Entscheidungsstichwort (Thema)
"Die gründlichste Rasur I"
Leitsatz (amtlich)
1. Die werbliche Aussage: "Keiner rasiert so wie der MACH 3 Turbo. Es ist weltweit die gründlichste und komfortabelste Gillette-Rasur. Garantiert!" werden mindestens rechtlich beachtliche Teile des angesprochenen Verkehrs als Alleinstellungsberühmung verstehen.
2. Eine Alleinstellungsberühmung ist irreführend, wenn der Werbende seine Mitbewerber nicht deutlich und merklich überragt. Schneidet ein Nassrasierer innerhalb von 24 Stunden durchschnittlich 14,3 Mikrometer = 0, 0143 mm mehr Barthaare ab als ein Konkurrenzprodukt, handelt es sich nicht um einen hinreichend deutlichen und merklichen Vorsprung, um die werbliche Behauptung der gründlichsten Rasur zu rechtfertigen.
Normenkette
UWG § 5
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 02.03.2004; Aktenzeichen 312 O 789/03) |
Tenor
Die Berufung der Antragsgegnerin gegen das Urteil des LG Hamburg - Zivilkammer 12 - v. 2.3.2004 wird zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Beschluss
Der Streitwert wird für beide Instanzen auf 500.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Beide Parteien stellen Nassrasierer her. Die Antragstellerin vertreibt u.a. den Nassrasierer "Quattro", die Antragsgegnerin den "MACH3 Turbo".
Die Antragstellerin nimmt die Antragsgegnerin wegen einer wettbewerbswidrigen Alleinstellungsberühmung in einem Fernsehspot im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch. Der Fernsehspot enthält folgende Äußerung:
"Keiner rasiert so wie der MACH3 Turbo. Es ist weltweit die gründlichste und komfortabelste Gillette-Rasur. Garantiert!".
Die Antragstellerin hält diese Werbung für irreführend. Sie behauptet, dass ihr Spitzenmodell "Quattro" dem "MACH3 Turbo" bezüglich der Gründlichkeit der Rasur überlegen sei. Sie hat eine einstweilige Verfügung des LG Hamburg erwirkt, mit der der Antragsgegnerin die genannte werbliche Behauptung zu Zwecken des Wettbewerbs verboten worden ist. Die Antragsgegnerin hat sich zur Verteidigung vor allem auf eine von ihr in Auftrag gegebene Studie bezogen, aus der sich ergebe, dass der "MACH 3 Turbo" bezogen auf einen Zeitraum von 24 Stunden durchschnittlich 14,3 Mikrometer (= 0,0143 mm) mehr Barthaare abschneide, mithin gründlicher sei. Dies bedeute bei einem durchschnittlichen Bartwuchs von 270 Mikrometern (= 0,27 mm) pro Tag, dass eine Rasur mit dem "MACH3 Turbo" im Durchschnitt 1,27 Stunden länger vorhalte als eine Rasur mit dem "Quattro".
Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrags wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen. Das LG hat die antragsgemäß erlassene einstweilige Verfügung mit dem Widerspruchsurteil bestätigt. Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit ihrer Berufung. Sie macht im Wesentlichen geltend:
Das LG sei von einer fehlerhaften Tatsachengrundlage ausgegangen, da es eine Bartwuchsrate zwischen täglich 0,1-0,4 mm seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe. Die Antragsgegnerin habe glaubhaft gemacht, dass die durchschnittliche Rate 0,27 mm betrage. Auch habe die Antragsgegnerin entgegen der Meinung des LG glaubhaft gemacht, dass eine gründlichere Rasur von 14,3 Mikrometern durch ihr Produkt "MACH3 Turbo" einen deutlichen Vorsprung ggü. den Wettbewerbern darstelle. Hierzu legt die Antragsgegnerin als weitere Mittel der Glaubhaftmachung einen in den USA im Herbst 2003 durchgeführten Verbrauchertest und einen von der Stiftung Warentest im Dezember 2004 veröffentlichten Testbericht vor, nach dem der "MACH3 Turbo" Testsieger geworden ist (Anlagen BK 4 und BK 9). Ferner ergänzt sie die in erster Instanz eingereichte Teststudie Hancock (Anlagen Ag. 4 und 5 = BK 14) um Angaben zu den Ergebnissen der einzelnen Testpersonen (Anlage BK 15).
Die Antragstellerin hält die angegriffene Werbung nicht für eine Alleinstellungsberühmung, sondern für einen zulässigen Eigenvergleich. Hierzu bezieht sie sich zunächst auf eine nach ihrer Meinung vergleichbare Werbebehauptung der Antragstellerin, die der 3. Senat des OLG Hamburg in seinem Urt. v. 28.10.2004 (OLG Hamburg, Urt. v. 28.10.2004 - 3 U 50/04) als einen zulässigen Eigenvergleich bewertet hatte. Die in dem dortigen Verfahren vorgelegte Verkehrsbefragung reicht die Antragsgegnerin als Anlage BK 11 ein. Ferner legt sie für die hier streitige Werbebehauptung ein im November/Dezember 2003 erstelltes Gutachten desselben Instituts vor, aus dem sich ihrer Meinung nach ergibt, dass der Werbespot als Eigenvergleich verstanden wird (Anlage BK 12).
Schließlich legt die Antragsgegnerin mit ihrem letzten Schriftsatz v. 18.1.2005 einen Werbespot der Antragstellerin für ihren "Quattro" vor, in dem die lang andauernde Wirkung der Rasur beworben wird (Anlage BK 16). Daraus ergebe sich, dass der durch die Gründlichkeit der Rasur bewirkte Zeitvorteil ein für den Verbraucher relevanter Vorteil sei.
Die Antragstellerin meint, dass die Antragsgegnerin auch mit den neuen Glaubhaftmachungsmitteln ihre Alleinstellung nicht ausreichend dargelegt...