Entscheidungsstichwort (Thema)
Gebäckpresse
Leitsatz (amtlich)
1. Das Entstehen eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters setzt voraus, dass das Geschmacksmuster gem. Art. 7 Abs. 1 GGVO erstmalig innerhalb der Europäischen Gemeinschaft offenbart worden ist. Demgemäß kann sich eine Vorveröffentlichung im außereuropäischen Ausland als neuheitsschädlich darstellen, ohne das Musterrecht zu begründen.
2. Wird ein Erzeugnis von einem (inländischen) Vertriebsunternehmen unter dessen Unternehmensbezeichnung/Marke in den Handel gebracht, so können sich Herkunftsvorstellungen des Verkehrs i.S.v. § 4 Nr. 9 lit. a UWG in der Regel nicht auf den ungenannt gebliebenen ausländischen Hersteller des Produkts beziehen.
3. Ein außerhalb Deutschlands erworbener wettbewerblicher Besitzstand eines ausländischen Unternehmens ist über Art. 1 Abs. 1 PVÜ bei der Gewährung (inländischen) wettbewerblichen Leistungsschutzes nur relevant, wenn dieser Besitzstand in dem Herkunftsland des Unternehmens erworben worden ist. Ein in sonstigen Drittstaaten erworbener Besitzstand findet selbst dann keine Berücksichtigung, wenn diese Länder ebenfalls Mitgliedsstaaten des PVÜ sind.
Normenkette
UWG §§ 3, 4 Nr. 9a; GGVO Art. 5, 7 Abs. 1, Art. 11 Abs. 1, Art. 2, 19 Abs. 2, Art. 110a Abs. 5; PVÜ Art. 1 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 20.05.2005; Aktenzeichen 308 O 182/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 8, vom 20.5.2005 abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen einschließlich der Kosten der Nebenintervention.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte/Nebenintervenientin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin ist ein in Hongkong ansässiges Unternehmen, das Haushaltsgeräte herstellt und diese an Vertriebsunternehmen in Europa liefert. Die Beklagte vertreibt neben Kaffee diverse andere Produkte, u.a. ebenfalls Haushaltsgeräte.
Die Klägerin macht Rechte als Entwerfer an einer elektrischen Gebäckpresse geltend, die als Anlage K1 vorgelegt ist. Diese Gebäckpresse - das Klagemuster - meldete die Klägerin beim chinesischen Patentamt in Peking am 24.7.2001 als Geschmacksmuster und am 11.10.2001 als Patent an. Das Geschmacksmuster wurde am 8.5.2002 und das Patent am 31.7.2002 in China veröffentlicht (Anlagen K21 und K22).
Die Beklagte trat Mitte 2003 an die Klägerin heran und bekundete ihr Interesse, von der Klägerin diese Gebäckpresse in größeren Stückzahlen zum Verkauf in ihren Filialen zu erwerben. Ein Vertrag kam zwischen den Parteien hierüber nicht zustande. Anfang November 2003 stellte die Klägerin fest, dass die Beklagte nunmehr in ihren Filialen eine Gebäckpresse - das Verletzungsmuster - (Anlage K3) anbot, das der klägerischen Gebäckpresse ähnlich ist.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Gestaltung des Klagemusters sowie des Verletzungsmusters wird auf die in den landgerichtlichen Urteilstenor und Tatbestand aufgenommenen Lichtbilder und Zeichnungen der elektrischen Gebäckpressen sowie die aus den Anlagen ersichtlichen Geräte Bezug genommen.
Dieses Verhalten der Beklagten beanstandet die Klägerin als Verstoß gegen ihre Rechte aus einem in der Europäischen Gemeinschaft bestehenden Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Die Klägerin ist der Auffassung, das Klagemuster sei durch Lieferungen an ein britisches Unternehmen in der Zeit von Juni bis Oktober 2002 erstmals in der Europäischen Gemeinschaft als nicht eingetragenes Geschmacksmuster bekannt gemacht worden und könne den daraus fließenden Schutz beanspruchen. Das Gemeinschaftsgeschmacksmuster sei neu und eigenartig gewesen. Bei dem Verletzungsmuster handele es sich um einen rechtsverletzende Nachbildung ihres Geschmacksmusters. Darüber hinaus macht die Klägerin weiterhin Ansprüche aus ergänzendem wettbewerblichen Leistungsschutz geltend.
Die Beklagte hat ihrer Lieferantin, der G. GmbH, im September 2004 den Streit verkündet. Die G. GmbH ist mit Schriftsatz vom 6.12.2004 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten.
Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,
a) die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr elektrische Gebäckpressen anzubieten, zu vertreiben und/oder zu bewerben, die nach Maßgabe der im Urteilstenor der landgerichtlichen Entscheidung zu I. wiedergegebenen Abbildung gestaltet sind,
b) die Beklagte weiter zu verurteilen, der Klägerin Auskunft zu erteilen, in welchem Umfang sie die unter Ziff. I. bezeichneten Handlungen begangen hat, u...