Entscheidungsstichwort (Thema)
Agenda
Leitsatz (amtlich)
1. Die Kennzeichnungskraft des Rubriktitels einer Tageszeitung nimmt nicht automatisch an der gesteigerten Kennzeichnungskraft des Zeitungstitels selbst teil.
2. Zwischen dem "Buch" einer Tageszeitung und einem monatlich erscheinenden "Special Interest"-Magazin besteht nur eine vergleichsweise geringe Warenähnlichkeit.
3. Eine Gewöhnung des Verkehrs daran, dass unter dem Rubriktitel des Buchs einer Tageszeitung auch gleichnamige Zeitschriften selbständig herausgebracht werden, ist nicht festzustellen.
4. Enthält der beanstandete Titel neben der verwechslungsfähigen Bezeichnung in deutlicher Form wie eine Dachtitel auch die Bezeichnung einer weithin bekannten (Wirtschafts)Zeitung, die dieses Magazin herausbringt, so ist eine titelrechtliche Verwechslungsgefahr in der Regel auszuschließen, weil der Verkehr diese Zeitschrift trotz einer verwechslungsfähigen Bezeichnung der genannten Zeitung und nicht dem Konkurrenzunternehmen zuordnet.
Normenkette
MarkenG § 5 Abs. 1, 3, § 15 Abs. 2
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 14.06.2007; Aktenzeichen 327 O 130/07) |
Tenor
Die Berufung der Antragstellerin gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 27, vom 14.6.2007 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
und beschlossen:
Der Streitwert wird auch für das Berufungsverfahren auf 150.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Parteien sind Verlagsunternehmen. Die Antragstellerin gibt die "Financial Times Deutschland" (Anlage ASt 1) heraus. Die Antragsgegnerin ist Herausgeberin der Zeitung "Handelsblatt" (Anlage ASt2). Bei beiden Presseprodukten handelt es sich um börsentäglich erscheinende Wirtschaftszeitungen mit einer speziellen Ausrichtung auf Themen aus der Wirtschaft bzw. der Finanzwelt.
Die Zeitung "Financial Times Deutschland" ist in vier Teile, sog. (Zeitungs-)Bücher, gegliedert. Eines dieser Bücher ist mit der Bezeichnung "AGENDA" versehen. Es behandelt vertieft u.a. bestimmte Themen und enthält Kommentare.
Die Antragsgegnerin hat im Januar 2007 als "Handelsblatt-Spezial" eine 124 Seiten umfassende Zeitschrift unter dem Titel "Handelsblatt - agenda" herausgegeben, in der sie sich schwerpunktmäßig mit dem Thema "Globalisierung" befasst.
Zwischenzeitlich ist die Antragsgegnerin - wie die Antragstellerin im Berufungsrechtszug vor dem Senatstermin dargelegt hat - dazu übergegangen, ihrer Zeitung gelegentlich (z.B. am 10., 15. und 31.10.2007) eine mit dem Titel "agenda - Handelsblatt" bezeichnete Beilage beizufügen (Anlage ASt 24), mit der sie als "Sonderheft" bzw. "special" schwerpunktmäßig bestimmte Themen aufgreift. Diese Sonderbeilage ist - wie die Zeitung "Handelsblatt" - auf Zeitungspapier gedruckt, im Zeitungsformat und ungebunden gestaltet.
Dieses Verhalten beanstandet die Antragstellerin als marken- bzw. wettbewerbswidrig. Sie sieht sich hierdurch in ihren Titelrechten an dem Begriff "AGENDA" im Zusammenhang mit Presseprodukten im Bereich der Wirtschaftsberichterstattung verletzt.
Die Antragstellerin hat in erster Instanz beantragt, die Antragsgegnerin zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an dem Geschäftsführer, zu unterlassen, den Titel "agenda" für ein Magazin, in dem über wirtschaftliche und/oder wirtschaftlich relevante Themen berichtet wird, zu benutzen, insbesondere ein solches Magazin unter diesem Titel zu bewerben, anzubieten und/oder in den Verkehr zubringen.
Auf der Grundlage dieses Antrags hat das LG Hamburg mit Beschluss vom 23.2.2007 eine einstweilige Verfügung gegen die Antragsgegnerin erlassen. Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Antragsgegnerin, mit dem diese in erster Instanz begehrt hat, die einstweilige Verfügung aufzuheben und den Verfügungsantrag zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerin macht geltend, zwischen den sich gegenüberstehenden Publikationen fehle es bereits an der erforderlichen Werknähe. Im Übrigen sei bei der erforderlichen Gesamtbetrachtung eine Verwechslung schon deshalb ausgeschlossen, weil sich ihr Werktitel sowohl wegen des Zusatzes "Handelsblatt" als auch in der Farbgebung der Zeitschrift für dem Verkehr unmissverständlich und eindeutig auf ein Verlagsprodukt ihres Hauses beziehe.
Die Antragstellerin hat beantragt, den Widerspruch abzuweisen und die einstweilige Verfügung zu bestätigen.
Das LG Hamburg hat mit dem angegriffenen Urteil vom 14.6.2007 die einstweilige Verfügung unter Zurückweisung des auf ihren Erlass gerichteten Antrags wieder aufgehoben. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Antragstellerin. Die Antragstellerin verfolgt in zweiter Instanz ihr Unterlassungsbegehren unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Sachvortrags weiter.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr, das Urteil des LG Hamburg vom 14.6.2007 abzuändern und die beantragte einstweilige Verfügung mit der Maßgabe ...