Normenkette
HeilMWerbG § 9 S. 2; UWG § 3a
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 03.09.2019; Aktenzeichen 406 HK O 56/19) |
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 03.09.2019, Az. 406 HKO 56/19, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass im Ausspruch zu Ziffer I. nach dem Wort "insbesondere" der Zusatz "wie in Anlage K 5 geschehen," gestrichen wird.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das angefochtene Urteil und das vorliegende Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung des Klägers hinsichtlich des Ausspruchs zu Ziffer I. des angefochtenen Urteils in der Fassung gemäß Ziffer I. des vorliegenden Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Hinsichtlich der Aussprüche zu Ziffern II. und III. des angefochtenen Urteils sowie Ziffer II. des vorliegenden Urteils kann die Beklagte die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund dieser Urteile jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vor der Vollstreckung seinerseits Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger verfolgt lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche. Daneben begehrt er die Bezahlung von vorgerichtlich zum Zwecke der Abmahnung entstandenen Aufwendungen.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein (AG ... - Nz ...), zu dessen satzungsmäßigen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden. Zu den Mitgliedern des Klägers gehören unter anderem die Ärztekammern H. und S., die Zahnärztekammer S., der Bundesverband der ... e.V., 13 Ärzte und vier Kliniken (vgl. Mitgliederliste, Anlage K 1). Der Kläger ist nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung in der Lage, seine satzungsgemäßen Aufgaben wahrzunehmen.
Die Beklagte ermöglicht den Erhalt einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (im Folgenden: AU-Bescheinigung) ausschließlich im Wege der Fernbehandlung. Der Interessierte kann hierzu über sein Mobiltelefon die Internetseite au...de aufrufen. Unter dem Link "Los geht's" erhält er folgendes Angebot (Anlage K 5):
"Sie sind arbeitsunfähig wegen Erkältung und müssten daher zum Arzt? Hier erhalten Sie Ihre AU-Bescheinigung einfach online per Handy nach Hause!
Wenn Sie werktags (Mo-Fr) vor 10 Uhr bestellen, versenden wir Ihre AU bis 15 Uhr per WhatsApp & per Post. Anderenfalls am nächsten Werktag (Mo-Fr) bis 15 Uhr. Beginn der AU ist immer das Bestelldatum."
Wird der Link angewählt, sind online verschiedene Fragen zu beantworten, die vor allem Symptome und mögliche Risikofaktoren betreffen. Führen die Antworten des Nutzers nicht zu einer Erkältungsdiagnose oder lassen sie die Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe vermuten, wird der Nutzer mittels einer automatisch generierten Erklärung darauf hingewiesen, dass er den Dienst nicht nutzen kann. Im Anschluss kann der Dienst erneut in Anspruch genommen werden, ohne dass die zuvor gegebenen Antworten dabei berücksichtigt werden. Der Vorgang kann beliebige Male wiederholt werden.
Wenn die mitgeteilten Symptome mit der Diagnose einer Erkältung übereinstimmen, werden die Antworten online an den "Tele-Arzt" übermittelt, der die mitgeteilten Symptome überprüft und im Fall einer Erkältungsdiagnose die entsprechende AU-Bescheinigung ausstellt. Die AU-Bescheinigung wird per WhatsApp und per Post an den Nutzer geschickt. Für das Angebot verlangt die Beklagte einen Betrag i.H.v. 9,00 EUR, der unabhängig vom Erfolgsfall zu entrichten ist und dem Nutzer von seiner Krankenkasse oder privaten Krankenversicherung nicht erstattet wird. Diesen Dienst bewirbt die Beklagte insbesondere mit den im Unterlassungsantrag wiedergegebenen Aussagen wie in Anlage K 5 festgehalten.
Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schreiben vom 19.02.2019 ab (Anlage K 9). Die Beklagte wies die Vorwürfe mit Schreiben vom selben Tag zurück (Anlage K 10).
Der Kläger hat vorgetragen, die Beklagte verstoße gegen § 9 HWG, da sie für eine Fernbehandlung werbe, nämlich für eine Erkennung von Krankheiten, die nicht auf der unmittelbaren Wahrnehmung des Arztes beruhe. Darüber hinaus liege auch ein Verstoß gegen ärztliches Berufsrecht, nämlich §§ 7, 11, 25 MBO-Ä, vor.
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht Hamburg hat der Klägervertreter die angekündigten Klageanträge dahingehend klargestellt, dass die Werbung mit den zu Ziffer I. 1. bis 6. beanstandeten Äußerungen nur in der konkreten Verletzungsform, wie in Anlage K 5 geschehen, verboten werden soll.
Der Kläger hat beantragt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder ein...