

 

Tenor

1. Auf die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Landgerichts Hamburg - Große Strafkammer 5 als Strafvollstreckungskammer - vom 30.10.2008 aufgehoben.

2. Der Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung wird als unbegründet verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen der Beteiligten beider Instanzen zu tragen.

4. Der Gegenstandswert wird auf Euro 131,97 festgesetzt.

5. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Aussetzung des Vollzugs des angefochtenen Beschlusses ist gegenstandslos.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführer befindet sich gegenwärtig im Vollzug von Sicherungsverwahrung. Mit Schreiben vom 02.09.2008 erklärte die JVA auf Ersuchen der Justizkasse Hamburg gegenüber dem Anspruch des Beschwerdeführers auf Auszahlung des angesparten Eigengeldes in Höhe von Euro 131,97 die Aufrechnung mit einer Gerichtskostenforderung in Höhe von Euro 25.429,70. Das nach § 49 Abs. 1 HmbStVollzG festgesetzte Überbrückungsgeld des Beschwerdeführers war zum Zeitpunkt der Aufrechnungserklärung bereits in voller Höhe angespart.

Den gegen die Aufrechnungserklärung gerichteten Widerspruch des Beschwerdeführers wies die JVA mit der Begründung zurück, es handele sich bei der Abführung von Eigengeld nicht um eine Maßnahme im Sinne von § 109 StVollzG, weil die JVA hierbei lediglich als Drittschuldnerin tätig geworden sei, selbst aber keine Vollzugsmaßnahme getroffen habe.

Den Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung vom 15.10.2008, mit dem er die Verpflichtung der JVA begehrte, sämtliche künftige Aufrechnungsersuchen der Justizkasse gegenüber seinem Anspruch auf Auszahlung des Eigengeldes nicht mehr auszuführen und alles bisher abgebuchte Eigengeld seit der Aufrechnungserklärung vom 02.09.2008 wieder seinem Eigengeldkonto gutzuschreiben, wies die Strafvollstreckungskammer mit Beschluss vom 30.10.2008 unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheids als unzulässig zurück. Ergänzend führte sie aus, die Einwendungen des Beschwerdeführers seien auch sachlich nicht begründet, da die §§ 850c, 850k ZPO keine Anwendung fänden.

Mit seiner Rechtsbeschwerde vom 04.12.2008 wendet sich der Beschwerdeführer gegen diese Entscheidung und den vorangegangenen Widerspruchsbescheid. Mit ihr rügt er die Verletzung formellen und materiellen Rechts und beantragt neben den wiederholt gestellten Verpflichtungsanträgen "hilfsweise", die Aussetzung der erlassenen Anstaltsmaßnahme der Aufrechnungen am 02.09.2008 bis zu einer erneuten Entscheidung in der Hauptsache gemäß § 114 Abs. 2 S. 1 StVollzG auszusetzen.

Er ist der Auffassung, die Aufrechnung seitens der Beschwerdegegnerin mit seinem vollen Eigengeldanspruch aus Gefangenenarbeit verstoße gegen § 50 Abs. 2 Satz 3 HmbStVollzG, gegen das Besserstellungsgebot der §§ 96, 97 HmbStVollzG, das Resozialisierungsgebot sowie die Gebote des Vertrauensschutzes, der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung. Hierzu bringt er vor, zur Bestreitung seiner Mindestlebensbedürfnisse als Sicherungsverwahrter reiche das ihm nunmehr ausschließlich zur Verfügung stehende Hausgeld in Höhe von monatlich Euro 104,97 nicht aus.

II. Soweit die Rechtsbeschwerde die Verletzung förmlichen Rechts rügt, ist sie unzulässig, weil sie entgegen § 118 Abs. 2 Satz 2 StVollzG nicht ausgeführt wird.

Im Übrigen ist die Rechtsbeschwerde formgerecht, insbesondere ist sie fristgemäß eingelegt worden und genügt auch den besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 116 Abs. 1 StVollzG, weil eine Überprüfung der landgerichtlichen Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten ist.

Die Rechtsbeschwerde ist insoweit begründet, als das Landgericht den Rechtsweg für das gerichtliche Verfahren nach §§ 109 ff. StVollzG als nicht eröffnet angesehen hat (dazu unter 1.). Darüber hinaus hat die Rechtsbeschwerde in der Sache allerdings keinen Erfolg (dazu unter 2.).

1. Zu Unrecht sind die JVA und die Strafvollstreckungskammer davon ausgegangen, dass der Rechtsweg nach §§ 109 ff. StVollzG nicht eröffnet ist.

a) An einer erneuten Entscheidung über die Rechtswegzuständigkeit sieht sich der Senat (ebenso OLG Nürnberg, ZfStrVo 1999, 302; OLG Saarbrücken, NJW 1994, 1423) nicht durch § 17a Abs. 5 GVG gehindert. Fraglich ist schon, ob die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer als Hauptsacheentscheidung im Sinne dieser Vorschrift anzusehen ist. Jedenfalls ist die vorliegende Konstellation nicht von § 17a Abs. 5 GVG erfasst: Ausweislich der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 11/7030, S. 36 f.) soll die Vorschrift lediglich verhindern, dass das Rechtsmittelverfahren mit dem Risiko eines später erkannten Mangels des gewählten Rechtswegs belastet wird. Nach diesem Sinn und Zweck der Vorschrift ist das Rechtsmittelgericht danach nur an einer eigenen Prüfung des Rechtsweges gehindert, wenn in der erstinstanzlichen Entscheidung der Rechtsweg bejaht wurde. Die Situation, das...

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