Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidungstitel "Verkehrssicherungspflicht eines Lautsprecher-Aufstellers"
Leitsatz (amtlich)
Der Aufsteller eines Lautsprechers für eine Tanzveranstaltung kann unter der Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflicht verpflichtet sein, den Lautsprecher so zu sichern, dass er von den Besuchern der Veranstaltung weder umgestürzt noch verschoben werden kann.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 03.11.2011; Aktenzeichen 330 O 298/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil des LG Hamburg -Zivilkammer 30 -vom 3.11.2011 geändert:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,
1. an die Klägerin ein Schmerzensgeld von EUR 2000 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.9.2009 zu zahlen,
2. an die Klägerin EUR 400 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.9.2009 zu zahlen,
3. die Klägerin von den Kosten des Rechtsanwalts i.H.v. EUR 272,87 freizuhalten,
4. an den Kläger ein Schmerzensgeld von EUR 1500 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.9.2009 zu zahlen,
5. an den Kläger EUR 350 nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.9.2009 zu zahlen,
6. den Kläger von den Kosten des Rechtsanwalts i.H.v. EUR 229,55 freizuhalten.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger 1/5 und die Beklagten als Gesamtschuldner 4/5 zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Kläger, Mutter und Sohn, nehmen die Beklagten auf Schadensersatz und Schmerzensgeld in Anspruch. Die Beklagten hatten im Rahmen einer Tanzveranstaltung am 7.3.2009 im Alstertal-Einkaufszentrum in Hamburg den Aufbau der Beschallung übernommen und u.a. im Obergeschoss des Einkaufszentrums einen Lautsprecher aufgestellt, der auf einem Stativ stand. Von dort stürzte der Lautsprecher -ohne das Stativ - über eine Brüstung ins Erdgeschoss, wo sich die Kläger befanden, und verletzte diese am Kopf.
Die Kläger meinen, dass die Beklagten gegen ihre Verkehrssicherungspflichten verstoßen hätten. Zum einen hätten die Beklagten den Lautsprecher nicht ordnungsgemäß mit dem Stativ verschraubt und zum anderem hätten sie den Lautsprecher, welcher nach Behauptung der Kläger direkt neben der Brüstung aufgestellt worden war, an dem Geländer befestigen müssen, um ihn gegen Umkippen zu sichern. Selbst wenn der Lautsprecher -wie die Beklagten behaupteten - in einiger Entfernung von der Brüstung im Bereich eines Cafés aufgestellt worden wäre, hätte er gegen ein Verschieben gesichert werden müssen. Denn es sei vorhersehbar gewesen, dass der Lautsprecher im Zuge der Tanzveranstaltung von dritten Personen in Richtung der Brüstung hätte verschoben werden und dabei herunterfallen können.
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Wegen des streitgegenständlichen Sachverhalts ist ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Hamburg gegen den Beklagten zu 2. anhängig. Die Ermittlungsakte ist vom LG beigezogen worden und war auch in der Berufungsinstanz Bestandteil des Verfahrens (Aktz. 2104 JS 362/09) Das LG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Kläger, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge weiterverfolgen. Sie wiederholen und vertiefen ihren erstinstanzlichen Sachvortrag.
Die Beklagten verteidigen das erstinstanzliche Urteil.
Wegen der Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die zulässige Berufung hat überwiegend Erfolg. Die Beklagten haben jedenfalls leicht fahrlässig gegen ihre Verkehrssicherungspflichten verstoßen und haften den Klägern auf Schmerzensgeld und Schadensersatz gem. § 823 Abs. 1 BGB (Ziff. 1). Der Höhe nach sind die Ansprüche der Kläger im erkannten Umfang begründet (Ziff. 2).
1. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagten ihre Verkehrssicherungspflichten dadurch verletzt haben, dass der Lautsprecher direkt neben der Brüstung aufgestellt worden ist, oder dadurch, dass der Lautsprecher nicht ordnungsgemäß mit dem Stativ verschraubt worden ist. Denn entgegen dem LG ist der Senat der Auffassung, dass die Beklagten auch bei dem von ihnen behaupteten Aufstellort im Bereich des Cafés angesichts der Besonderheiten der Örtlichkeiten und der in Rede stehenden Veranstaltung verpflichtet gewesen wären, den Lautsprecher gegen ein Verschieben und Umstürzen zu sichern.
Nach dem im Ermittlungsverfahren eingeholten Gutachten des Prof. Dr. vom Institut für Werkstoffkunde und Schweißtechnik durfte das von den Beklagten verwendete Stativ für den Lautsprecher zwar verwendet werden, doch hätte es gegen Umkippen gesichert werden müssen, da eine Stabilität nur dann gewährleistet war, wenn die Lautsprecherbox -nach der Berufungsverhandlung unstreitig ca. 21 kg schwer - senkrecht auf dem Stativ ruhte. Auch wenn der Gutachter davon ausging, dass ...