Leitsatz (amtlich)
1. Zu den erstattungsfähigen Abmahnkosten in Kennzeichenstreitsachen (hier: Rechtsanwalts- und Patentanwaltsgebühren).
2. Auf eine Abmahnung, die nicht nur eine einseitige Erklärung, sondern auch das Angebot zum Abschluss eines Unterwerfungsvertrages enthält, ist die Regelung des § 174 BGB nicht anzuwenden; auf eine fehlende oder unleserliche Vollmacht kommt es insoweit nicht an. Demgemäß sind die Kosten einer solchen Abmahnung aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu erstatten.
3. Dem Erstattungsanspruch wegen der Abmahnkosten aus Geschäftsführung ohne Auftrag steht nicht entgegen, dass der Verletzte statt der mit der Abmahnung geltend gemachten Ansprüche auf Unterlassung und Löschung einer Kollisionsmarke gegen deren Anmeldung auch Widerspruch beim Patent- und Markenamt hätte einlegen können.
4. Die Existenz einer deutschen Marke setzt die Begehungsgefahr für deren Benutzung, auch wenn das betreffende Unternehmen eine andere Bezeichnung führt.
Normenkette
BGB §§ 174, 670, 677, 683 S. 1; MarkenG §§ 42, 140 Abs. 3; RVG-VV Nr. 2300
Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 12.09.2006; Aktenzeichen 312 O 236/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des LG Hamburg, Zivilkammer 12, vom 12.9.2006 abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst.
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.560,40 EUR nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2005 zu zahlen.
Die unselbständige Anschlussberufung des Beklagten wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
und beschlossen:
Der Wert des Streitgegenstandes wird auch für das Berufungsverfahren auf insgesamt 3.560,40 EUR festgesetzt, hiervon entfallen auf die Berufung der Klägerin und auf die unselbständige Anschlussberufung des Beklagten jeweils 1.780,20 EUR.
Gründe
A. Die Klägerin unterhält unter der Bezeichnung "Pizza Flitza" eine Reihe eigener und im Franchise-System betriebener "Pizza-Shops". Der Beklagte hatte eine Wort-/Bildmarke "Pizza Flitzer" zur Eintragung vom Deutschen Patent- und Markenamt gebracht (Anlage K 1; im Folgenden: "Bekl-Marke").
Die Klägerin hat das als Verletzung ihrer Firmen- und Markenrechte beanstandet. Sie nimmt den Beklagten vorliegend auf Zahlung der Abmahnkosten in Anspruch.
Die Klägerin firmiert unter "PIZZA FLITZA GmbH" und ist Inhaberin folgender deutscher Marken:
- der Wort-/Bildmarke Nr. ... 803 "Pizza Flitza", angemeldet am ... 1992 und eingetragen am ... 1993 für folgende Waren/Dienstleistungen: "Back- und Teigwaren, insbesondere Pizzen, Baguettes und Nudelgerichte; Salate; Schokoladen-, Frucht- und Pudding-Desserts" (Anlage K 3; im Folgenden: "Klagemarke 803");
- der Wortmarke Nr. ...786 "Pizza Flitza", angemeldet am ... 1994 und eingetragen am ... 1995 für folgende Waren/Dienstleistungen: "Back- und Teigwaren, insbesondere Pizzen, Baguettes und Nudelgerichte; Salate; Schokoladen-, Frucht- und Pudding-Desserts; Verpflegung von Personen unter Einbeziehung eines Lieferservices" (Anlage K 2; im Folgenden: "Klagemarke 786").
Die Bekl-Marke - die deutsche Wort-/Bildmarke Nr. 305 ... "Pizza Flitzer" - war vom Beklagten am ... 2005 angemeldet und am ... 2005 für folgende Waren eingetragen worden (Anlage K 1):
"(Klasse 29:) Geflügel; konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gemüsesalat; Fruchtsausen; Speiseöle und -fette;
(Klasse 30:) Mehle und Getreidepräparate, insbesondere Pizzas, Nudelgerichte; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Hefe, Backpulver, Salz; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel), insbesondere Salatsaucen; Gewürze, Kühleis;
(Klasse 32:) Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken;
(Klasse 43:) Verpflegung von Gästen auch außer Haus, Catering".
Die Klägerin ließ den Beklagten mit Anwaltsschreiben vom 19.10.2005 abmahnen; darin wurde der Beklagte aufgefordert, die im Entwurf beigefügte Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben und die Bekl-Marke löschen zu lassen (Anlage K 6). Hierauf antwortete der Beklagte mit Anwaltsschreiben vom 31.10.2005 (Anlage K 10), dem dessen Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie die Kopie seines an das Deutsche Patent- und Markenamt gerichteten Schreibens vom 28.10.2005 mit dem Antrag auf Löschung der Bekl-Marke (Anlage K 9) beigefügt waren. Die Die Bekl-Marke wurde dann am 31.10.2005 gelöscht (Anlage K 1).
Die Klägerin hat vorgetragen:
Sie habe von der Bekl-Marke durch ihren Patentanwalt Dr. P. erfahren, der die Klagemarken überwache. Dr. P. habe auftragsgemäß Schritte gegen die Bekl-Marke geprüft, seinen Abmahnungsentwurf ihren (der Klägerin) Prozessbevollmächtigten übersandt und diese gebeten, nach Überprüfung der Sach- und Rechtslage eine eigene Abmahnung zu entwerfen (vgl. zu deren Antwort vom 21.9.2005: Anlage K 4). Das beigefügte Prozessvollmachts-Formular sei u...