Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 22.10.2021; Aktenzeichen 334 O 175/20) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 22.10.2021, Az. 334 O 175/20, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses Urteil und die angefochtene Entscheidung sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung aus diesem Urteil und aus dem angefochtenen Urteil durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 100.000,00 EUR abwenden.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 35.504,52 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt die geräumte Herausgabe von Räumlichkeiten, die von der Beklagten zum Betrieb einer Kindertagesstätte genutzt werden.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes in der ersten Instanz wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Ergänzend hierzu wird festgestellt:
Die Klägerin wurde mit Satzung vom 30.08.2012 errichtet und am 18.12.2012 im Genossenschaftsregister eingetragen. Die Genossenschaft wird durch den Vorstand vertreten. Die Mitglieder des Vorstands sind gemeinschaftlich zur Vertretung der Genossenschaft befugt. Der Zustimmung des Aufsichtsrates bedürfen u.a. außerplanmäßige Geschäfte, deren Wert 30.000,00 EUR übersteigt, bei wiederkehrenden Leistungen berechnet bis zur möglichen Vertragsbeendigung. Seit Gründung der Genossenschaft ist A. L. Vorstand. Am 29.01.2014 wurde zusätzlich S. F. als Vorstand im Register eingetragen, am 19.12.2018 wurde dessen Ausscheiden als Vorstand und die Neubestellung von T. G. eingetragen, am 17.12.2019 wiederum das Ausscheiden von T. G. und die erneute Bestellung von S. F., am 11.03.2020 das Ausscheiden von S. F. und die Neubestellung von C. B., am 15.06.2020 das Ausscheiden von C. B. und die Neubestellung der Zeugin B. sowie am 25.01.2021 das Ausscheiden der Zeugin B. und die Neubestellung von M. S.. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage Kk1 verwiesen.
Die Beklagte wurde am 25.05.2018 gegründet und am 31.05.2018 ins Handelsregister eingetragen.
Am 28.05.2020 kam es zu einem Gesprächstermin der Parteien, in welchem Einzelheiten des angestrebten Mietvertrages erörtert wurden.
Die Klägerin hat in erster Instanz geltend gemacht, ein Anspruch auf Abschluss eines Mietvertrages ergebe sich auch nicht auf gesetzlicher Grundlage. Die Klägerin habe sich durch das Beenden der Verhandlung über den Abschluss eines Mietvertrages nicht treuwidrig gegenüber der Beklagten verhalten. Sie habe insbesondere die Verhandlungen nicht unvermittelt abgebrochen. Vielmehr habe sie sich über eine Zeit von deutlich mehr als einem Jahr redlich bemüht, einen Mietvertrag mit der Beklagten abzuschließen. Die Beklagte hingegen habe am 12.03.2020 signalisiert, dass nur noch ganz geringe Änderungen am verhandelten Text des Mietvertrages erforderlich seien. Die Klägerin wiederum habe der Beklagten mitgeteilt, dass aufgrund eines Rechenfehlers der monatliche Mietzins sich noch um 141,69 EUR nach oben bewegen müsse. Nach der Übersendung eines abgeänderten Entwurfs durch die Klägerin am 17.04.2020 habe die Beklagte zunächst nicht reagiert, sondern am 27.05.2020 angekündigt, alle relevanten Parameter (u.a. Mietzins, Baukostenbeteiligung, Kaution, Laufzeit, Flächen, Nebenkosten) neu verhandeln zu wollen. Es seien nach dieser E-Mail also nahezu alle Vertragskonditionen ungeklärt gewesen. Insbesondere die Übernahme eines Baukostenanteils von 150.000,00 EUR und die Zahlung weiterer 50.000,00 EUR durch die Beklagte seien zu jedem Zeitpunkt von herausragender Bedeutung für die Klägerin und Geschäftsgrundlage der Verhandlung gewesen.
Die Klägerin hat in erster Instanz hierzu ferner behauptet, der Gesprächstermin vom 28.05.2020 habe die aufgrund der E-Mail vom 27.05.2020 entstandene Bestürzung beim Vorstand der Klägerin über das Verhandlungsverhalten der Beklagten noch verstärkt. Die Vertragsverhandlungen seien nach dem Gesprächstermin endgültig gescheitert gewesen; die Klägerin habe jedes Vertrauen in die Beklagte verloren. Dies gelte umso mehr, als dass auch die Beklagte ihrerseits die Verweigerung der Zahlung des Baukostenzuschusses direkt an die Klägerin am 28.05.2020 unter Hinweis auf mangelndes Vertrauen in die Klägerin begründet habe. Dementsprechend sei der Zeugin Dr. Z. am 28.05.2020 auch mitgeteilt worden, dass die letzte Chance auf eine Einigung nicht genutzt worden sei und nunmehr der Aufsichtsrat der Klägerin zu informieren sei.
Die Beklagte hat erstinstanzlich geltend gemacht, der Umstand, dass der vorläufige Mietvertrag vom 21.03.2018 (Anlage K 6) auf Seiten der Klägerin lediglich von A. L. unterzeichnet gewesen sei, habe die Zeugin Prof. Dr. Z. nicht zu Rückfragen veranlasst, weil Herr L. bereits im Zuge der Planung und der Verhandlungen mit der früheren Mietinteressentin für die Kitafläche als treibende Kraft aufgetreten sei und daher kein Anlass für die Annahme bestanden habe, dass der Vorstand der Klägerin Herrn L. bei...