Leitsatz (amtlich)
Mit dem Konnossement i.S.v. § 660 Abs. 2 HGB ist immer nur das Konnossement gemeint, welches der Verfrachter ausgestellt hat, der auch für einen etwaigen Schaden haftbar gemacht wird. Angaben in Fremdkonnossementen muss sich der Verfrachter nicht zurechnen lassen.
Normenkette
HGB § 660 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 16.09.2010; Aktenzeichen 403 O 29/10) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Kammer 03 für Handelssachen, vom 16.9.2010 (Az.: 403 O 29/10) wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der durch die Nebenintervention verursachten Kosten.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte bzw. die Nebenintervenientinnen vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen eines auf einer Seebeförderung eingetretenen Verlusts von zwei mit Damenschuhen beladenen Containern auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin ist Transportversicherer der G. AG. Die Beklagte erbringt Logistik- und Transportdienstleistungen. Die Nebenintervenientin zu 1.) ist eine Schwestergesellschaft der Beklagten, zu der die Versicherungsnehmerin der Klägerin ebenfalls in Geschäftsverbindung stand. Den von der Klägerin telefonisch erteilten Auftrag, eine Partie Damenschuhe, die 3 Container umfasste, zu festen Kosten auf dem Seeweg von Haiphong (Vietnam) nach Hamburg zu transportieren, gab die Nebenintervenientin zu 1.) an die E. Ltd. weiter, die wiederum die Nebenintervenientin zu 2.) mit der Beförderung beauftragte. Letztere bediente sich eines weiteren Seefrachtführers, der die Container am 30.12.2008 an Bord des Feederschiffes "St. P." übernahm. Von E. Vietnam als Agent der E ... Corporation wurde für die Ladung in den zwei verloren gegangenen Containern ein Konnossement vom 30.12.2008 ausgestellt, welches als Empfängerin die Versicherungsnehmerin ausweist. In diesem Konnossement ist vermerkt, dass die Container insgesamt 1.250 Kartons mit 14.994 Paar Damenschuhen enthielten. Das Gewicht wurde mit 18.494,60 kg angegeben. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 verwiesen. Auf der Reise nach Singapur geriet die "St. P." nach der Darstellung der Beklagten in schwere See. Am 2.1.2009 wurden zwei der mit Schuhen beladenen Container von Bord gespült. Die Klägerin regulierte den Schaden ihrer Versicherungsnehmerin durch Zahlung von EUR 261.821,52 (Anlage K 4) und ließ sich die Ansprüche ihrer Versicherungsnehmerin abtreten (Anlage K 5). Mit der Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Zahlung von EUR 261.821,52 in Anspruch.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in der ersten Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das LG hat die Beklagte lediglich zur Zahlung des Eurobetrages verurteilt, der 36.989,20 Sonderziehungsrechten nach dem Rechnungskurs am Tag des Urteils entspricht. Das Vorliegen von Anhaltspunkten dafür, dass der Verlust der Container auf einem qualifizierten Verschulden i.S.d. § 660 Abs. 3 HGB beruhe, hat das LG verneint. Bei der Berechnung des Betrages der Höchsthaftung ist das LG von der Kilogramm-Alternative des § 660 Abs. 1 Satz 1 HGB ausgegangen. Auf Grundlage des Gewichts der beiden verloren gegangenen Container von 18.484,60 kg (x 2 SZR) errechnet das LG den letztlich ausgeurteilten Betrag. Die Stück-Alternative des § 660 Abs. 1 Satz 1 bzw. Abs. 2 S. 1 HGB hat das LG nicht angewandt. Zur Begründung hat das LG ausgeführt, die Ausnahme von dem Grundsatz, dass der Transportbehälter das Stück oder die Einheit im Sinne von Abs. 1 sei, die Angabe der im Container enthaltenen Stücke oder Einheiten "in dem Konnossement", setze voraus, dass das Konnossement Ansprüche gegen den konnossementsmäßigen Verfrachter verbriefe, der zugleich auch Partner des Frachtvertrages sei. Der "Aquila"-Entscheidung des BGH (TranspR 1982, 106) sei zu entnehmen, dass es für die Anwendung von § 662 HGB nicht genüge, dass "irgendein" Konnossement ausgestellt ist. Im vorliegenden Fall habe das Konnossement, auf das sich die Klägerin stütze (Anlage K 1), deshalb keine Auswirkungen auf den Frachtvertrag, weil es als Verfrachter die E ... Corporation, nicht die Beklagte oder deren Streithelferin zu 1.) als Verfrachter ("Carrier") ausweise. Nach Auffassung des LG sei eine andere Wertung auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil die Beklagte gem. §§ 459, 642 HGB verpflichtet gewesen wäre, ihrerseits ein Konnossement für den Transport auszustellen, welches sie als Verfrachterin ausweise. Denn zum einen habe der Auftraggeber des Spediteurs in dem Fall, dass der vom Fixkostenspediteur beauftragte Verfrachter kein Konnossement ausstellt, die Möglichkeit, den Schaden gegenüber dem im Konnossement ausgewiesenen und damit zwingend haftenden Verfrachter geltend zu...