Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 30.10.2002; Aktenzeichen 411 0 34/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts …, Kammer 11 für Handelssachen, vom 30.10.2002 (411 O 34/02) abgeändert.
Der Beschluss der Hauptversammlung der Beklagten vom 01.03.2002 wird für unwirksam erklärt, soweit er im ersten Absatz, letzter Satz, lautet: „Ausgleichs-/Dividendenzahlungen nach dem 01.03.2002 sind von der Barabfindung abzuziehen". Insoweit wird die Berufung zurückgewiesen.
Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu 80 %, die Beklagte zu 20 % zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Kläger – bzw. die Beklagte – können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte – bzw. die Kläger – vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Die Revision wird zugelassen.
Außerdem wird beschlossen: Der gemäß § 327e Abs. 2 i.V.m. § 319 Abs. 6 AktG gestellte Antrag der Beklagte wird auf deren Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Kläger und der Nebenintervenient sind Minderheitsaktionäre der Beklagten. Die … GmbH ist Hauptaktionär.
Am 01.03.2002 fand in … eine außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten statt mit dem einzigen Tagesordnungspunkt
„Übertragung der Aktien gegen Barabfindung gemäß §§ 327a ff. AktG auf die … GmbH … "
Zu dieser Hauptversammlung hatte die Beklagte mit Veröffentlichung im Bundesanzeiger vom 18.01.2002 eingeladen und u.a. folgende Unterlagen ausgelegt:
- • Jahresabschlüsse und Lageberichte für die Geschäftsjahre 1998-2000;
- • Bericht der … GmbH über die geplante Maßnahme;
- • Prüfbericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft … über die Angemessenheit der Barabfindung.
Die Hauptversammlung fasste nach kontroverser Diskussion mit 2.979.047 gegen 2.539 Stimmen bei 11 Enthaltungen folgenden Beschluss:
Die Aktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) der … Aktiengesellschaft werden gegen Gewährung einer von der Hauptaktionärin zu zahlenden Barabfindung in Höhe von EUR 89,00 je Aktie im Nennwert von DM 50,00 auf die … GmbH übertragen. Ausgleichs-/Dividendenzahlungen nach dem 01.03.2002 sind von der Barabfindung abzuziehen.
Die Barabfindung ist von der Hauptaktionärin festgelegt, deren Angemessenheit durch die vom Landgericht … gemäß Beschluss vom03.01.2002 bestellte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft … OHG, … in ihrem Gutachten vom 16. Januar 2002 bestätigt worden.
Die Barabfindung ist von der Bekanntgabe der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister an mit 2 vom Hundert über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
Die … AG hat mit Erklärung vom 16.01.2002 gegenüber dem Vorstand der Gesellschaft mit berechtigender Wirkung für die Minderheitsaktionäre unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage die Gewährleistung für die Erfüllung der Verpflichtung der Hauptaktionärin übernommen, den Minderheitsaktionären nach Eintragung des Übertragungsbeschlusses unverzüglich die festgelegte Barabfindung für die übergegangenen Aktien zu zahlen.
Die Kläger haben gegen die Beschlussfassung zu Protokoll Widerspruch erhoben.
Im Laufe der Diskussion haben die Kläger die Fragen zu Protokoll gestellt, die nach ihrer Auffassung bisher unbeantwortet waren (Anl. B 5, S. 10 ff.). Diese Fragen sind von der Firmenleitung der Beklagten beantwortet worden, nach Meinung der Kläger allerdings unzureichend. Der Kläger zu 1) hat außerdem „Widerspruch zur ordnungsgemäßen Hinterlegung der Aktien der Mehrheitsaktionärin” erhoben (S. 14 des Protokolls). Daraufhin hat die Beklagte Hinterlegungsbestätigungen der Deutschen Bank überreicht, die dem Protokoll als Anlage (Anl. 8 u. 9) beigefügt wurden.
Dem Protokoll der Hauptversammlung (Anl. B 5) liegen außerdem bei
- Einladung zur Hauptversammlung (Anl. 1)
- Geschäftsbericht 1998 (Anl. 2)
- Geschäftsbericht 1999 (Anl. 3)
- Geschäftsbericht 2000 (Anl. 4)
- Bericht der … GmbH (Hauptaktionärin) über die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre gem. §§ 327 a ff. AktG (Anl. 5), der die Berechnung der Barabfindung enthält
- Bericht über die Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung von … (Anl. 6).
Die Kläger stützen ihre vom Landgericht verbundenen Anfechtungsklagen auf zahlreiche Anfechtungsgründe. Insbesondere halten sie den Beschluss der Hauptversammlung für fehlerhaft, weil
- vor der Hauptversammlung entgegen § 327 c Abs. 3 Nr. 2 AktG nur die Jahresabschlüsse der Jahre 1998 bis 2000, nicht aber der Jahresabschluss für das letzte abgelaufene Geschäftsjahr 2001 ausgelegt worden sei,
- es im 1. Absatz des Beschlusses auch heiße: Ausgleichs-/ Dividendenzahlungen nach dem 01. 03. 2002 sind von der Barabfindung abzuziehen. Das sei aber nach der jüngsten BGH-Entscheidung zur Anrechnung von Ausgleichszahlungen auf die Abfindung verfehlt.
Gestützt auf diese Gründe hat das Landgericht den Anfechtungsklagen stattgegeben und den Beschluss für nichtig erklärt. Es hat außerdem im Urteil eine...