Entscheidungsstichwort (Thema)
Wertersatz nach Widerruf eines Partnervermittlungsvertrages
Leitsatz (amtlich)
1. Beschränkt sich die angebotene und vertraglich vereinbarte Leistung einer Partnervermittlung im Internet nicht in der Erbringung einer bestimmten Anzahl von garantierten Kontakten, sondern ist ein zentrales Element der Leistung die weitere zeitbezogene Nutzung der Online-Plattform und damit auch die Kontaktaufnahme zu weiteren und künftig neuen Mitgliedern, dann ist die Berechnung einer Wertersatzforderung nach Widerruf des Partnervermittlungsvertrages (§ 357 Abs. 8 BGB) unzulänglich, wenn sie darauf fußt, dass der vertraglich vereinbarte Gesamtpreis bereits dann vollständig geschuldet ist, weil der widerrufende Nutzer innerhalb der Widerrufsfrist die ihm vom Anbieter garantierten Kontakte in Anspruch genommen hat.
2. Der Nutzer einer Partnervermittlungsplattform hat jedenfalls dann, wenn nicht nur die Möglichkeit zur Nutzung der Plattform nach Zeitabschnitten vertraglich vereinbart ist, sondern daneben auch werthaltige einmalige Leistungen, wie etwa die Erstellung eines Persönlichkeitsgutachtens, erbracht werden, sowie mit Rücksicht darauf, dass die Nutzung des Partnervermittlungsangebotes gerade zu Beginn der Mitgliedschaft besonders attraktiv ist, keinen Anspruch darauf, dass der Wertersatz generell gemessen an der vereinbarten Gesamtlaufzeit des Vertrages zeitanteilig (pro rata temporis) berechnet wird.
Normenkette
UWG (2015) § 3; UWG 2015 § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 7, § 8 Abs. 3 Nr. 3; UKlaG § 2 Abs. 1 S. 1, § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1; BGB § 357 Abs. 8 S. 1, Abs. 4-5; RL 2011/83/EU Art. 14 Abs. 3
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 22.07.2014; Aktenzeichen 406 HKO 66/14) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg vom 22.7.2014 (Az.: 406 HKO 66/14) abgeändert und die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus diesem Urteil zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
Die Parteien streiten über die Berechnung des Wertersatzes nach einem Widerruf der Mitgliedschaft bei einer Online-Partnerbörse.
Der Kläger ist die V..
Die Beklagte betreibt unter der Internetadresse p... de eine der größten Online-Partnervermittlungen in Europa. Die Online Partnervermittlung ermöglicht es Nutzern im Rahmen von Mitgliedschaften über das Internet Kontakt zu anderen partnersuchenden Nutzern aufzunehmen. Neben einer kostenlosen Mitgliedschaft bietet die Beklagte eine kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft an.
Die Registrierung für eine Mitgliedschaft, die über das Internet stattfindet, erfolgt in zwei Schritten. In einem ersten Schritt werden im Rahmen eines 30-minütigen Persönlichkeitstests partnerschaftsrelevante Eigenschaften, Gewohnheiten und Interessen ermittelt. Der Nutzer erhält nach Abschluss eine Kurzauswertung des Persönlichkeitstests. Anschließend gibt der Nutzer seine Vorstellungen über seinen Wunschpartner ein. Dies dient der Profilerstellung und dem so genannten Matching. Das Matching ist ein computergestütztes Verfahren, bei dem partnerschaftsrelevante Merkmale der Nutzer unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Paarforschung miteinander abgeglichen werden. Anhand der so ermittelten Ergebnisse werden dem Nutzer Partnervorschläge unterbreitet. Der Nutzer kann im Rahmen der kostenlosen Mitgliedschaft die Mitgliederprofile der vorgeschlagenen Partner einsehen, allerdings ohne das freigegebene Profilbild. Er kann anderen Nutzern Kontaktanfragen senden und selbst Kontaktanfragen erhalten, erhaltene Freitextnachrichten von anderen Nutzern kann er aber nicht lesen oder beantworten.
Um das Angebot der Beklagten vollständig nutzen zu können, muss der Nutzer in einem zweiten Schritt eine kostenpflichtige Premium-Mitgliedschaft abschließen. Die Laufzeit einer Premium-Mitgliedschaft variiert zwischen sechs, zwölf und vierundzwanzig Monaten und kostete bei monatlicher Zahlungsweise im Jahr 2013 für sechs Monate 329,40 EUR, für zwölf Monate 478,80 EUR und für vierundzwanzig Monate 717,60 EUR. Im Rahmen von Rabattaktionen werden diese Preise teilweise deutlich gesenkt. Die Premium-Mitgliedschaft ermöglicht es den Mitgliedern, mit jedem anderen Premium-Mitglied über die Plattform Kontakt aufzunehmen und ein persönliches Kennenlernen anzubahnen. Premium-Mitglieder erhalten weiter ein ausführliches Persönlichkeitsgutachten, das so genannte "P. Portrait", können freigegebene Fotos anderer Nutzer ansehen, eine Umkreissuche durchführen und die Besucherlisten ihres eigenen Profils einsehen. Zusätzlich garantiert die Beklagte den Nutzern Kontakte mit anderen Mitgliedern. Ein Kontakt liegt vor, wenn der Nutzer ein anderes Mitglied anschreibt, dieses Mitglied dem Nutzer antwortet und der Nutzer diese Antwort li...