Verfahrensgang
LG Hamburg (Urteil vom 20.09.2007; Aktenzeichen 409 O 53/06) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Hamburg, Kammer 9 für Handelssachen, vom 20.9.2007 (Az. 409 O 53/06) abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin verlangt von der Beklagten Deckungsschutz und Zahlung aus einer Versicherung, die die Firma H. GmbH (künftig: H.) als Versicherungsnehmerin mit der Beklagten und weiteren Versicherern unter der laufenden Police Nr. 7509 abgeschlossen hat (Anl. K 2). Die Beklagte ist an der Mitversicherung mit einem Anteil von 62,5 % beteiligt und fungiert als führender Versicherer.
Die Klägerin betreibt eine Lebensmittel-Einzelhandels-Kette mit Supermärkten in der gesamten Bundesrepublik. Sie beauftragte die Firma H., ein Geldtransportunternehmen, mit der Abholung und Auskehrung der Tageseinnahmen ihrer Supermarkt-Filialen. In der Anlage 1 zum Rahmenvertrag vom 30.8.2005 (Anl. K 1) lautet Ziff. 3. d):
"Die bundesweit von H. ausgezählten Gelder werden pro Entsorgungstag bei einer Filiale der BUNDESBANK zugunsten des Kontos des Auftraggebers eingezahlt. Die Filialeinnahmen sind gesammelt pro Tag in einer Summe zu überweisen. Die Überweisungsgebühren übernimmt Heros."
Die Mitarbeiter von H. holten die abgezählten und in sog. Safebags verpackten Bargeldbeträge bei den einzelnen Supermärkten ab und brachten sie zum nächstgelegen Cash-Center der Firma N. GmbH, einem Tochterunternehmen von H.. Dort wurden die Safebags geöffnet, ihr Inhalt gezählt und sodann die Bargelder bundesbankgerecht aufbereitet. Hierbei wurden die von den diversen H.-Kunden abgeholten Bargelder nicht mehr unterschieden. Die Firma Heros lieferte die in dieser Weise aufbereiteten Bargelder bei den nächstgelegen Niederlassungen der Bundesbank ab, wo die entsprechenden Werte auf eigene Konten von H. gutgeschrieben wurden. Von ihren Bundesbankkonten überwies H. sodann die vereinnahmten Beträge auf das Konto der Klägerin bei der Deutschen Bank in Regensburg, das sie H. mit Schreiben vom 31.10.2001 aufgegeben hatte (Anl. K 11).
H. schloss über die Maklerfirma M. GmbH unter der laufenden Police Nr. 7509 eine als Valorenversicherung bezeichnete Versicherung mit der Beklagten und den anderen Mitversicherern ab (Anl. K 2). Dort wird eingangs der Gegenstand der Versicherung wie folgt umschrieben:
"Hartgeld, Banknoten, Schecks, Wertpapiere, Briefmarken, sämtliche Edelmetalle (ausgenommen reine Edelmetalltransporte), Schmuck, handelsübliches Beleggut, Datenträger bzw. Belege und sonstige Wertgegenstände sowie Behältnisse wie Kassetten, Taschen usw. im Gewahrsam von H. sowie im Gewahrsam von von H. eingesetzten Subunternehmern, einerlei ob die Sache Eigentum des Versicherungsnehmers oder Dritter ist während sämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenen Tätigkeiten. "
In den "Vereinbarungen zur Transportversicherung" heißt es im Abschnitt 2 "Umfang der Versicherung" zu den gedeckten versicherten Gefahren und Schäden unter Ziff. 2.1.1.1:
" jegliche Verluste und/oder Schäden gleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin. Mitversichert sind Schäden verursacht durch einen früheren Angestellten der Versicherungsnehmerin, der Güter abholt und übernimmt und sich hierbei als Angestellter der Versicherungsnehmerin ausgibt, soweit H. hierfür nach gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen zu haften hat."
Im Abschnitt 3 "Dauer der Versicherung" heißt es:
3.1 Die Versicherung beginnt mit Übergabe der versicherten Güter an die Versicherungsnehmerin.
3.2 Die Versicherung endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden.
Mit Schreiben vom 17.5.2005 bestätigte der Makler M. der Klägerin namens und in Vollmacht der Versicherer den Abschluss der Versicherung unter der laufenden Police 7509 (Anl. K 3).
H. überwies allerdings die ihren Kunden zustehenden Beträge von ihren eigenen Konten bei der Bundesbank auf die Kundenkonten bei den jeweiligen Geschäftsbanken planmäßig im Rahmen eines Schneeballsystems erst mit zeitlicher Verzögerung. Im Februar 2006 geriet H. in erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Am 20.2.2006 tätigte die Bundesbank keine Überweisungen mehr von den H.-Konten. Über das Vermögen der Firma H. GmbH und weiterer H. Unternehmen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Urteil vom 23.7.2007 hat das LG Hildesheim den Geschäftsführer von H. und weitere Beteiligte weg...