Leitsatz (amtlich)
1. Der Geschäftsführer einer geschäftsführenden Kommanditisten-GmbH haftet gegenüber der GmbH & Co KG grundsätzlich nach denselben Grundsätzen wie der Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH.
2. Jedenfalls dann, wenn im Zusammenhang mit der behaupteten Pflichtverletzung kein Interessenkonflikt des Geschäftsführers der geschäftsführenden Kommanditistin bestand, kommt es nicht darauf an, dass er noch in weiteren Gesellschaften als Geschäftsführer eingesetzt war.
3. Ein völlig untätiger Geschäftsführer darf sich nicht darauf zurückziehen, dass seine Mitgeschäftsführer ohnehin nicht auf ihn gehört hätten, solange es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass schon vorherige Interventionen durch ihn oder dritte Personen diese nicht davon abgehalten haben, die Gesellschaft vorsätzlich sittenwidrig zu schädigen (Abgrenzung von OLG Hamburg, Urteil vom 29. März 2018, 11 U 174/16).
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten zu 1) gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24. April 2020, 418 HKO 112/16, wird als unzulässig verworfen.
2. Die Berufung des Beklagten zu 2) gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24. April 2020, 418 HKO 112/16, wird zurückgewiesen.
3. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung iHv 120 Prozent des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit iHv 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird im Verhältnis des Klägers zum Beklagten zu 2) zugelassen.
6. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 200.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der D...GmbH & Co. KG. Die Schuldnerin warb Anlegergelder ein und stellte diese der mittlerweile ebenfalls insolventen D...AG als Darlehen zum Erwerb von Immobilien zur Verfügung (§ 7 des Gesellschaftsvertrags in Anlage K 3). Aus den laufenden Zinsen sollten die Ausschüttungen an die Anleger erfolgen. Im Darlehnsvertrag (Anlage K 23) war eine umfangreiche Besicherung vereinbart.
Der Kläger nimmt die Beklagten im Zusammenhang mit einer Überweisung von 510.000,00 Euro vom 31. Mai 2012 an die D...AG (Anlage K 67) auf Schadensersatz iHv 200.000,00 Euro in Anspruch. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Schuldnerin ca. 38 Mio. Euro als Darlehen an die D...AG ausgereicht (Anlagen K 24, K 67). Eine werthaltige Besicherung gab es nur im Umfang von ca. 2,7 Mio. Euro (Prüfungsbericht in Anlage K 30).
Der Beklagte zu 1) war zu diesem Zeitpunkt Geschäftsführer der Komplementärin der Schuldnerin, der V...GmbH, deren alleinige Gesellschafterin die UIH...GmbH war, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer wiederum der Beklagte zu 1) gewesen ist. Er erstellte nach der streitgegenständlichen Überweisung noch am 31. Mai 2012 im Namen der VE...UG, deren Alleingesellschafter und Geschäftsführer er war, eine Rechnung iHv 18.207,00 Euro an die D...AG, die am 29. Juni 2012 bezahlt wurde.
Der Beklagte zu 2) war am 25. Oktober 2011 zu einem der Geschäftsführer der geschäftsführenden Kommanditistin der Schuldnerin, der UIRE... GmbH, deren Gesellschafter die UIH...GmbH (99 Prozent) und der Beklagte zu 1) waren, bestellt worden. Die UIRE...GmbH war noch in weiteren Fondsgesellschaften geschäftsführende Kommanditistin.
Für die weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung von 200.000,00 Euro zuzüglich Zinsen verurteilt.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte zu 1) mit einem am 13. Mai 2020 per Post eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 17. Juni 2020 eingegangenen Schriftsatz begründet. Die vom Beklagtenvertreter zu 1) unterzeichnete Berufungsbegründung wurde auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem besonderen elektronischen Anwaltspostfach eingereicht.
Der Beklagte zu 2) hat mit einem am 13. Mai 2020 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 11. Juni 2020 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Beklagte zu 1) ist der Ansicht, seine Haftung könne nicht auf der Grundlage der BGH-Rechtsprechung zur Haftung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH begründet werden, da vorliegend nach dem Gesellschaftsvertrag die Komplementärin von der Führung der Geschäfte der Schuldnerin ausgeschlossen gewesen sei. Es sei deshalb nicht die alleinige oder wesentliche Aufgabe der Komplementärin gewesen, die Geschäfte der Kommanditgesellschaft zu führen.
Es treffe auch nicht zu, dass er eine Pflicht zur Überprüfung der Besicherung des Darlehens verletzt habe. Eine nicht vollständige Besicherung der Darlehen sei dem Geschäftsmodell ...