Leitsatz (amtlich)
Erschöpft sich der Inhalt einer redaktionellen Berichterstattung über eine prominente Person im Wesentlichen in der Hervorhebung von deren - durch ein Paparazzi-Foto bebilderter - Lektüre einer vorausgegangenen Ausgabe des Presseerzeugnisses, in dem der Beitrag erscheint, kommt wegen der werblichen Vereinnahmung die Zubilligung einer fiktiven Lizenz in Betracht.
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 04.12.2009; Aktenzeichen 324 O 338/09) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Hamburg, Geschäftsnummer 324 O 338/09, vom 4.12.2009 abgeändert.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger eine Lizenz i.H.v. 50.000 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.6.2009 zu zahlen.
Von den Kosten der ersten Instanz trägt der Kläger 1/9, die Beklagte 8/9. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Gründe
I. Der heute 75jährige Kläger ist u.a. als Fotograf, Unternehmer, Kunstsammler und Buchautor bekannt, der in den sechziger Jahren mit der französischen Schauspielerin B. B. verheiratet war. Die Beklagte verlegt die Wochenzeitung BILD am SONNTAG. Mit seiner Klage hat der Kläger die Unterlassung mehrerer Textpassagen sowie die Zahlung einer Lizenz wegen der Berichterstattung der Beklagten begehrt. Nachdem das LG dem Unterlassungsbegehren überwiegend stattgegeben und den Antrag auf Zahlung einer Lizenz abgewiesen hat, verfolgt der Kläger mit der Berufung den Lizenzanspruch weiter.
Die Beklagte veröffentlichte am 10.8.2008 in der Wochenzeitung BILD am SONNTAG auf der letzten Seite einen Beitrag unter der Überschrift: "Psst, nicht stören! Playboy (75) am Sonntag". Die Zwischenüberschrift lautete: "Auf einer Jacht in St.-Tropez schaukelt G. S.. Bild am Sonntag ist sein Hafen". Im Mittelpunkt der Berichterstattung stand ein großformatiges "Paparazzi-Foto", das den Kläger zeigt, wie er auf einer Jacht sitzend die BILD am SONNTAG liest. Neben ihm ist (dem Bildbetrachter abgewandt) seine Ehefrau abgebildet. Dieses unscharfe Foto nimmt etwa die Hälfte der Heftseite ein. Der Kläger war sich des Umstandes, fotografiert zu werden, nicht bewusst. Die Bildinnenschrift lautet: "G. S. auf der Jacht 'Lady Dracula'. Er liest BILD am SONNTAG, wie über elf Millionen andere Deutsche auch". Die Berichterstattung ist weiter mit zwei kleinen Bildnissen illustriert, von denen eines zeigt, wie der Kläger auf eine Jacht steigt (Bildinnenschrift: "S. entert die Jacht im Hafen von St.-Tropez"). Das andere zeigt den Kläger als jungen Mann mit B. B. (Bildinnenschrift: "G. S. war drei Jahre mit B. B. verheiratet").
Die Textberichterstattung lautet: "St.-Tropez - Als legendärer Playboy und weltberühmter Fotograf hat er ein Auge für die schönen Seiten des Lebens. Im Sommer ist St.-Tropez das Open-Air-Wohnzimmer von G. S. (75). Auch wenn seine Wohnzimmer-Couch sich in diesem Fall auf einer Jacht befindet, darf auch in Südfrankreich ein Stück Heimathafen nicht fehlen. Entspannt sitzt der Millionär im Schatten, mit Polo-Shirt und Lesebrille. Genüsslich blättert er durch die Seiten der BILD am SONNTAG. So vertieft, dass er nicht einmal Ehefrau M. (65) neben sich bemerkt. Tut uns leid, M., wir sind einfach zu verführerisch ...".
Der Kläger beantragt, das Urteil des LG abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn wegen der durch die Passagen
"Psst, nicht stören!
Playboy am Sonntag
Auf einer Jacht in St. Tropez schaukelt G. S..
BILD am SONNTAG ist sein Hafen."
und/oder
"Als legendärer Playboy und weltberühmter Fotograf hat er ein Auge für die schönen Seiten des Lebens (sc. BILD)"
und/oder
"Im Sommer ist St.-Tropez das Open-Air-Wohnzimmer von G. S. (75). Auch wenn seine Wohnzimmer-Couch sich in diesem Fall auf einer Jacht befindet, darf auch in Südfrankreich ein Stück Heimathafen (sc. BILD) nicht fehlen. Entspannt sitzt der Millionär im Schatten, mit Polo-Shirt und Lesebrille. Genüsslich blättert er durch die Seiten der BILD am SONNTAG. So vertieft, dass er nicht einmal Ehefrau M. (65) neben sich bemerkt. Tut uns leid, M., wir sind einfach zu verführerisch ..."
und/oder
"G. S. auf der Jacht "Lady Dracula". Er liest BILD am SONNTAG, wie über elf Millionen andere Deutsche auch"
sowie
durch die Veröffentlichung des auf der letzten Seite von BILD am SONNTAG vom 10.8.2008 abgedruckten Fotos erfolgten werblichen Vereinnahmung eine Lizenz i.H.v. 50.000 EUR zzgl. Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung.
Zu den Ausführungen der Parteien im Einzelnen wird auf die in der Akte befindlichen Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
II. Die zulässige Berufung ist begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch gem. § 823 Abs. 1, Art. 1 Abs....