Entscheidungsstichwort (Thema)
Cybersky
Leitsatz (amtlich)
1. Personen bzw. Unternehmen, die Software bzw. technische Einrichtungen zum Betrieb eines sog. "Peer-to-Peer"-Netzwerks (gegen Entgelt) zur Verfügung stellen, welche die urheberrechtsverletzende Übertragung von "Pay-TV"-Programmen nahezu in Echtzeit ermöglichen, sind nicht grundsätzlich bzw. in jedem Fall für Urheberrechtsverletzungen verantwortlich zu machen, die unbekannte Nutzer dieser Einrichtungen eigenverantwortlich vornehmen.
2. Etwas anderes hat aber jedenfalls dann zu gelten, wenn der Anbieter einer Software zur Datenübertragung in einem "Peer-to-Peer"-Netzwerk deren Eignung zum Missbrauch nicht nur kennt, sondern hiermit auch wirbt und damit die Möglichkeit einer Begehung von Urheberrechtsverletzungen ausdrücklich zum Anwendungsbereich seines Produkts erhebt. In derartigen Fällen kann der Störer die in der Rechtsprechung unter dem Aspekt zumutbarer Prüfungspflichten entwickelten Erleichterungen bei der Verantwortlichkeit für das Handeln Dritter nicht für sich in Anspruch nehmen.
3. Der als Störer in Anspruch genommene Hersteller bzw. Vertreiber der Software ist im Rahmen des Zumutbaren und Erforderlichen verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zu treffen, durch die derartige Rechtsverletzungen soweit wie möglich verhindert werden können Bei einer Bewerbung bzw. Ankündigung einer Software (auch) mit der Möglichkeit urheberrechtsverletzender Zwecke kann der zu befürchtenden Rechtsgutverletzung nicht allein durch "Disclaimer" wirksam begegnet werden. Wirksame Schutzmechanismen müssen so ausgestaltet sein, dass die Software - will der Störer ein vollständiges Verbot verhindern - so auszurüsten ist, dass ein urheberrechtsverletzendes Einspeisen bzw. ein Transport der rechtsverletzenden Programme ausgeschlossen wird.
4. Verschließt sich der Urheber- bzw. Leistungsschutzrechtsinhaber dahingehenden konstruktiven Bemühungen des Störers oder macht er eine zur Problemlösung notwendige Mitwirkung (z.B. durch das Senden zusätzlicher Signale) von der Erfüllung unzumutbarer technischer bzw. finanzieller Forderungen abhängig, ist wegen der weitgehenden finanziellen und wirtschaftlichen Folgen des Verbots eine nachträgliche Aufhebung der Unterlassungsverfügung wegen veränderter Umstände in Betracht zu ziehen.
Normenkette
UrhG § 87 Abs. 1, § 97 Abs. 1; UWG §§ 3, 4 Nr. 10
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 26.04.2005; Aktenzeichen 312 O 1106/04) |
Tenor
Die Berufung des Antragsgegners gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 26.4.2005 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Gründe
I. Die Antragstellerin vertreibt unter der Bezeichnung "Premiere" verschlüsselte entgeltliche digitale Fernsehprogramme, sog. "Abonnement TV" oder "Pay TV".
Der Antragsgegner entwickelte die Software "Cybersky TV". Diese soll zukünftig Teil der Software "TVOON Media Center" sein (Anlage ASt 3), welche ohne die Software "Cybersky TV" von der in erster Instanz ebenfalls in Anspruch genommenen Firma TC Unterhaltungselektronik AG (im Folgenden: TCU AG) bereits im Internet vertrieben wird. Die TCU AG tritt im Internet unter der Adresse www.tvoon.tv auf, der Antragsgegner zumindest zeitweilig unter der Adresse www.tvoon.tv/ctv. Der Antragsgegner ist neben der Vorstandsvorsitzenden der Vorstand der Firma TCU AG.
Die entwickelte Software "Cybersky TV" soll innerhalb der Software "TVOON Media Center" ein sog. Peer-to-Peer-System zur Verfügung stellen. Durch dieses kann ein virtuelles Netzwerk zwischen allen Besitzern dieser Software, die mit ihrem Rechner online sind, aufgebaut werden. Jeder Software-Anwender ist damit in der Lage, Daten sowohl zu senden als auch von den anderen Teilnehmern zu empfangen. Das Peer-to-Peer-Netzwerk soll eine Übertragungsrate zwischen 400 und 600 Kilobit pro Sekunde erreichen, so dass insb. auch Fernsehbilder nahezu in Echtzeit übertragen werden können. Die Software macht es damit möglich, dass ein Abonnent eines PayTV-Senders das Programm dieses Bezahlfernsehsenders in das Internet "einstreamt" und es dadurch anderen Nutzern der Software ermöglicht, diese Sendungen ebenfalls sehen zu können, ohne selbst Abonnenten der Antragstellerin zu sein.
Die Software "TVOON Media Center" wird u.a. auch von dem Antragsgegner über die Internet-Adresse www.tvoon.tv/ctv/tvoon/index. html durch einen Link auf die Seite www.download.tvoon.de zur Verfügung gestellt (Anlagen ASt 4 und 5). Zumindest am 5.12.2004 waren auf der Internet-Seite www.tvoon.tv/ctv/01fce295a514cf302/index.html verschiedene Fotos zu erkennen, die u.a. die Textpassagen "Cybersky TV No Borders" und "10.000 channels worldwide with Cybersky TV" enthielten (Anlage ASt 7). Unter einem der Fotos befand sich der S. "When is the premiere?" (Anlage ASt7).
In einer Presseerklärung vom 15.11.2004 wurde auf der Internet-Seite www.telecontrol.de/pressemitteilungen die Formulierung "Wenn also das normale TV nichts mehr zu bieten hat, reicht ein Knopfdruck auf die Fernbedienung un...