Entscheidungsstichwort (Thema)

Irreführung durch Unterlassen bei gemischtsprachigem Angebot grenzüberschreitender Online-Vermittlung von Ferienimmobilien (Unlauterkeit verneint)

 

Leitsatz (amtlich)

1. Macht der Anspruchsteller geltend, dass wesentliche Informationen auf unklare oder unverständliche Weise bereitgestellt werden, weil sie in einer dem Verbraucher nicht geläufigen Sprache gefasst sind, muss er konkret vortragen, zu welcher geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher dadurch veranlasst werden könnte (1. Stufe der geschäftlichen Relevanz) und dass er diese Entscheidung nicht getroffen hätte, wenn er die fraglichen Informationen in einer ihm geläufigen Sprache erhalten hätte (2. Stufe der geschäftlichen Relevanz).

2. Wenn der Verbraucher fremdsprachige Angaben zu wesentlichen Merkmalen einer Ferienimmobilie wie Raumzuschnitt, Ausstattung und Lage nicht versteht, wird er mangels Kenntnis der für ihn wesentlichen Informationen keine geschäftliche Entscheidung im Sinne eines Vertragsschlusses treffen. Es fehlt daher bereits an der 1. Stufe der geschäftlichen Relevanz.

3. Soweit dem Verbraucher wesentliche Informationen auf andere Weise als in Textform (hier: durch Piktogramme und arabische Zahlen sowie durch Fotos) vermittelt werden, kommt eine Irreführung durch Unterlassen im Hinblick auf Informationen in einer dem Verbraucher fremden Sprache nicht in Betracht (Anschluss an BGH, GRUR 2019, 82 Rn. 33 - Jogginghosen und BGH, GRUR 2019, 746 Rn. 30 - Energieeffizienzklasse III). Der Anspruchsteller muss dann darlegen, welche darüber hinausgehenden wesentlichen Informationen den Verbraucher zu einer anderen geschäftlichen Entscheidung hätten veranlassen können, wenn er sie erhalten bzw. verstanden hätte.

4. Ein Unternehmen, welches auf einer Online-Plattform grenzüberschreitende Mietverträge über Ferienimmobilien zwischen Verbrauchern und den Anbietern von Ferienimmobilien vermittelt und dazu den Anbietern die Möglichkeit einräumt, ihre Angebote auf der Plattform einzustellen, muss diese Anbieter nicht auf die Einhaltung einer bestimmten Landessprache eines Mitgliedsstaates verpflichten.

5. Das bloße nähere Befassen mit einem bereits geöffneten Angebot auf einer Online-Plattform stellt keine geschäftliche Entscheidung dar.

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 02.07.2020, Az. 312 O 614/15, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 15.000,00 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Von der Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil, der Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen und der gestellten Anträge wird gemäß § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen. Die Voraussetzungen des § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO liegen vor: Der Senat lässt die Revision gegen dieses Urteil nicht zu, und angesichts des Streitwerts von 15.000 EUR ist eine Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht zulässig.

II. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingereichte und begründete Berufung bleibt ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig (dazu unter 1.), jedoch unbegründet (dazu unter 2.).

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt. Die Klagebefugnis ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 1, § 4e Abs. 2 S. 1 n.F. UKlaG. Soweit die Beklagte dies in Abrede nimmt, greift das nicht durch. Die Beklagte stützt sich darauf, dass das vom Kläger angegriffene Angebot einer Ferienimmobilie keine Geschäftspraxis bzw. eigene Handlung der Beklagten sei, sondern das Angebot eines Dritten. Die deutsche Störerhaftung sei dem Gemeinschaftsrecht fremd. Das ist jedoch keine Frage der Klagebefugnis bzw. der Zulässigkeit der Klage, sondern dabei geht es um die Verantwortlichkeit der Beklagten und damit um eine Frage materiellen Rechts, also der Begründetheit.

2. Die Klage ist nicht begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 4e Abs. 1 n.F. UKlaG (in Kraft seit dem 02.12.2020, zuvor § 4a Abs. 1 a.F. UKlaG) nicht zu. Eine andere Anspruchsgrundlage kommt nicht in Betracht. Auf § 8 UWG kann sich der Kläger nicht stützen und tut dies auch nicht, weil dessen Geltung territorial auf das Staatsgebiet Deutschlands beschränkt ist, der Kläger mit seinem Klagantrag jedoch die Unterlassung von bestimmten Handlungen auf einer polnischen Internetseite gegenüber polnischen Verbrauchern begehrt. Auch auf nationales polnisches Recht, soweit dies nicht in der Umsetzung europäischen Verbraucherschutzrechts im Sinne von § 4e Abs. 1 n.F. UKlaG besteht, kann sich der Kläger nicht stützen und tut dies ebenfalls nicht. Insofern fehlt es ihm an der Klagebefugnis und der deutschen Gerichtsbarkeit an der Kognitionsbefugnis, wie das Landg...

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