Leitsatz (amtlich)

Die Hinausschiebung des Verjährungsbeginns für Rückgriffsansprüche gem. § 439 Abs. 2 S. 3 HGB setzt nicht voraus, dass sich auch der gegen den Rückgriffsgläubiger geltend gemachte primäre Haftungsanspruch nach den §§ 425 ff. HGB richtet.

 

Normenkette

HGB §§ 425, § 425 ff., § 439 Abs. 2 S. 3

 

Verfahrensgang

LG Limburg a.d. Lahn (Urteil vom 07.10.2010; Aktenzeichen 413 O 54/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 02.10.2012; Aktenzeichen I ZR 157/11)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 13 für Handelssachen, vom 7.10.2010 (Az. 413 O 54/10) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin USD 358.210 (US-Dollar) nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 14.4.2010 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin nimmt die Beklagte aus übergegangenem Recht auf den Ersatz eines Transportschadens in Anspruch.

Die Firma W. beauftragte die Spedition H., Bremen, mit dem Transport von 3 Dieselgeneratoren von Finnland zu ihrer Käuferin in China, der Firma C. Ltd. Die Spedition H. beauftragte die Spedition Ha., Finnland, mit der Seebeförderung auf der ersten Teilstrecke von Finnland zum Hafen Hamburg. Die Firma Ha. übernahm die Generatoren auf dem MS "Klenoden" mit Konnossement vom 7.1.2007, in dem es u.a. heißt: "LINER OUT INTO BARGE FOR TRANSHIPMENT BY MS HANJIN CHICAGO ETS 11.01 TO QUINGDAO, CHINA" (Anl. K 6). Im Hafen Hamburg sollten die Generatoren in ein anderes Seeschiff zur Weiterbeförderung durch die Spedition H. selbst nach China umgeladen werden (Konnossement vom 12.7.2007/Anl. K 7). Die Firma Ha. beauftragte die Beklagte, die im Hafen Hamburg den Südwest-Terminal betreibt, mit dem Umschlag im Hafen. Dabei stürzte am 12.1.2007 einer der drei Generatoren mit einem Gewicht von 113.000 kg, nachdem er zunächst auf dem Kai abgesetzt worden war, als er mit einem Kran in eine Barge verladen werden sollte. Mit einer E-Mail vom selben Tag hielt die Firma Ha. die Beklagte für den Schaden haftbar (Anl. K 9).

In einer Vereinbarung vom 8.4.2010/12.4.2010 trat die Firma Ha. die ihr aus dem Schadenereignis vom 12.1.2007 zustehenden Ansprüche an die Klägerin ab (Anl. K 1).

Die Klägerin hat behauptet, sie sei der Haftpflichtversicherer der Firma Ha.. Am 27.10.2009 habe sie sich mit den Versicherern der Ladungsinteressenten in Finnland und in China sowie der Spedition H. auf eine Entschädigung in Höhe der seerechtlichen Höchsthaftung von 2 SZR/kg geeinigt (Anl. K 11 bis K 13). Sie habe daraufhin vereinbarungsgemäß USD 358.210 an den Versicherer der Empfängerin in China gezahlt. Der tatsächliche Gesamtschaden läge weit über diesem Betrag.

Auf die Einrede der Verjährung könne sich die Beklagte nicht berufen. Denn sie mache nach Schadensregulierung und Abtretung einen Regressanspruch ihrer Versicherungsnehmerin, Firma Ha., gegen die Beklagte geltend, dessen Verjährung gem. § 439 Abs. 2 S. 3 HGB erst an dem Tag beginne, an dem sie die Gläubiger ihrer Versicherungsnehmerin befriedigt habe. Da dies erst Ende Oktober 2009 geschehen sei, sei ihre Klage vom 13.4.2010 noch in unverjährter Zeit bei Gericht eingegangen. Außerdem müsse sich die Beklagte ein qualifiziertes Verschulden vorwerfen lassen, so dass die Verjährungsfrist drei Jahre betrage.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin USD 358.210 nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 8.1.2010 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin bestritten. Mit der behaupteten Schadensregulierung hätte die Klägerin zudem gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen. Denn die Konnossementsbedingungen sowohl der Firma Ha. als auch der Spedition H. enthielten eine Landschadensklausel, sie hafteten also nicht für Schäden, die wie hier an Land entstanden seien.

Die Einrede der Verjährung greife durch. Auf den hinausgeschobenen Verjährungsbeginn gem. § 439 Abs. 2 S. 3 HGB könne sich die Klägerin nicht berufen. Das könne nur derjenige Anspruchsteller, der selbst seinem Auftraggeber gegenüber nach den Bestimmungen der §§ 425 ff. HGB hafte. Die Haftung der Firma Ha. gegenüber der Spedition H. richte sich aber nach seerechtlichen Bestimmungen (§ 606 S. 2 HGB), weil diesem Rechtsverhältnis ein Seefrachtvertrag zugrunde liege. Dafür gelte die Regelung der Verjährung in § 612 HGB.

Der geltend gemachte Anspruch sei zudem verwirkt. Denn die Klägerin sei, nachdem ihr zuletzt eine Fristverlängerung bis zum 30.6.2008 eingeräumt worden sei (Anl. K 15), eineinhal...

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