Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsbeschränkung für den als Erben einrückenden Kommanditisten
Leitsatz (redaktionell)
Die gesellschaftsrechtliche Haftung eines in die Gesellschaft durch Erwerb einer Kommanditistbeteiligung kraft Erbgangs einrückenden Gesellschafters auf der Grundlage der §§ 173, 171 f. BGB ist erbrechtliche nicht beschränkbar.
Normenkette
BGB § 1990; HGB §§ 171, 172 Abs. 4-5, § 173
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 25.09.1992; Aktenzeichen 416 O 98/89) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers, die im übrigen zurückgewiesen wird, wird das Urteil des Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 25. September 1992 teilweise geändert und wie folgt gefaßt:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger DM 100.000,– nebst 6,1 % Zinsen auf DM 56.000,– seit dem 28. Juli 1989 bis zum 17. Dezember 1990 und 6,1 % Zinsen auf DM 100.000,– seit dem 18. Dezember 1990 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von DM 125.000,– abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Beide Parteien sind durch das Urteil in Höhe von jeweils DM 100.000,– beschwert.
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen der W.&S. GmbH & Co. KG. Das Konkursverfahren ist auf einen namens der Gemeinschuldnerin am 14. November 1986 gestellten Antrag (Anl. K 4 = B 5) am 16. Januar 1987 eröffnet worden. Die Gemeinschuldnerin betrieb einen Uhren- und Schmuckwarenhandel. Der Beklagte ist Geschäftsführer der K.-GmbH der Gemeinschuldnerin. Die K.-GmbH, die mit einem Stammkapital von DM 50.000,– ausgestattet war, befindet sich auf einen auch für sie am 14. November 1986 gestellten Antrag seit dem 16. Juni 1987 ebenfalls im Konkurs.
Vor dem Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens war am 24. September 1986 die Liquidation der Gemeinschuldnerin beschlossen worden, nachdem die Hausbanken der Gemeinschuldnerin, die Deutsche B. AG und das Bankhaus W. die bestehenden Kredite nicht über das Jahresende 1986 weitergewähren wollten. Ein Totalausverkauf der Warenbestände sollte im November 1986 beginnen. Mit Schreiben vom 5. November 1986 (Anl. K 16) hatte die Gemeinschuldnerin einer Verwertung ihres gesamten Warenbestandes durch genannten Hausbanken zu einem Erlös von DM 5,2 Mio. zuzüglich der Mehrwertsteuer zugestimmt. Da es aber zwischen den Bankinstituten und dem als Erwerber der Waren vorgesehenen Kaufmann Günter Behnke hierüber zu keiner Einigung kam, wurde der Warenbestand von beiden Banken am 11. November 1986 anderweitig für einen Bruttopreis von DM 5,1 Mio. veräußert (Anl. B 6).
Für die Kreditverbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin hatte sich die Mutter des Beklagten, Frau H. S. die an der Gemeinschuldnerin als Kommanditistin mit einer Einlage von DM 2 Mio. beteiligt war, selbstschuldnerisch verbürgt. Ihr waren von der Gemeinschuldnerin am 8. Juli 1986 die künftigen Rückgewähransprüche aus den den Banken gewährten Sicherheiten abgetreten worden (Anlagenkonvolut B 7). Am 10. November 1986 erklärte die Gemeinschuldnerin weiter die Abtretung aller ihr zustehenden Schadensersatzansprüche gegen die beiden Banken an H. S. (Anl. K 14 = Anlagenkonvolut B 7). Der Beklagte, der die nach Konkurseröffnung verstorbene Frau S. als Alleinerbe beerbt hat, macht gegen beide Banken mit gesonderten Klagen Schadensersatzansprüche gerichtlich geltend. In erster Instanz ist das Bestehen solcher Ansprüche durch nicht rechtskräftige Urteile des Landgerichts Hamburg vom 8. September 1989 und des Landgerichts Kiel vom 29. Januar 1990 verneint worden.
Der Kläger hat den Beklagten auf Schadensersatz gemäß den §§ 130 a, 177 a HGB in Höhe von DM 56.000,– wegen mehrerer vom Beklagten veranlaßter Zahlungen an Gläubiger, die der Beklagte entsprechend dem Klagevortrag nach eingetretener Überschuldung geleistet habe, in Anspruch genommen. Er hat ferner die Rückabtretung der an Frau … abgetretenen Schadensersatzansprüche gegen die Kreditinstitute sowie die Erstattung eines Teilbetrages von DM 44.000,– aus in den Jahren 1985 und 1986 von Frau … getätigten Entnahmen verlangt.
Was die Entwicklung der finanziellen Situation der Gemeinschuldnerin angeht, so hatte der Steuerberater Kunze für das Jahr 1984 in dem von ihm am 28. März 1985 erstellten Jahresabschluß (Anl. B 11) zunächst einen Jahresüberschuß in der Gewinn- und Verlustrechnung in Höhe von DM 228.887,21 errechnet. Auf Verlangen der Gemeinschuldnerin berichtigte er den Abschluß am 24. April 1986 dahin, daß ein Jahresfehlbetrag von DM 762.575,49 entstanden sei; nach der dabei ebenfalls berichtigten Bilanz für 1984, die eine Bilanzsumme von DM 18.218.182,93 aufwies, waren das Kommanditkapital von insgesamt DM 2,5 Mio. und die ausgewiesenen Rückstellungen und Verbindlichkeiten durch die angenommenen Aktivwerte rechnerisch abgedeckt (vgl. dazu Anl. K 3, K 17, B 13 sowie B 6 der Beiakten 19 O 4...