Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Formulierung "Herstellung im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs" i.S.d. § 21 Abs. 2 Nr. 1 AMG wird auch nach der Änderungen dieser Vorschrift durch die 14. AMG- Novelle zum Ausdruck gebracht, dass die Ausnahme vom Grundsatz der Zulassungspflicht von Arzneimitteln nur für verlängerte Rezepturen gilt, die in einem regional begrenzten Gebiet, nämlich im üblichen Versorgungs- und Einzugsbereich der Apotheke, vertrieben werden.
2. Dieser Auslegung stehen die gesetzlichen Regelungen zur Zulässigkeit des Versandhandels durch Apotheken nicht entgegen.
Normenkette
RL 2001/83/EG Art. 3 Nr. 2; UWG §§ 3, 4 Nr. 11; AMG § 21 Abs. 2 Nr. 1; HWG § 3a
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 26.08.2008; Aktenzeichen 312 O 226/08) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12 vom 26.8.2008 - 312 O 226/08, wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die im Tenor des landgerichtlichen Urteils genannten Anlagen K 7, K 8, K 16, K 17, K 18 und K 19 als Verbindungsanlagen zum vorliegenden Berufungsurteil genommen werden, sowie mit der weiteren Maßgabe, dass die landgerichtliche Kostenentscheidung abgeändert wird.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits wie Gesamtschuldner, wobei die Beklagte zu 2) nur bis zur Hälfte der angefallenen Kosten haftet.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten zu 1) und zu 3) dürfen die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs zu I.1.a) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 200.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs zu I.3.a) dürfen die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 200.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Beklagten zu 1) und zu 3) dürfen die Zwangsvollstreckung hinsichtlich des Auskunftsanspruchs zu I.1.b) durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Hinsichtlich des Auskunftsanspruchs zu I.1.b) dürfen die Beklagten zu 1), zu 2) und zu 3) die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Hinsichtlich des Kostenausspruchs dürfen die Beklagten die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe 110 % des jeweils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Gegen dieses Urteil wird die Revision zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin bietet mit dem Arzneimittel Metvix® 160 mg/g Creme das zurzeit einzige in Deutschland zugelassene photosensibilisierende Fertigarzneimittel und die dazu passende Lichtquelle Aktilite® als Behandlungskonzept für die photodynamische Therapie (PDT) zur Behandlung von aktinischen Keratosen, Basalzellkarzinomen und Morbus Bowen (Varianten des sog. hellen Hautkrebs) an.
Die Beklagten zu 1. und 2. sind jeweils 100%ige Töchter der Verwaltungsholding B. AG. Die Beklagte zu 1. ist innerhalb des Konzerns für Marketing und Vertrieb, die Beklagte zu 2. für die präklinische und klinische Forschung zuständig. Der Beklagte zu 3. ist als Gründer der Unternehmensgruppe Vorsitzender des Vorstands der B. AG und Geschäftsführer der Beklagten zu 1. und 2.
Die B.-Gruppe ist auf die Entwicklung von Medikamenten zur Behandlung von Haut- und Entzündungskrankheiten spezialisiert. Zugelassene Fertigarzneimittel werden von ihr zurzeit noch nicht in den Verkehr gebracht.
Der in der Entwicklung am weitesten fortgeschrittene Produktkandidat der Beklagten ist das Arzneimittel BF-200 ALA, das wie das Produkt der Klägerin u.a. zur Behandlung von oberflächlichen, bösartigen, krankhaften Veränderungen der Oberhaut geeignet ist. "ALA" ist die Abkürzung für den verschreibungs- und apothekenpflichtigen Wirkstoff Aminolävulinsäure, der chemisch mit dem Wirkstoff in Metvix® verwandt ist. "BF-200" ist die Bezeichnung einer für den B.-Konzern patentgeschützten Nanoemulsion, die gegenüber anderen Emulsionen, in die der Wirkstoff ALA eingebracht werden kann, den Vorteil hat, die Stabilität der Rezeptur deutlich zu erhöhen. Die Formulierung von BF-200 ALA ist Gegenstand von Patenten, die der B.-Konzern im Jahr 2004 erwarb. 2006 wurde ein europäisches Patent angemeldet. In der Schweiz wird das Arzneimittel in Apotheken abgegeben.
In der Bundesrepublik Deutschland wird es - hinsichtlich der Indikation aktinische Keratosen - zurzeit im Zulassungsverfahren in einer klinischen Studie der Phase IIb/III getestet. Das Zulassungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.
Die für die photodynamische Therapie bestehende Nachfrage an ALA-haltigen Rezepturen wird in Deutschland zurzeit nicht nur durch das Fertigarzneimittel der Klägerin, sondern auch durch von Apothekern - auf e...