Entscheidungsstichwort (Thema)

Kaminöfen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei abweichenden Produktkategorien (hier: Kaminöfen einerseits, Dekorationsgegenstände andererseits) kommt es für die Frage einer (vorherigen) Offenbarung i.S.v. § 5 Satz 1 GeschmMG auf die Kenntnis der "Fachkreise des betreffenden Sektors" des jüngeren (Kaminöfen), nicht auf diejenigen des älteren, als neuheitsschädlich geltend gemachten Musters (Dekorationsgegenstände) an.

2. Die zu Art. 7 Abs. 1 GGV vertretene gegenteilige Auffassung des High Court of Justice sowie des Supreme Court für England und Wales - welcher der Senat nicht folgt - ist demgegenüber maßgeblich von einem absolut-objektiven Neuheitsbegriff geprägt, der zwar dem Patentrecht, nicht aber dem Geschmacksmusterrecht zugrunde liegt.

3. Im Anwendungsbereich des Geschmacksmusterrechts kommt angesichts der ausdrücklichen Regelung des § 45 GeschmMG eine allgemeine Aufbrauchsfrist in der Regel nicht in Betracht.

 

Normenkette

GeschmMG § 2 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 1, §§ 5, 11 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 3, § 45; GGV Art. 7

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 07.09.2007; Aktenzeichen 308 O 128/07)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 8, vom 7.9.2007, 308 O 128/07, abgeändert.

I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes i.H.v. bis zu EUR 250.000, ersatzweise Ordnungshaft, oder für den Fall, dass das Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, für die Beklagte zu 1) zu vollziehen an ihren Geschäftsführern, zu unterlassen, nachfolgend abgebildete Kaminöfen gewerbsmäßig herzustellen, zu bewerben, anzubieten und/oder zu vertreiben:

[[es folgt die Abbildung des Kaminofenmodells von Bl. 2a d.A.]]

II. Die Beklagten werden verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen, in welchem Umfang die vorstehend unter Ziff. 1. bezeichneten Handlungen begangen worden sind, und zwar unter Angabe von Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, der Menge der ausgelieferten Produkte, aufgeschlüsselt nach Lieferzeiten und -preisen, der betriebenen Werbung sowie der nach einzelnen Kostenfaktoren aufgeschlüsselten Gestehungskosten und des erzielten Gewinns.

III. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr durch die in Ziff. 1. genannten Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 63.000 EUR abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von den Beklagten Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz sowie ein Verbot der Herstellung und des Vertriebs des im Tenor wiedergegebenen Kaminofenmodells "Kaskade 6 bzw. 8" wegen Verletzung eines zugunsten der Klägerin eingetragenen Geschmacksmusters und wegen unlauteren Wettbewerbs.

Die Klägerin ist ein Unternehmen, das Kaminöfen herstellt und vertreibt. Zu ihrer Produktreihe zählen die Kaminofenmodelle HARK 34 und HARK 47, wie sie auf den Seiten 20, 21 und 32 ihres als Anlage K 1 eingereichten Produktkatalogs (Anlage K 1) abgebildet sind.

Die Klägerin ist Inhaberin eines am 22.12.2003 angemeldeten und am 9.3.2004 eingetragenen deutschen Sammelgeschmacksmusters unter der Bezeichnung "Kaminöfen" mit der Register-Nr. 40308048.7 (vgl. den Auszug aus dem deutschen Geschmacksmusterregister, Anlage K 2). Im Rahmen dieses Sammelgeschmacksmuster sind insgesamt 15 Ofenmodelle geschützt. Das hier streitgegenständliche Modell HARK 34 (im Folgenden: "Klagegeschmacksmuster") ist als Nr. 5 dieses Sammelgeschmacksmusters eingetragen, für das die folgenden Abbildungen hinterlegt sind:

Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und zu 3) sind, vertreibt ebenfalls Kaminöfen, u.a. das nachstehend abgebildete Modell mit der Bezeichnung "Kaskade 6 bzw. 8" (im Folgenden: "Verletzungsmuster").

HARK 34 KASKADE 6/8

Die Klägerin erlangte am 4.9.2006 von diesem Produkt der Beklagten Kenntnis. Nach einer Berechtigungsanfrage und einem kurzen Schriftwechsel zwischen den Parteien mahnte die Klägerin die Beklagte zu 1) mit anwaltlichem Schreiben vom 23.2.2007 wegen Verletzung ihres Geschmacksmusters HARK 34 sowie unlauterer Herkunftstäuschung ab (Anlage K 5 und K 6). Der Aufforderung, eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben, kam die Beklagte zu 1) nicht nach. Sie berief sich auf den vorbekannten Formenschatz, der dazu führe, dass der Schutzumfang des Klagegeschmacksmusters gering sei und das Verletzungsmuster einen hinreichenden Abstand wahre. Dabei berief sie sich insb. auf die im Folgenden abgebildeten internationalen Geschmacksmuster:

DM/064680 (15) DM/057920 (15) DM/037675

Die Klägerin hat vorgetragen, Herstellun...

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