Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Prüfungspflichten des Betreibers eines Internetauktionshauses
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 29.12.2006; Aktenzeichen 312 O 858/06) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg vom 29.12.2006 - 308 O 813/05, wird zurückgewiesen. Der Tenor zu I. wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht in jedem Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, einer Ordnungshaft oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten (Ordnungsgeld im Einzelfall höchstens Euro 250.000; Ordnungshaft zu vollziehen an dem Vorstand der Beklagten, höchstens zwei Jahre), zu unterlassen, im Internet für Internetnutzer in Deutschland zugänglich
1) Dritten zu ermöglichen, auf den Internetseiten "www.e. ...y.de" Verkaufsangebote einzustellen,
und/oder
2) Verkaufsangebote selbst zu bewerben, in denen die folgenden Nachbauten des Kinder-Hochstuhles "T ... T ..." der Klägerin angeboten werden:
a) H ... "A ..."
((Abbildungen entfernt))und/oder
b) H ... "B ..."
und/oder
c) ...
und/oder
d) K ... "H ... M ..." '
((Abbildungen entfernt))
2. Die Anschlussberufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg vom 29.12.2006 - 308 O 813/05, wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreites haben die Klägerin 1/4 und die Beklagte 3/4 zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Unterlassungstenors durch Sicherheitsleistung i.H.v. EUR 300.000 abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweiligen Gegenseite hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision wird zugelassen;
und beschließt:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 400.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch und beruft sich darauf, dass die Beklagte dafür hafte, dass Internetnutzer über die von der Beklagten betriebene Domain "e ... de" Kinderhochstühle zum Kauf angeboten haben.
Die Klägerin ist ein in Norwegen ansässiges Unternehmen der Möbelbranche. Das seit Jahren erfolgreichste Produkt der Klägerin ist der Kinderhochstuhl "T ... T ...". Dieser nachfolgend abgebildete Stuhl wurde Anfang der 70er Jahre durch den Designer P. ... O ... für die Rechtsvorgängerin der Klägerin, die S F AS, entworfen und entwickelt:
((Abbildung entfernt))
In erster Instanz war unstreitig, dass die Klägerin urheberrechtlich berechtigte Lizenznehmerin in Bezug auf den "T ... T ..." ist; in zweiter Instanz hat die Beklagte dies erstmals bestriten.
In der Vergangenheit führte die Klägerin zahlreiche Rechtsstreite wegen urheberrechtlich unzulässiger Nachahmungen des Kinderhochstuhls "T ... T ..." durch Wettbewerber. Gegenstand dieser Rechtsstreite waren die von dem Unternehmen H ... vertriebenen Kinder- hochstuhlmodelle "A ...", "B. ..." und "G ..." sowie der Kinderhochstuhl "H. ... M. ..." des Unternehmens K. ... Diese Stuhlmodelle sind wie folgt gestaltet:
H ... A ...
H ... B ...
H ... G ...
H ... M ...
((Abbildungen entfernt))
Mit rechtskräftigen Urteilen des Hanseatischen OLG vom 1.11.2001 (Az. 3 U 115/99; vgl. Anlage K 32), vom 27.1.2005 (Az. 5 U 81/04; vgl. Anlage K 35), vom 18.9.2003 (Az. 5 U 155/02; vgl. Anlage K 38) und vom 21.8.2002 (Az. 5 U 217/01; vgl. Anlage K 24) ist festgestellt worden, dass es sich bei den Kinderhochstühlen H ... "A ...", H ... "B. ...", H ... "G ..." und K ... "He ... M ..." um urheberrechtsverletzende Nachbauten des "T ... T ..."-Stuhls handelt. Für spätere Typen des Stuhles H ... "A ...", insbesondere den "A ... plus" und den "A ... III", aber auch für das spätere Modell des H ... "A ..." wurde dies von verschiedenen Gerichten hingegen verneint. [Soweit der Senat im Folgenden die Bezeichnung H ... "A ..." ohne weitere Zusätze verwendet, ist hiermit stets das streitgegenständliche Modell gemeint.] Die genannten vier Entscheidungen des Hanseatischen OLG lagen der Beklagten spätestens mit Erhalt des Schriftsatzes der Klägerin vom 20.4.2006 in diesem Verfahren vor.
Die Beklagte ist Betreiberin der weithin als Internetauktionshaus bezeichneten Verkaufsplattform "e. ..." in Deutschland und Inhaberin der Domain "www.ede". Auf der Grundlage ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen bietet sie hierüber privaten oder gewerblich tätigen Nutzern die Gelegenheit, Waren im Internet zum Kauf (gegen Höchstgebot oder als "SofortKauf") anzubieten oder zu erwerben. Diejenigen, die in einer solchen "Auktion" als "Versteigerer" oder "Bieter" auftreten wollen, müssen sich zunächst bei der Beklagten unter Angabe verschiedener persönlicher Daten...