Entscheidungsstichwort (Thema)

Mietverhältnis von Eheleuten

 

Leitsatz (redaktionell)

Haben Eheleute gemeinsam eine Wohnung angemietet, bestimmt sich ihr Innenverhältnis nach Scheidung und Auszug eines Mitmieters nach den Vorschriften über die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, soweit dies nicht dem familienrechtlichen Charakter ihres Zusammenlebens widerspricht. Ist der in der Wohnung verbliebene frühere Ehegatte also nicht bereit oder in der Lage, den nicht nur vorübergehend ausgezogenen Ehegatten im Innenverhältnis von allen Verpflichtungen aus dem Mietverhältnis freizuhalten oder seine Entlassung hieraus herbeizuführen, so hat der ausgezogene Mieter einen Anspruch auf Zustimmung zur Kündigung des Mietverhältnisses.

 

Normenkette

BGB §§ 723, 730, 749; HausrVO § 12; ZPO §§ 721, 765a; EGBGB Art. 17, 28

 

Verfahrensgang

LG Hamburg (Urteil vom 17.10.2000; Aktenzeichen 327 O 157/00)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 27, vom 17. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Es beschwert die Beklagte in Höhe von DM 13.000,00.

 

Tatbestand

Die Parteien, die beide die jugoslawische Staatsangehörigkeit besitzen, waren miteinander verheiratet. 1970 schlossen sie gemeinsam einen Mietvertrag für die Ehewohnung in Hamburg. Die Ehe ist 1989 in Jugoslawien geschieden worden. Der Kläger war mit der Trennung ausgezogen; seitdem bewohnt die Beklagte die Wohnung absprachegemäß alleine.

Bis zum Jahre 1995 kam die Beklagte selbst für die Miete auf; Unterhaltspflichten des Klägers bestanden nicht. Nachdem die Vermieter gegenüber dem Kläger Ansprüche wegen rückständiger Miete und fehlender Renovierung geltend gemacht hatten, forderte der Kläger die Beklagte – vergeblich – auf, den Mietvertrag durch gemeinsame Erklärung zu kündigen. Die einseitige Entlassung des Klägers aus dem Mietvertrag lehnten die Vermieter ab. Der Kläger verfolgte die Sache zunächst nicht weiter, nachdem das Sozialamt die Zahlungsrückstände der Beklagten ausglich und die Mietzahlungen für die Zukunft übernahm.

1999 wurde der Kläger zusammen mit der Beklagten von den Vermietern auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von rund DM 1.700,00 verklagt. Grund war die Beschädigung der Wohnung durch die Beklagte. Nachdem außergerichtliche Bemühungen erneut ohne Erfolg geblieben waren, erhob der Kläger die vorliegende Klage, mit der er die Verurteilung der Beklagten erstrebt, den Mietvertrag mit ihm zusammen zum nächstmöglichen Termin zu kündigen. Im Verlauf des Rechtsstreits ist das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 15.3.2001 ergangen, mit dem der Kläger zusammen mit der Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt worden ist, rund DM 1.000,00 als Schadensersatz an die Vermieter zu zahlen.

Der Kläger hat vorgetragen, daß ihm eine zeitlich unbegrenzte Bindung an den Mietvertrag nicht zuzumuten sei. Er müsse befürchten, daß er und ggf. sogar noch seine Erben trotz der seit langem beendeten Ehegemeinschaft aus dem Mietvertrag in Anspruch genommen werden könnten. Freihaltungsansprüche gegen die Beklagte oder deren Rechtsnachfolger seien wirtschaftlich nicht durchsetzbar.

Die Beklagte hat dem entgegengehalten, daß es an einer familienrechtlichen Anspruchsgrundlage für das Verlangen des Klägers fehle. Der Kläger habe es sich selbst zuzuschreiben, daß er es versäumt habe, innerhalb der Jahresfrist nach Rechtskraft der Scheidung seine alleinige Entlassung aus dem Mietvertrag nach den Vorschriften der Hausratsverordnung zu erreichen.

Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt, zusammen mit dem Kläger eine gemeinsame Kündigungserklärung für die Wohnung zum nächstmöglichen Termin abzugeben. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten.

Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den übrigen Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten beanspruchen, daß sie mit ihm gemeinsam das Mietverhältnis über die von ihr bewohnte Wohnung kündigt.

Die Beendigung des Mietverhältnisses kann bei einer Mehrheit von Mietern nur in der Weise erfolgen, daß alle Mieter gemeinschaftlich an der Beendigung mitwirken. Eine Kündigung kann also nur durch Erklärung aller Mieter herbeigeführt werden. Ob die Mieter untereinander einen Anspruch darauf haben, daß Mitmieter an der Beendigung des Mietverhältnisses mitwirken, bestimmt sich nach dem Innenverhältnis, das der Mietergemeinschaft zugrundeliegt. Im Zweifel liegt, da mit der gemeinsamen Anmietung der Mietsache in der Regel ein gemeinschaftlicher Zweck verfolgt wird, auf seiten der Mieter eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts vor, deren Beendigung sich nach den §§ 723 ff BGB richtet (Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Rn. I 23; Weyhe, Mietrecht, Seite 25).

Danach steht dem Gesellschafter ein jederzeitiges Kündigungsrecht zu, wenn die Gesellschaft nicht für eine bestimmte Zeitdauer eingegan...

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