Leitsatz (amtlich)
Verspätungshaftung im Seefrachtrecht
Normenkette
BGB § 280
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 06.05.2021; Aktenzeichen 407 HKO 19/19) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 6.05.2021, Az.: 407 HKO 19/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Das angefochtene Urteil und dieses Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin beansprucht von der Beklagten Schadensersatz aus übergegangenem Recht wegen eines Transportschadens.
Die Klägerin ist alleiniger Transportversicherer der S. (im Folgenden: Versicherungsnehmerin), die Beklagte ist ein Logistikunternehmen.
Die Versicherungsnehmerin schloss mit der Beklagten einen Rahmenvertrag (Anlage K 2), in dem sich die Beklagte verpflichtete, ab dem 1.4.2016 Produktionsteile für die Montage von Cockpits aus dem europäischen Ausland nach Bremen zu transportieren, dort in Container zu verpacken und nach Mexiko zu verschiffen.
Im Rahmen dieser Vereinbarung hatte die Beklagte Anfang Juni 2017 Produktionsteile nach Bremen transportiert und zwecks Verschiffung nach Mexiko in die Container BMU6577054 und GESU5953421 geladen.
Die Beklagte teilte der Versicherungsnehmerin am 30.6.2017 per E-Mail (Anlage K 3) mit, dass die Container wegen eines Maschinenschadens nicht in der Kalenderwoche 25 auf das "APL Holland" verladen werden konnten und stattdessen auf das "MS Lisbon" verladen werden sollten, welches in der KW 26 abfahren sollte.
Am 6.7.2017 teilte die Beklagte der Versicherungsnehmerin per E-Mail (Anlage K 4) mit, dass die Container nicht auf das "MS Lisbon", sondern auf das MS "Buxcoast" verladen werden würden, welches in der KW 27 am 10.7.2017 abfahren und am 25.7.2017 in Mexiko ankommen sollte. Die Versicherungsnehmerin forderte die Beklagte auf, frühere Verschiffungsoptionen zu prüfen (Anlage K 5) oder die am dringendsten benötigten Produktionsteile auf Kosten der Beklagten per Luftfracht zu transportieren (Anlage K 6), wozu die Beklagte nicht bereit war (Anlage K 7, E-Mail 10.07.2017, 9:43).
Die Versicherungsnehmerin beauftragte daraufhin die Spedition G., die am 20.7.2017 eine Luftbeförderung durchführte und dafür der Versicherungsnehmerin insgesamt US$ 12.876,03 in Rechnung stellte.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin US$ 12.600,00 nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.3.2018 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Parteien haben in erster Instanz über die Aktivlegitimation der Klägerin, die Frage der Verspätung und der Fälligkeit sowie darüber gestritten, ob der Versicherungsnehmerin der Klägerin ein erheblicher Schaden gedroht hätte, der durch die Luftfrachtlieferung abgewendet worden sei. Schließlich hat die Beklagte bestritten, dass die Versicherungsnehmerin Güter von der Art, wie sie sich in den streitgegenständlichen Containern befunden hätten, per Luftfracht versandt habe. Bis auf die Rechnungen für die Luftfracht habe die Klägerin keine Transportdokumente zu der Luftbeförderung vorgelegt.
Die Aktivlegitimation der Klägerin ist in der Berufungsinstanz nicht länger streitig.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen.
Mit Urteil vom 6.05.2021 hat das Landgericht der Klage hinsichtlich der Hauptforderung vollumfänglich stattgegeben und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 2.3.2018 zugesprochen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Beklagte habe sich gegenüber der Versicherungsnehmerin zur Verschiffung der Produktionsteile nach Mexiko verpflichtet. Entgegen ihres Vorbringens habe sie im Verhältnis zur Versicherungsnehmerin nicht als Spediteur gehandelt, der die angefallenen Kosten der Verschiffung lediglich an die Versicherungsnehmerin weitergeleitet habe. Soweit die Beklagte sich auf die Seaway Bill (Anlage B 5) berufe und vortrage, sie habe als Vertreter für die Versicherungsnehmerin den Seebeförderungsvertrag mit der Reederei C. geschlossen, fehlte ihr dazu die erforderliche Vertretungsbefugnis. Denn in dem für das Verhältnis zwischen Beklagter und Versicherungsnehmerin allein maßgeblichen Rahmenvertrag (Anlage K2) sei ausdrücklich festgehalten, dass die Beklagte in jedem Fall als Frachtführer hafte, ungeachtet dessen, ob sie als Spediteur oder Vertreter auftrete. Die Klägerin könne von der Beklagten Zahlung des geltend gemachten Betrages gemäß §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286, 249, 398 BGB jedenfalls als Schadensersatz weg...