Leitsatz (amtlich)
1. Der Parallelimport eines markenrechtlich geschützten Arzneimittels unter Verwendung einer äußeren Original-Umverpackung, auf der die für den Ursprungsvertrieb in Spanien vorgesehene, vom Konzern des Markeninhabers stammende Angabe betreffend den spanischen Zulassungsinhaber stehengeblieben ist, ist markenrechtlich wegen Erschöpfung des Markenrechts nicht zu beanstanden, wenn der Parallelimporteur mit einem Aufkleber auf der Umverpackung auf seine Funktion hinweist. Die Herkunftsfunktion der Marke wird nicht beeinträchtigt, weil der Parallelimporteur so nicht für den Hersteller gehalten werden kann. Der Parallelimporteur ist markenrechtlich nicht gehalten, auf der äußeren Umverpackung noch den Hersteller anzugeben, wenn der Markeninhaber beim Ursprungsvertrieb auf diese Angabe verzichtet hat.
2. Nach § 9 Abs. 1 AMG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Nr. 1 AMG ist in solchen Fällen auf der äußeren Umverpackung der Parallelimporteur als pharmazeutischer Unternehmer (§ 4 Abs. 18 AMG) anzugeben, die zusätzliche Angabe des Herstellers ist insoweit nicht erforderlich; das steht der Richtlinie 92/27/EWG nicht entgegen. Für ein zentral zugelassene Arzneimittel gilt nichts anderes.
Normenkette
AMG §§ 4, 9-10; MarkenG §§ 14, 24; UWG § 1
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 12, vom 10. Oktober 2000 wird unter Zurückweisung ihres in der Berufungsverhandlung vom 22. März 2001 gestellten Verfügungsantrages zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
und beschlossen:
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 150.000.– DM festgesetzt.
Tatbestand
Die Antragstellerin – ein weltweit tätiges Pharmaunternehmen – ist Inhaberin der IR-Marke P……… Nr. 6………, eingetragen für „produits pharmaceutiques” und registriert u. a. für Deutschland; nach einer teilweisen Schutzentziehung besteht die Klagemarke in Deutschland für: „produits pharmaceutiques pour la prévention et le traitement des troubles cardio-vasculaires vendus sur ordonnance” (Anlage AS 1).
Die Antragsgegnerinnen – sie befassen sich mit dem Parallelimport von Arzneimitteln – bieten in der Lauer-Taxe das von ihnen parallelimportierte und in Deutschland vertriebene Arzneimittel „P……… Filmtabletten 28 Stück” und „P……… Filmtabletten 84 Stück” an. Hierzu verwenden sie das aus Spanien importierte, gleichnamige Arzneimittel in der Packungsgröße zu 28 Filmtabletten. Für den Vertrieb in Deutschland benutzen sie die aus Spanien stammende, äußere Original-Umverpackung (Faltschachtel), die die Antragsgegnerinnen mit deutschsprachigen Aufklebern versehen. Bei der Packungsgröße zu 84 Filmtabletten wird der Packungsinhalt um 56 Filmtabletten aufgestockt (vgl. Anlage AS 6).
Jede der beiden Antragsgegnerinnen bietet jeweils „P……… Filmtabletten” in beiden Packungsgrößen an. Die vier von den Antragsgegnerinnen konfektionierten äußeren Umverpackungen stimmen darin überein, dass die ursprüngliche, aus dem Konzern der Antragstellerin stammende, für den Vertrieb in Spanien bestimmte Aufmachung der Faltschachtel auf der breiten Vorderseite und auf den schmalen Seitenflächen unverändert geblieben ist. Auf der breiten Rückseite der Umverpackung haben die Antragsgegnerinnen einen Aufkleber angebracht, auf dem es – und zwar speziell bei der Packung zu 28 Filmtabletten der Antragsgegnerin zu 1) – u. a. heißt:
„P……… Clopidogrel 28 Filmtabletten zum Einnehmen. Jede Filmtablette enthält …Verschreibungspflichtig – Zul.-Nr.: EU/1/………… – Parallel vertrieben und umgepackt von K…………… GmbH – Vor Anwendung bitte Packungsbeilage beachten … Zulassungsinhaber S……… …………………-……………………, vgl. Packungsbeilage – Ch.-B.: N 8 Verwendbar bis …”
Die Umverpackungen der übrigen Packungen unterscheiden sich davon nur in der Angaben „Parallel vertrieben und umgepackt von M………………Vertriebs-GmbH”, „84 Filmtabletten” und in der Zulassungsnummer (bei 84 Filmtabletten: EU/1/…………………; vgl. die Fotokopien der vier von den Antragsgegnerinnen veränderten Faltschachteln: Anlage AS 6).
Die Antragstellerin beanstandet die von den Antragsgegnerinnen verwendete Aufmachung der P………-Umverpackungen als Markenrechtsverletzung und als wettbewerbswidrig. Mit der Beschlussverfügung des Landgerichts Hamburg vom 31. Juli 2000 ist den Antragsgegnerinnen unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten worden,
das Arzneimittel „P………-Filmtabletten” in die Bundesrepublik Deutschland zu importieren und dort in Packungsgrößen zu 28 Stück bzw. 84 Stück mit entsprechender deutscher Beschriftung anzubieten, in der Lauer-Taxe feilzuhalten und/oder zu vertreiben, ohne deutliche Angabe des Herstellers sowie ohne Angabe der Adresse des Zulassungsinhabers innerhalb der deutschsprachigen Beschriftung auf der Umverpackung.
Mit Anwaltsschreiben vom 13. September 2000 ließen die Antragsgegnerinnen die einstweilige Verfügung als endgültige Regelung anerkennen, soweit das Verbot den Vertrieb „ohne Angabe der Adresse des Zulassungsinhabers innerhalb der deutschen ...