Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 01.07.2005; Aktenzeichen 324 O 871/04) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg vom 1.7.2005, Geschäftsnummer 324 O 871/04, abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 u. 2 ZPO:
1. Mit dem angefochtenen Urteil, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung ergänzend Bezug genommen wird, hat das LG die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, ein Foto, das den Kläger und seine Ehefrau im Ski-Urlaub in St. Moritz zeigt, erneut zu veröffentlichen.
Der Kläger ist Oberhaupt des Welfenhauses und Ehemann der einer breiten Öffentlichkeit bekannten ältesten Tochter des ehemaligen Fürsten von M. Die Beklagte verlegt die Zeitschrift "Frau aktuell". In deren Ausgabe Nr. 9/02 wurde berichtet, dass der Fürst von M erkrankt sei und Besuch nur von seiner jüngsten Tochter erhalten habe, während seine älteste Tochter mit ihrem Ehemann, dem Kläger, Ski-Urlaub in St. Moritz gemacht habe. Illustriert war die Berichterstattung u.a. mit der angegriffenen Fotografie, die den Kläger in seinen Skiferien in St. Moritz auf der Strasse neben seiner Ehefrau zeigt. Hinsichtlich Einzelheiten wird auf den als Anlage K 1 überreichten Artikel verwiesen.
Das LG hat zur Begründung seines Urteils ausgeführt, dass die Verbreitung des Fotos nach den §§ 22, 23 KUG unzulässig sei. Bei der Abwägung der zu schützenden Interessen der abgebildeten Person und des vermuteten Informationsinteresses der Öffentlichkeit überwiege der Schutz des Privatlebens, der sich insbesondere auch aus der Regelung des Art. 8 Abs. 1 EMRK ergebe. Die deutschen Gerichte hätten die EMRK in der Auslegung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zu beachten, auch wenn das BVerfG die Grenzen des Privatsphärenschutzes enger gezogen habe. Die Bindung deutscher Gerichte an die Rechtsprechung des BVerfG aus § 31 Abs. 1 BVerFGG stehe dem nicht entgegen, denn eine Bindung an die Ausführungen des BVerfG bestehe nur insoweit, als dieses Gesetze für verfassungswidrig oder verfassungsgemäß erkläre. Die Rechtsprechung des EGMR zum Umfang des Privatsphärenschutzes (Urteil vom 24.6.2004; dt. Übersetzung in NJW 2004, 2647 ff.) lasse sich in das Gefüge der von unbestimmten Rechtsbegriffen gekennzeichneten Regelung des Umfangs des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nach Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG, § 23 Abs. 2 KUG, Art. 8 EMRK einfügen; höherrangige Normen, insbesondere die grundgesetzlich geschützte Informationsfreiheit, stünden dem nicht entgegen. Folglich sei bei der Abwägung des Schutzes des Privatlebens gegen die Presse- und Informationsfreiheit im Rahmen des Bildnisrechts nach der Entscheidung des EGMR (EGMR, a.a.O., Rz. 78) darauf abzustellen, ob die Fotoaufnahmen zu einer öffentlichen Diskussion über eine Frage allgemeinen Interesses beitragen. Da eine solche Frage bei der streitgegenständlichen Berichterstattung nicht im Raum gestanden habe, sei dem Schutz der Privatsphäre des Klägers der Vorrang einzuräumen.
Die Beklagte bekämpft die Verurteilung mit der form- und fristgemäß eingereichten Berufung und macht dabei geltend, dass das LG den Umfang der Bindungswirkung des § 31 Abs. 1 BVerfGG verkannt habe. Die Bindungswirkung verfassungsgerichtlicher Entscheidungen erstrecke sich auch auf die tragenden Entscheidungsgründe. Deshalb seien die deutschen Gerichte an die Abwägungsgrundsätze gebunden, die das BVerfG insbesondere seinem Urteil vom 15.12.1999 (BVerfG v. 15.12.1999 - 1 BvR 653/96, BVerfGE 101, 361 = MDR 2000, 211 = NJW 2000, 1021) zugrunde gelegt habe. Da die streitgegenständliche Aufnahme Personen des öffentlichen Lebens in der Öffentlichkeit ohne Kinder und nicht in örtlicher Abgeschiedenheit zeige, habe deshalb deren Persönlichkeitsrecht hinter ihrem (der Beklagten) Freiheitsrecht aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG zurückzustehen.
Die Beklagte beantragt, das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er macht geltend, dass der Verweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des BVerfG zur sog. "örtlichen Abgeschiedenheit" fehl gehe, da der EGMR dieser Rechtsprechung eine klare Absage erteilt habe.
Wegen des Weiteren Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
2. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg. Die Beklagte hat nicht in rechtswidriger Weise in das durch die §§ 22, 23 Abs. 2 KUG geschützte Recht des Klägers am eigenen Bild eingegriffen. Zwar hat der Kläger unstreitig eine Einwilligung zur Anfertigung und Veröffentlichung des Fotos nicht erteilt. Der Beklagten steht indes der Rechtfertigungsgrund gem. § 23 Abs. 1 Ziff. 1 KUG zur Seite. Als Begleiter einer Person des öffentlichen Lebens muss...