Leitsatz (amtlich)
1. Die Wendung im Unterlassungsantrag "wie das auf der Website www.xyz.de geschieht" ist nicht unbestimmt. Das Verbot erfasst allgemein das zuvor im Antrag beschriebene Verhalten auf der genannten Domain, ohne dass es auf Besonderheiten der Internetseiten selbst ankommen soll.
2. Für die Mitbewerber-Eigenschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG) genügt es nicht, dass die Unternehmer in derselben Branche tätig sind (hier: Hersteller und Versandhändler von Tierarzneimitteln), sondern es muss auch die konkrete Beeinträchtigung des anderen durch das konkret beanstandete Wettbewerbsverhalten jedenfalls möglich sein. Bei Branchenidentität ist das allerdings typischerweise gegeben.
3. Die Vorschrift des § 43 Abs. 5 Satz 1 AMG, aufgrund derer der Versandhandel mit apothekenpflichtigen Tierarzneimitteln untersagt ist, regelt das Marktverhalten (§ 4 Nr. 11 UWG); sie ist nicht verfassungswidrig.
Normenkette
GG Art. 12; AMG § 43 Abs. 5 S. 1; UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 4 Nr. 11; ZPO § 253
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 31.08.2006; Aktenzeichen 327 O 391/06) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 27, vom 31.8.2006 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 225.000 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Klägerin, ein Pharmaunternehmen, vertreibt das Tierarzneimittel s-... (Wirkstoff: e,), zugelassen zur Bekämpfung von Flöhen und Zecken beim Hund.
Die Beklagte betreibt eine Versandapotheke und bietet über ihre Website www.xyz.de u.a. Tierarzneimittel an. Sie bietet seit 2004 insbesondere auch das Tierarzneimittel s-... sowie weitere Tierarzneimittel online im Wege des Versendungskaufs zum Kauf an und verkauft sie so an Endabnehmer.
Die Klägerin beanstandet das als unlauter und nimmt die Beklagte mit der vorliegenden Klage auf Unterlassung in Anspruch.
Das Tierarzneimittel s-... ist apothekenpflichtig, aber nicht verschreibungspflichtig (Bl. 2; Anlage B 1; die Fachinformation gemäß Anlage K 1 ist überholt). Die Beklagte bietet das Mittel im Internet an (Anlagen K 2-3); das gilt auch für andere Arzneimittel zur Behandlung von Parasiten beim Hund, so das verschreibungspflichtige Mittel d. oder w. (Anlage K 4). Die angebotenen Mittel werden im Wege des Versendungskaufs auch verschickt (Anlage K 5).
Die Klägerin hat vorgetragen:
Die Beklagte habe im Versandhandel das Tierarzneimittel s-... angeboten und vertrieben, und dabei das Mittel auch zur Verwendung bei Katzen verkauft. Das sei extrem gefährlich, weil Katzen den Wirkstoff nicht verstoffwechselten, so dass es zu starken Vergiftungserscheinungen kommen könne.
Apothekenpflichtige Tierarzneimittel dürften nur in der Apotheke abgegeben, nicht aber versendet werden, das Verhalten der Beklagten verstoße gegen § 43 Abs. 5 AMG. Dass die Vorschrift durchaus ihre Berechtigung habe, ergebe schon der vorgetragene Verkauf von s-... zur Verwendung bei Katzen. Ein Apotheker in der Apotheke werde an Katzenhalter s-... nicht verkaufen, die Beklagte werde das als Versandhändlerin tun, weil sie - wie ihre Argumentation belege - nicht wisse, dass der Katzenfloh nicht nur Katzen, sondern selbstverständlich auch Hunde befallen könne.
Sie (die Klägerin) könne die Beklagte als ihre Mitbewerberin auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Es bestehe trotz der unterschiedlichen Wirtschaftsstufen ein konkretes Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien. Sie (die Klägerin) vertreibe s-... über den Großhandel und verkaufe es an Tierärzte und Apotheken, die Kunden der Beklagten, die Tierhalter, seien mittelbar auch ihre (der Klägerin) Kunden.
Sie (die Klägerin) habe im Dezember 2005 von dem Online-Vertrieb von s-... durch die Beklagte erfahren und die Beklagte am 27.4. und 3.5.2006 abgemahnt (Anlage K 6). In ihrer Antwort lasse die Beklagte einräumen, dass sie tatsächlich Tierarzneimittel im Wege des Versendungskaufes vertreibe, und vortragen, dass der Verstoß gegen § 43 Abs. 5 AMG unbeachtlich sei, weil jene Vorschrift verfassungswidrig sei (Anlage K 7). Offenbar habe sich die für die Beklagte zuständige Aufsichtsbehörde entschlossen, vorerst gegen diese nicht vorzugehen. Es gebe zwar nach Auskunft des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ein behördliches Verbot gegen die Beklagte, das Verbot sei aber für nicht sofort vollziehbar erklärt.
Ihr (der Klägerin) Unterlassungsanspruch nicht etwa verwirkt oder verjährt. Das Vorbringen der Beklagten, sie (die Klägerin) habe seit mehreren Monaten oder Jahren Kenntnis vom Vertrieb der streitgegenständlichen Arzneimittel zur Anwendung bei Tieren, sei falsch. Es sei eine bloße Mutmaßung, wenn die Beklagte vortrage, ihr "offensichtliches" Verhalten könne ihr (der Klägerin) nicht verborgen geblieben sein. Zudem läge bei der Bekl...