Leitsatz (amtlich)
Treffen die im TV-Spot verglichenen Minutenpreise der konkurrierenden Telefondiensteanbieter als solche zu und erkennt man klar und deutlich, dass die Tarife für eine bestimmte Zeit (werktags von 19 bis 21 Uhr) und eine bestimmte Destination (ein Ferngespräch zwischen Köln und München) verglichen werden, so ist die Werbung nicht irreführend. Der Durchschnittsverbraucher nimmt mangels irgendeines Anhalts nicht an, dass die herausgestellten Parameter nur "zufällig" erwähnt worden wären und sich auf andere Zeiten und Bereiche übertragen ließen. Die Annahme, der Verbraucher verstünde trotz der speziell genannten Fakten den Vergleich "immer" generalisierend, widerspricht der Lebenserfahrung.
Normenkette
UWG § 5
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 13.07.2004; Aktenzeichen 407 O 140/04) |
Tenor
Auf die Berufung der Antragsgegnerin wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 13.7.2004 abgeändert.
Die einstweilige Verfügung des LG Hamburg, Kammer 7 für Handelssachen, vom 9.6.2004 wird aufgehoben und der auf ihren Erlass gerichtete Antrag zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Gründe
A. Die Antragstellerin, das größte deutsche Telekommunikations-Unternehmen, betreibt ein bundesweites Telefonnetz und stellt den Verbrauchern auch die Telefonanschlüsse zur Verfügung. Die Antragsgegnerin vermittelt ebenfalls Telefongespräche im Festnetz und steht mit der Antragstellerin im Wettbewerb.
Die Antragsgegnerin warb für ihre Telefondienstleistung mit einem TV-Werbespot "K-5" von 20 Sekunden Dauer (vgl. die Aufzeichnung auf der CD-ROM Anlage ASt K 5; vgl. auch das Story-Board: Anlage ASt K 4), den die Antragstellerin als wettbewerbswidrig beanstandet.
Das LG hat mit der Beschlussverfügung vom 9.6.2004 der Antragsgegnerin unter Androhung bestimmter Ordnungsmittel verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs mit dem durch das als Anlage K 4 beigefügte Storyboard gekennzeichneten TV-Spot zu werben und/oder bewerben zu lassen (es folgt die Kopie des Story-Boards gem. Anlage ASt K 4).
Mit dem Urt. v. 13.7.2004 hat das LG seine einstweilige Verfügung bestätigt. Auf das Urteil wird Bezug genommen.
Gegen das landgerichtliche Urteil wendet sich die Antragsgegnerin mit der Berufung, sie beantragt die Aufhebung der Beschlussverfügung und die Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Verfügungsantrages. Die Antragstellerin verteidigt das angefochtene Urteil.
Der TV-Spot "K-5" (Anlage CD-ROM ASt K 5) wurde vom Senat in der Berufungsverhandlung in Augenschein genommen, er zeigt folgendes:
Man sieht eine im Haus an einem Treppengeländer stehende Frau in Freizeitkleidung. Die Einstellung wechselt und die Frau unterstreicht ihre Worte mit Handbewegungen, während sie spricht:
"Ich hab' mal eine Frage an die Telekom, wegen nem Ferngespräch von Köln nach München Montag bis Freitag abends zwischen 7 und 9. Warum kostet das mit Euroem T-Net-Standardtarif 6 Cent die Minute? Mit TELE 2 sind's nur 1 Cent 48 die Minute. Eine Minute ist eine Minute oder?"
Bei diesen Worten wird das Szenenbild mit der Frau am Treppengeländer von einem roten Kasten mit "TELE 2" überdeckt, das sich zu dem Emblem von TELE 2 nacheinander aufbaut. Während dessen hört man aus dem Hintergrund:
"TELE 2. Einfach 0 10 13 vorwählen und billig telefonieren".
Dabei erscheinen nacheinander auf dem Emblem die beiden abgebildeten Füße mit nur drei Zehen - mit der Anspielung auf die Zahl "13" - und die Netzbetreiber-Kennzahl der Beklagten und ihre Bezeichnung TELE 2.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Spots "K-5" wird auf die Anlage CD-ROM ASt K 5 Bezug genommen (vgl. noch Anlage AG 1 sowie Bl. 39 ff.).
Der Tarif der Antragsgegnerin (von TELE 2) betrug zur Zeit der Ausstrahlung des beanstandeten Werbespots - und zwar sowohl bei Call-by-Call als auch bei Pre-Selection - für Inlandsferngespräche ins Festnetz ("Deutschland-National-Fern") von Montag bis Freitag von 19 Uhr bis 7 Uhr 1,48 ct/min und von 7 Uhr bis 19 Uhr 4,6 ct/min, am Samstag, Sonntag und bundesweiten Feiertagen von 0 Uhr bis 24 Uhr 1,7 ct/min (Anlagen ASt K 3 und AG 2).
Der im Spot genannte "T-Net-Standard-Tarif" der Antragstellerin wies bei einem monatlichen Grundpreis von 15,56 EUR (für den T-Net-Anschluss) für Inlandsferngespräche (die sog. "Deutschlandverbindungen") ins Festnetz außerhalb der "City-Verbindungen" folgende Preise auf: Montag bis Freitag von 18 Uhr bis 21 Uhr 6 ct/min und von 7 Uhr bis 18 Uhr 12 ct/min sowie Samstag, Sonntag und an Feiertagen von 7 Uhr bis 21 Uhr 4,5 ct/min und Montag bis Sonntag von 21 Uhr bis 7 Uhr 3 ct/min (Anlage AG 3).
Zum Vorbringen der Parteien und der von ihnen überreichten Anlagen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
B. Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hat Erfolg. Demgemäß ist das Urteil des LG abzuändern und die Beschlussverfügung des LG vom 9.6.2004 unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrages aufzuheben.
I. Der Gegenstand des Ver...